Am Departement Angewandte Linguistik wird seit 2017 das Wort des Jahres der Schweiz ermittelt. Dieses Jahr kommt mit Rätoromanisch die vierte Landessprache dazu. Ein Bestandteil des Wahlverfahrens ist die Auswahl der Wortkandidaten mit korpuslinguistischen Methoden. Worum geht es dabei genau?
von Christian Kriele, Fachstelle Terminologie, Forschungs- und Arbeitsbereich Fachkommunikation und Wissenstransfer
Die Korpuslinguistik wertet Korpora aus. Als Korpora werden in der Sprachwissenschaft Sammlungen von digital erfassten Texten bezeichnet, die in Datenbanken gespeichert und mit speziell dafür vorgesehenen Programmen analysiert werden. Um solche Textsammlungen untersuchen zu können, werden sie zunächst einem Prozess unterzogen, den man Annotation nennt. In diesem Schritt werden beispielsweise die Wortart und Grundform der einzelnen Wörter bestimmt.
Swiss-AL: eines der grössten mehrsprachigen Korpora der Schweiz
Am Departement Angewandte Linguistik der ZHAW wird seit einigen Jahren ein solches Korpus aufgebaut: Swiss-AL. Dort sind Texte in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien zu finden. Das Korpus umfasst derzeit ca. 1.2 Mrd. Wortformen aus 2.9 Mio. Texten, die aus über 300 verschiedenen Quellen stammen. Das Korpus für die rätoromanische Sprache ist im Aufbau.
Forschungsbasierte Kriterien als Basis
Wie wird Swiss-AL nun für die Wahl zum Wort des Jahres genutzt? Das Gesamtkorpus kann in kleinere Einheiten unterteilt werden, die miteinander verglichen werden können: Zum Beispiel alle Medientexte, die im Zeitraum von 2014 bis 2018 veröffentlicht wurden, mit denen, die im Jahr 2019 publiziert wurden. Bei diesem Vergleich kann man sehen, welche Wörter im Jahr 2019 neu oder vergleichsweise häufig verwendet wurden. Rund 20 Wörter pro Sprache werden der Jury dann als Kandidaten für das neue Wort des Jahres vorgelegt. Somit basiert die Wahl des Wort des Jahres Schweiz nicht nur auf intuitiven und subjektiven Entscheidungen, sondern auch stark auf objektiven, forschungsbasierten Kriterien.
Ab 2019 auch Rätoromanisch
In Zusammenarbeit mit der Lia Rumantscha wird ab diesem Jahr auch das rätoromanische Wort des Jahres gewählt. Basierend auf dem Korpus und zusammen mit rätoromanischen Sprachschaffenden können wir auch für die vierte Schweizer Landessprache eine Wahl gewährleisten, die unseren forschungsbasierten Kriterien gerecht wird.
Dein Wortvorschlag ist gefragt
Forschungsbasiert, von den Jurys Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch ergänzt und nur dank dir komplett: Die Wahl zum Wort des Jahres Schweiz lebt auch von einem interaktiven Austausch – über alle Sprachgrenzen hinweg. Denn neben den Daten aus dem Korpus sammeln wir auch Vorschläge aus der Bevölkerung. Wir freuen uns auf deine Nachricht.
Negativzinsen
Danke für den Vorschlag.