Er hilft, beliebte Themen zu identifizieren. Er ist bei Wahlen und Streiks nicht mehr wegzudenken. Und er wird von allen genutzt, die sich möglich selbstbestimmt eine gewisse Öffentlichkeit verschaffen wollen: der #Hashtag. Jeder kann einen kreieren und somit Voraussetzungen für eine weitere Verbreitung schaffen. Unter dem Titel «#Wortwahl» diskutierte das IAM mit Gästen die Hashtag-Verwendung in der aktuellen politischen Kommunikation.
Von Susanna Spörri, Kommunikationsverantwortliche IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW
Mit starken Hashtags und Schlagworten ziehen PolitikerInnen und aktive BürgerInnen immer öfter in den Kampf um die Aufmerksamkeit und Gunst des Publikums. Letzteres liest, postet und teilt fleissig mit. Doch hat das digitalisierte Schlagwort, die Kreation und Verlinkung von Geschichten, in der Kommunikation auch die erwünschte Wirkung und eine Zukunft? «Eine treffende, wirkungsvolle Wortwahl ist immer nötig, um politische Forderungen anschlussfähig zu machen», sagt Peter Stücheli-Herlach, Professor für Organisationskommunikation und Öffentlichkeit am Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM, «die Hashtags und Themen werden mit den Akteuren (Personen und Organisationen) des politischen Diskurses verknüpft. Das wirklich Neue ist aber nicht die Verdichtung, sondern die direkte technische Vernetzung von #Schlagwort und Textsammlungen».
Das Wahljahr 2019 ist ein Labor der öffentlichen Kommunikation. Aktuelle Diskursanalysen legen die Grundlage für strategische Erwägungen aus Sicht von Organisationskommunikation und Journalismus. Was zeigt diese Analyse von öffentlichen Diskursen der politischen Kommunikation in Bezug auf Hashtags? Am jährlichen Branchenevent IAM live haben IAM-ForscherInnen und Podiumsgäste aus der Praxis gemeinsam diskutiert.
Von links nach rechts:
Peter Stücheli-Herlach, Professor für Organisationskommunikation und Öffentlichkeit am IAM
Sushil Aerthott, Leiter Digitale Strategie, Economiesuisse
Silvan Gisler, Co-Gründer und Leiter Kommunikation, Operation Libero
Claudia Sedioli, Dozentin Berufspraxis IAM, Moderatorin
Heike Scholten, CEO Sensor Advice GmbH
Michael Furger, Ressortleiter Hintergrund, NZZ am Sonntag
Die Hashtags #JeSuisCharlie, #MeToo, #Vertragsbruchsinitiative und #Klimawahl haben in der Schweizer Politik und auch international die öffentlichen Diskurse bewegt. Doch wiesetzen Akteure in der politischen Kommunikation Hashtags strategisch ein, um Diskurse zu strukturieren und zu steuern? «Wenn wir über Social Media kommunizieren, kommunizieren wir mit Hashtags», sagt Silvan Gisler, Co-Gründer und Leiter Kommunikation, Operation Libero, «bei uns hat das Framing einen hohen Stellenwert und hierfür verwenden wir konkrete Hashtags». Doch wie kreiert man einen Hashtag, der sich gegen alle anderen durchsetzt und bekannt wird? Silvan Gisler verrät sein Erfolgsrezept: «#dieschweizwartet wurde unser erfolgreichster Hashtag, weil ja jeder irgendwo wartet und mit diesem Hashtag unklar war auf was genau. Erst in Kombination mit dem Hashtag #ehefüralle war klar, um was es geht».
#Hashtags zum Storytelling
Wie gehen Journalisten mit Hashtags um? Können diese die Agenda strukturieren und beeinflussen? «Wir setzen praktisch keine Hashtags, weil sie uns als Marketinginstrument nichts bringen» sagt Michael Furger, Ressortleiter Hintergrund, der NZZ am Sonntag, «Wir setzen Links auf Geschichten, die wir verkaufen. Für uns ist Reichweite nicht das entscheidende Mass. Wir wollen die Leute, die bereit sind, für guten Content zu zahlen. Die meisten User kommen über Google und nicht über Social Media zu uns».
Andere setzen #Hashtags bewusst zum Erzählen von Geschichten ein. Doch hierbei gilt es eine wichtige Spielregel zu beachten. Heike Scholten, CEO Sensor Advice GmbH: «Hashtags lösen Bilder im Kopf aus, die Geschichten erzählen. Man sollte die Schlagworte aus dem gedanklichen Kontext einer Geschichte definieren und dann diese in einer Botschaft als Headline auf den Punkt bringen». Die Schlagworte hätten die Funktion der Verdichtung und ein nicht zu unterschätzendes Emotionalisierungspotential.
Eine ganz andere Perspektive bringt Sushil Aerthott, Leiter Digitale Strategie, Economiesuisse, ein: «Das Hören, was draussen passiert, ist auf Social Media sehr wichtig. Es geht um Reichweite, es geht um Nische, Gruppenbindung und Lokalität, Emotionen, Branding».Die Hashtags würden bei Economiesuisse in eine Kampagne eingebettet, um verschiedene Themen zu setzen oder auf diesen zu surfen.
#Hashtags können als Schlagwörter aus einer Geschichte die Verbreitung eines Themas gezielt beeinflussen und mithelfen, dieses online zu vernetzen. Sie sind ein fester Bestandteil der politischen Kommunikation geworden und nicht mehr wegzudenken.