Sportjournalismus Datenanalyse vom Institut für Angewandte Medienwissenschaft

In den Sportjournalismus eintauchen: Traum oder Albtraum?

SportjournalistInnen bestätigen immer wieder: Ihr Job ist ein Traumberuf. Wir haben das Sportressort unter die Lupe genommen und zeigen, wie der Sport in puncto Arbeitsbedingungen gegenüber anderen Ressorts abschneidet. Die Daten dazu stammen aus der Studie Worlds of Journalism.

Eine Datenanalyse von Stefan Marolf, Dillon Roth, David Umiker, Studierende Bachelor Kommunikation, 4. Semester, am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft

In der Studie Worlds of Journalism wurden im Zeitraum von 2012 bis 2016 weltweit über 27’500 JournalistInnen befragt. Die Ergebnisse können zwar keine Antwort auf die subjektive Berufspräferenz liefern, aber die Daten helfen, ein genaueres Bild des Sportjournalismus zu zeichnen. Wir wollten wissen: Wie sieht es mit den Arbeitsbedingungen im Sportressort verglichen mit anderen klassischen Ressorts wie beispielsweise Politik oder Wirtschaft und dem Gesamtdurchschnitt aller untersuchten Ressorts aus? Näher angeschaut haben wir uns die Schweizer Daten der SportjournalistInnen zu den folgenden Themen: Autonomie, Zeitdruck, Lohn und Weiterempfehlung. Schliesslich sind auch diese Parameter relevant, wenn es darum geht, die Beliebtheit eines Berufs zu klären.

Viel Freiheit bei der Themenwahl

Freiheit bei der Ausübung ihrer Arbeit ist für JournalistInnen ein Grundbedürfnis. Tatsächlich zeigt die Datenauswertung, dass SportjournalistInnen bei der Themenwahl am meisten Freiheit geniessen. 79 Prozent der Befragten gaben an, grosse oder volle Autonomie zu haben. Generell sieht es mit der Freiheit bei der Themenwahl bei allen Ressorts gut aus. Aber mit dem Sport kann keines der anderen Ressorts mithalten.

Grafik. Wie gross ist die Autonomie der Themenwahl im Journalismus

Oft unter Zeitdruck

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Attraktivität eines Berufs ist der Zeitdruck. Zeitdruck gehört zwar zur journalistischen Arbeit dazu; aber zu viel Druck kann Stress auslösen. Die Grafik zeigt, dass sich JournalistInnen über alle Ressorts hinweg einem relativ starken bis sehr starken Zeitdruck ausgesetzt fühlen. SportjournalistInnen haben zwar im Vergleich zu den KollegInnen anderer Ressorts etwas weniger Zeitdruck, aber trotzdem ist das Niveau hoch. Michael Schaffrath, Professor für Sportkommunikation, schreibt in seinem Buch «Traumberuf Sportjournalismus», dass inhaltliche Exklusivität im Sportjournalismus kaum noch hergestellt werden könne. Deshalb werde der Faktor Zeit immer wichtiger: hautnah dabei zu sein, am besten live. Gerade in Zeiten von Klickzahlen hat die zeitliche Exklusivität noch mehr zugenommen.

Grafik, Datenanalyse. Hat der zeitliche Druck im Sportjournalismuss einen Einfluss auf die Arbeit?

Es fehlen die ganz hohen Löhne

Rund eineR von drei SportjournalistInnen verdient zwischen 6’000 und 8’000 Franken pro Monat. Damit verläuft die Verteilung der Lohnklassen im Bereich Sport fast parallel zum Gesamtdurchschnitt. Ein gewichtiger Unterschied lässt sich allerdings ausmachen: Von allen untersuchten Ressorts ist der Sport das einzige ohne TopverdienerInnen mit einem Lohn über 10’000 Franken pro Monat. Über alle Ressorts gesehen, fällt beinahe jedeR zwanzigste JournalistIn in diese Kategorie. Absoluter Spitzenreiter ist dabei das Wirtschaftsressort: 15 Prozent aller befragten WirtschaftsjournalistInnen verdienen mehr als 10’000 Franken monatlich.

Grafik, Datenanalyse. Wie viel verdienen Journalisten pro Monat?

Zwar müssen sich im Sportressort überdurchschnittlich viele Angestellte mit einem eher tiefen Lohn begnügen; trotzdem fällt das Ressort über alle Lohnklassen hinweg nicht ab. Lohntechnisch ist der Sport ein Durchschnittsressort – ein Traumberuf oder nicht, das kann diese Variable alleine nicht zeigen.

