Ein Gastbeitrag von Max Brägger, Raphael Graber, Fabian Oberlin und Severin Stiner
Autoneum ist heute einer der weltweit grössten Zulieferer der Automobilindustrie mit Schwerpunkt auf Schall- und Wärmeisolationen des Motors. Doch was passiert, wenn immer mehr elektrisch oder gar autonom gefahren wird und weniger Wärme und Lärm durch das Fahren produziert werden? Was, wenn die bessere Auslastung der Fahrzeuge mittels Ridesharing insgesamt zu weniger Fahrzeugen führt? Eines ist klar, Autoneum wird bald nicht mehr seine angestammte Produktpalette haben und muss daher neue Produkte finden, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben. Um Lösungen zu entwickeln, trafen sich anlässlich der METU-Blockwoche (Mensch, Energie und Technik) 26 Studierende der ZHAW in Winterthur. Diese teilten sich in sechs interdisziplinäre Gruppen auf, um an der “Autoneum Challenge” teilzunehmen.
Der Konzern gab drei Problemstellungen vor. Wir, Max Brägger, Fabian Oberlin, Severin Stiner und Raphael Graber haben uns das Thema «Personalized thermal comfort in Robotaxis thanks to data generated by sensors and Artificial Intelligence» ausgesucht.
Abb. 1: Faktoren für den thermischen Komfort gemäss Mihaela Simion et al. / Energy Procedia 85 (2016), Darstellung Stiner et al.
Zuerst beschäftigte uns der Begriff “Thermal comfort”. Was bedeutet er und welche Faktoren bestimmen ihn? Gemäss einer Studie von Mihaela Simion et al. bestimmen die in der Abbildung 1 ersichtlichen Faktoren den optimalen klimatischen Zustand einer Person. Vier dieser Faktoren sind mit bekannten Sensoren messbar und zwei davon sind sehr persönliche Faktoren. Wie können wir die Detektion dieser in unser System implementieren und wie gelingt es uns, für jede Person eine individuelle Temperatur zu erzeugen?
In einem heutzutage handelsüblichen Fahrzeug finden wir eine Konvektionsheizung, welche mittels Lüftung die Luft im Fahrzeug erwärmt oder kühlt. Dabei einen individuellen Komfort herzustellen, ist schwierig, da sich die Temperatur irgendwann an diejenige des offenen Raums angleichen wird. Wir wollen aber auch keine abgekapselten Räume in unseren Fahrzeugen, da die soziale Interaktion auch in zehn Jahren noch eine grosse Bedeutung haben wird. Daher stellen wir mittels einer Konvektionsheizung eine Basistemperatur ein und wollen mittels Infrarotplatten den individuellen Unterschied erzeugen (Abbildung 2).
Abb. 2: Gemäss diesem Schema soll der individuelle Komfort jedes Passagiers hergestellt werden (Abbildung Stiner et al.)
Durch das Bestrahlen jedes einzelnen Passagiers in unterschiedlicher Stärke können für jeden individuelle Temperaturen erzeugt werden. Eine Infrarotheizung beheizt nicht die Luft, sondern sie erwärmt primär den bestrahlten Körper im Raum. Somit gelingt es uns, für jeden Passagier den individuellen Komfort zu erreichen. Die erste Frage ist somit beantwortet, doch wie wissen wir, was jeder Passagier möchte? Zu diesem Zweck verwenden wir die zu Beginn erwähnten Sensoren und ermitteln mittels künstlicher Intelligenz die zwei persönlichen Faktoren, dieser Vorgang ist schematisch in Abbildung 3 dargestellt. So soll es uns gelingen, beim Einsteigen einer Person zu erkennen, wie sie gekleidet ist und ob sie kalt oder warm hat. Weiter denken wir, dass in unserem System künftig auch Daten von Drittanbietern (Apple, Google, etc.) oder von intelligenter Kleidung implementiert werden könnten. So wüssten wir bereits vor dem Einsteigen der Person, ob sie vorher in einem Fitnessstudio oder in einem Café war und können daraus Schlüsse für den thermischen Komfort ableiten. Den wohl wichtigsten Teil bildet jedoch der kontinuierliche Lernprozess, welcher mittels eines Algorithmus adaptiert und somit für jeden Passagier ein möglichst passendes Profil anlegt. Das Ziel des Algorithmus ist es, dass der Nutzende nicht mit dem System interagieren muss, aber immer seinen individuellen Komfort geniesst.
Abb. 3: Schematischer Ablauf des Lernprozesses wie er im Fahrzeug vorhanden sein soll (Abbildung Stiner et al.)
Autoneum arbeitet heute bereits an Produkten, welche in der Hülle des Fahrzeuges eingebaut sind. Des Weiteren sind sie fähig aus diversen Materialien Produkte herzustellen. Die perfekte Ergänzung dazu wären die Infrarotplatten, da sie bereits im Gebäudebereich erprobt sind und ideal in die Fahrzeughülle passen. Somit könnte Autoneum in Zukunft einen wesentlichen Teil zur Akzeptanz von selbstfahrenden Fahrzeugen beitragen und würde am Weltmarkt weiterhin marktführend bleiben.