Im Herbst 2018 hat Anna Chepizhko ein Auslandsemester im Master Organisationskommunikation an der ZHAW Departement für Angewandte Linguistik absolviert. Warum die gebürtige Ukrainerin sich für die ZHAW entschieden hat und inwiefern ihr Auslandsemester ihrer beruflichen Zukunft nützt, erzählt sie uns im Gespräch.
von Christine Vettiger und Maura Calzado, International Relations Office
Anna, du hast bereits mit dem Internationalen Parlamentsstipendium im Deutschen Bundestag in Berlin gearbeitet und studierst jetzt als Stipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung Medienwissenschaft an der Universität Trier. Warum hast du dich für ein Austauschsemester in der Schweiz an der ZHAW entschieden?
Mein Studium in Trier ist sehr theoretisch. Für mein Auslandsemester habe ich etwas Praxisorientiertes gesucht. Zudem wollte ich ein Semester auf Englisch studieren, dafür aber nicht zwingend in den angelsächsischen Raum gehen. An der ZHAW sah ich diese beiden Wünsche kombiniert. In Winterthur spricht man ausserdem Deutsch, ich konnte somit auch meine Deutschkenntnisse anwenden.
Zudem hat mich die gute Organisation des Studiengangs angesprochen. Ich bekam schon lange vor Semesterbeginn einen Stundenplan mit Fächern, die mich überzeugten.
Und warum hast du genau den Master Angewandte Linguistik mit Vertiefung Organisationskommunikation gewählt?
Wegen des Fokus’ auf internationaler und interkultureller Organisationskommunikation bzw. Public Relations. Das war genau das, was ich brauchte und wollte. Ich habe in meinem Bachelor in der Ukraine auch Public Relations studiert und während meines Studiums dort ebenfalls in diesem Berufsfeld gearbeitet. Danach habe ich mich dazu entschieden, an der Universität Trier Medienwissenschaft zu studieren. Das ist zwar interessant, aber auch sehr, sehr forschungsorientiert und fast nur auf die Beziehung zwischen Politik und Medien ausgerichtet. Der praktische Input hat mir gefehlt und den fand ich hier in Winterthur – und dann noch auf Englisch.
Woran hattest du dieses Semester am meisten Freude? Gab es ein Lieblingsfach?
Mein absolutes Highlight waren die beiden Projekte, die wir von Unternehmen erhielten und an denen wir gearbeitet haben. Das eine war für Barry Callebaut, den weltgrössten B2B Kakao- und Schokoladenproduzenten, im Fach Intercultural und International Organisational Communication. Dort haben wir das internationale Mitarbeitermagazin des Unternehmens überprüft und uns ein neues Konzept überlegt.
Das andere Projekt war für das Versicherungsunternehmen AXA im Fach Applied Research Projects, wo wir einen Korpus von Artikeln, die im Rahmen eines Medienmonitorings gesammelt wurden, codiert und analysiert haben. Wir haben die beiden Unternehmen auch besucht, das war eine tolle Erfahrung. Dank des direkten Kontakts zur Unternehmenspraxis und der Arbeit an einem realen Auftrag habe ich mich viel stärker involviert gefühlt und war extrem motiviert.
Wirklich sehr spannend und aufschlussreich in Bezug auf die Kommunikationspraxis war auch Organisational Communication for Specific Industries. In diesem Fach hatten wir die Kommunikationsleitenden von verschiedenen Unternehmen zu Gast, die uns Einblick in die Kommunikation ihrer Firmen gewährten und auch die besonderen Herausforderungen in ihrer Branche thematisiert haben. Unter anderem waren die Kommunikationschefs der UBS, der Allianz Suisse, der ABB, von Swiss International Airlines und der Privatklinikgruppe Hirslanden zu Gast.
Mein absolutes Lieblingsfach war Intercultural and International Organisational Communication. Einerseits war es sehr gut strukturiert und hat mir die verschiedenen Kulturdimensionen nähergebracht, und andererseits konnten wir von der persönlichen Erfahrung der Dozentin profitieren, die mehrere Jahre in China gearbeitet hat.
Welchen Beruf möchtest du später ausüben? Und wo am liebsten?
Das ist eine spannende Frage. Letztlich wollte ich immer in Richtung Public Affairs gehen, weil ich mich sehr für Politik interessiere. Ich habe ja im Bundestag gearbeitet und verfolge die Politik in den USA, in Grossbritannien, Deutschland und auch meinem Heimatlandm der Ukraine, sehr aufmerksam. Allerdings wollte ich nie direkt in der Politik arbeiten, sondern an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Politik. Und dafür braucht es ein tiefgreifendes Verständnis von Organisationskommunikation, deswegen war auch mein Austauschsemester hier so wertvoll. Ich kann wirklich einiges mitnehmen. Aufgrund meines multikulturellen Erfahrungsschatzes möchte ich auf jeden Fall in einer internationalen Organisation arbeiten.
Wie war deine Erfahrung mit der Klasse, wurdest du gut aufgenommen?
Ja, auf jeden Fall, das waren alles tolle Leute. Gleich am ersten Tag habe ich Kontakte geknüpft, die Studienkolleginnen und -kollegen waren alle sehr offen. Allerdings hat das auch Offenheit von meiner Seite bedingt. Die Schweizer sind überhaupt nicht zurückhaltend, das ist nur ein Vorurteil. Aber man muss auch auf sie zugehen. Wenn man ehrliches Interesse zeigt, dann kommt viel zurück. Wir waren wirklich eine super Gruppe.
Wie sind deine Eindrücke vom Campus, hast du Tipps für zukünftige Incomings?
Die Infrastruktur ist wirklich ausgezeichnet, alles ist digital ausgerichtet. Ich musste zum Beispiel selten in die Bibliothek, um Bücher zu holen, sondern konnte auf die Online-Exemplare zugreifen. Aber wenn ich in der Bibliothek war, dann vor allem auch aus einem anderen Grund: Die Lernlandschaft dort ist total beeindruckend. Ich habe Fotos davon auf Social Media gepostet, meine Freunde zuhause waren alle begeistert. Anderen Incomings kann ich vor allem empfehlen, alle Fächer zu belegen, die sie interessieren, selbst wenn sie an der Heimathochschule nicht angerechnet werden. Das war bei mir der Fall und ich bereue es keine Sekunde. Ich habe dadurch so viel gelernt. Das ist schlussendlich viel mehr wert als die verbuchten Credits.