Vier von fünf JournalistInnen empfehlen den Sportjournalismus weiter

Die wohl entscheidendste Variable für die Frage nach dem Traumberuf ist die der Weiterempfehlung. Bereits 2004 wurde sie in Deutschland untersucht (Ehl & Fey, 2004). Rund 70 Prozent der SportjournalistInnen gaben damals in einer Umfrage an, dass sie diesen Beruf wiederwählen würden.

In der Studie Worlds of Journalism wurde ähnlich gefragt: «Würden Sie ihren Beruf einer Ihnen bekannten Person weiterempfehlen?» Das Resultat für den Schweizer Datensatz: knapp drei Viertel aller Befragten würden ihren Beruf weiterempfehlen. Dies zeigt der Gesamtdurchschnitt von 73.7 Prozent. Daraus lässt sich ableiten, dass eine grosse Mehrheit der JournalistInnen mit ihrer Tätigkeit zufrieden ist. Das Ressort Sport gehört mit 80 Prozent zu den drei Ressorts mit den höchsten Weiterempfehlungswerten. Am besten schneidet das Ressort News ab, am schlechtesten das Ressort Wirtschaft. Hier empfiehlt nur jede zweite Person ihren Beruf weiter – trotz des hohen Monatsgehalts.

Grafik. Wie viel Prozent empfhelen ihren Beruf im Journalismus weiter

Die persönliche Begeisterung ist entscheidend

Zwar verfügen SportjournalistInnen über die höchste Autonomie bei der Themenwahl und äussern überdurchschnittliche Zufriedenheit, was die Weiterempfehlung angeht. Allerdings ist das Sportressort in Sachen Lohn lediglich Durchschnitt. Beim Zeitdruck lässt sich generell sagen, dass alle JournalistInnen davon betroffen sind.

Ob Sportjournalismus ein Traumberuf ist, kann unsere Datenanalyse nicht belegen. Die Faktoren Autonomie, Zeitdruck, Lohn und Weiterempfehlung beschreiben nur einen Teil des Berufsbildes und zeichnen zudem ein durchzogenes Bild vom Sportjournalismus. Ob Sportjournalismus als Traumberuf wahrgenommen wird, hängt daher nicht zuletzt von der persönlichen Begeisterung für den Sport ab. Ist diese gegeben, dürften sich angehende JournalistInnen wohl kaum von Zeitdruck und niedrigem Einstiegslohn abhalten lassen – so wie Werner Rabe, ehemaliger Sportchef des Bayerischen Rundfunks (BR). Er sagt in Schaffraths Buch zum «Traumberuf Sportjournalismus»:  «Ja, ich würde es immer wieder versuchen.»


Die Studie Worlds of Journalism ist eine internationale JournalistInnenbefragung, die 2007 zum ersten Mal durchgeführt wurde. Die hier verwendeten Daten stammen aus der zweiten Phase von 2015 bis 2016, bei der 67 Länder und über 27’500 JournalistInnen mitgemacht haben. Zurzeit werden Vorbereitungen für die dritte Durchführung getroffen, die ab 2020 beginnen soll. Professor Thomas Hanitzsch von der LMU München hat diese international vergleichende Studie ins Leben gerufen; für die Schweiz erheben Journalistik-Professor Vinzenz Wyss vom IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW und sein Team die Daten.

Stefan Marolf, Dillon Roth und David Umiker studieren im vierten Semester im Bachelorstudiengang Kommunikation am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft. Im Rahmen des Projektseminars «Datenjournalismus» werteten sie zum Thema Sportjournalismus den Schweizer Datensatz aus der Studie Worlds of Journalism aus. Das Projektseminar wurde geleitet von Filip Dingerkus (Wissenschaftlicher Mitarbeiter IAM und Teammitglied Worlds of Journalism) und Wibke Weber, Professorin für Medienlinguistik, Schwerpunkt: Visuelle Kommunikation (IAM).



Literatur:

Ehl, L., Fey, A. (Hg.) (2004). Das Berufsprofil «Sportjournalist 2004». Eine repräsentative Befragung der Sportjournalisten in Deutschland. Köln: unveröffentlichte Diplomarbeit (2004).

Schaffrath, M. (Hg.) (2007). Traumberuf Sportjournalismus. Anforderungsprofile und Ausbildungswege in der Sportmedienbranche. Münster: LIT Verlag (2011, 4. Auflage).


Unsere Studierenden des Bachelorstudiengang Kommunikation erzählen:


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