Was macht ein Kommunikator, wenn es in seiner Organisation brennt? Er erzählt einen Witz? Er verkündet an der Pressekonferenz, es sei ein guter Tag? Wohl eher nichts dergleichen. Doch genau das tat Walter de Gregorio als damaliger Kommunikationschef der FIFA, kurz nachdem mehrere Funktionäre des Weltfussballvereins im Februar 2015 in Zürich verhaftet wurden. Und polarisierte damit Medien und Öffentlichkeit: Viel zu überheblich, meinten die einen, andere machten ihm Jobangebote. „Ich handelte aus dem Bauch heraus“, erzählt Walter de Gregorio dem Publikum der Columni-Veranstaltung „Wenn’s blitzt und donnert“ im Zürcher Zentrum Karl der Grosse. Zwischenzeitlich habe er sich wie Carla del Ponte gefühlt und den Eindruck gehabt, es gehe um Menschenleben. „Aber ganz so schlimm war es doch gar nicht, da darf man doch auch mal mit Humor kommen“, findet de Gregorio.
von Majka Mitzel, IAM-Absolventin und Redakteurin für das ZHAW Impact Magazin
Er, das „Krisengesicht der FIFA“, wie ihn Moderatorin und Columni-Präsidentin Claudia Sedioli charmant nannte, wie ist er in den darauf folgenden Wochen und Monaten mit der Situation kommunikationstechnisch umgegangen, was waren die Herausforderungen?
Krisenkommunikation sei ja eigentlich kein Hexenwerk, es gebe ein paar Grundlagen zu beachten und schon sei man gerüstet, findet de Gregorio. Bei der FIFA habe man beispielsweise den Grundsatz der „One Voice Policy“, habe sich intern also auf einen zu kommunizierenden Inhalt und ein Sprachrohr geeinigt. Aber dann habe im Ernstfall doch jeder etwas anderes geredet, mitunter sogar genau das Gegenteil. „Das ist natürlich das Schlimmste, wenn noch andere reden als vereinbart“, kommentierte Patrick Suppiger, der den Abend als Präsident des Schweizer Verbandes für Krisenkommunikation begleitete.
„Vor allem wenn Sie einen starken, eigenwilligen Chef haben, der seine eigene Meinung vertritt, sind alle Kommunikationsgrundlagen nutzlos“,stellte de Gregorio fest. Bei Auftritten hätte er ihm schliesslich nicht ins Wort fallen können. „Bei öffentlichen Veranstaltungen kann man im Gegensatz zu schriftlichen Interviews nicht einfach eingreifen. „Ich habe dann die Strategie gewechselt und meinem Chef im Vorfeld von Anlässen drei Optionen präsentiert, jeweils deren Konsequenzen aufgezeigt und dann die Entscheidung für ein Szenario ihm überlassen.“ Auch sonst habe er unkonventionelle Wege gewählt, sei zum Beispiel für wichtige Gespräche am Sonntagnachmittag mit ihm zusammengesessen. „Der, der als letzter beim Chef ist, bekommt das Gehör“, weiss de Gregorio.
Gehör beim Publikum fand am Ende dieses kurzweiligen Abends auch die Prognose des FIFA-Kenners zur EM: „Belgien, Spanien und Deutschland werden sicherlich in den Endrunden vertreten sein“, so tippt der Experte, „aber wissen Sie, ich kenne die Ausgänge ja sowieso“, fügt er mit einem Augenzwinkern an – und verabschiedet sich gen Flughafen.
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