Themen auswählen, Geschichten gestalten, Rollen verteilen, Prioritäten setzen, Vor- und Nachteile abwägen, und all dies unter Zeit- und Leistungsdruck: Aus diesen und anderen Aufgaben besteht die tägliche Arbeit von Journalisten, sowohl in traditionellen als auch in Onlinemedien. Der Prozess der Nachrichtenherstellung stellt eine immer komplexere Herausforderung für Medienschaffende dar – und damit auch ein spannendes Forschungsfeld. Die Medienlinguistik am IAM schaut seit 15 Jahren in großen Forschungsprojekten hinter den Kulissen journalistischer Produktion und nutzt ihre Erkenntnisse für die Praxisausbildung. In neuen Projekten geht es dabei um das Zusammenspiel von Argumentation und Narration in Public Storytelling.
von Dr. Marta Zampa, Wissenschaftliche Mitarbeiterin IAM
Erforschen …
Seit 2012 ist Argumentation in redaktionellen Interaktionen Untersuchungsgegenstand am IAM. Wie NachrichtenjournalistInnen argumentieren, war das Hauptaugenmerk des Nationalsfonds-Projekts „Argumentation in newsmaking process and product“, welches das IAM zusammen mit der Università della Svizzera italiana (Lugano) und der Universität Lausanne durchführte. Das Projekt hat gezeigt, wie Journalisten an allen Schnittstellen ihrer Arbeit über ihre Entscheidungen argumentieren: in Redaktionssitzungen, in Unterhaltungen am Schnittplatz, aber auch mit sich selbst, während sie schreiben. Die Forschungsergebnisse wurden an zahlreichen Tagungen präsentiert und werden in Marta Zampas Dissertation “News values as endoxa of newsmaking. An investigation of argumentative practices in the newsroom” systematisch dargestellt. Einen Ausschnitt der Forschung stellt eine Sonderausgabe der Zeitschrift „Journal of Argumentation in Context“ vor.
… für Theorie …
Um das Zusammenspiel von Argumentation und Narration auszuleuchten, haben nun Daniel Perrin und Marta Zampa einen Call for Papers von für ein Sonderheft der Zeitschrift “Studies in Communication Sciences” veröffentlicht. Ziel ist, in fünf bis sieben dichten Beiträgen Ursprung, Gründe und Beschränkungen der traditionellen Auffassung von Journalismus als Storytelling aufzuzeigen und zu diskutieren.
… und Praxis
Seit dem Frühlingsemester 2016 ist dieses Thema zudem Teil des Lehrangebotes am IAM. Marta Zampa und Aleksandra Gnach bieten das MeFo Seminar “Argumentieren und entscheiden in Journalismus und Organisationskommunikation“ an. Bachelorstudierende haben somit die Gelegenheit, die Grundlagen der Argumentationstheorie zu lernen und unmittelbar für die Analyse von Entscheidungsprozessen in Redaktionen anzuwenden. Lisa Aeschlimann, Bachelorstudentin, sagt es so: „Gut argumentieren zu können ist eine wichtige Kernkompetenz für Journalistinnen und Kommunikatoren. Der Kurs hilft, sich seiner eigenen Argumentation bewusster zu werden und die Argumente anderer besser zu verstehen.“