Beitrag von Markus Kunz
Jede Tradition beginnt mit einem ersten Mal. Der 1. Fortbildungstag Lehre der SoE, der am 20. Juni 2018 stattgefunden hat, eröffnete eine neue Tagungsreihe, die der internen Fortbildung der Lehrenden an der School of Engineering (SoE) dient. Aus aktuellem Anlass widmete sich die Premiere dem Umgang mit Grossklassen, die im Rahmen des «Studienmodells 2025» der SoE immer mehr zum Thema werden.
Der Leiter Lehre der SoE, Prof. Dr. Thomas Järmann, konnte rund 50 Dozierende der SoE, aber auch aus anderen Departementen, am Anlass begrüssen. Das Keynote-Referat zum Thema «Einfluss der Klassengrösse auf die Lernleistung: Was sagt die Forschung?» hielt Prof. Dr. Christoph Gut von der PHZH. Basierend auf einer Metastudie, die er im Auftrag der SoE zum Thema verfasst hatte, resümierte er den Stand des Wissens über Grossklassen und die Korrelationen und Kausalitäten mit weiteren Kriterien des Lernerfolgs auf der Basis eines einfachen Wirkungsmodells. Da im Fall der SoE von Gruppengrössen zwischen 40 und 100 Personen gesprochen werden kann, kommt Gut zum Fazit: «Bestehende Studien zum Zusammenhang von Klassengrösse und Lernleistung von Lernenden sind bezüglich der Ansätze, Designs und Qualität sehr heterogen und weisen im Mittel nur einen geringen positiven Effekt kleiner Klassengrössen auf die Lernleistung aus. Weit grössere Effekte lassen sich mit methodisch-didaktischen Massnahmen erzielen. Im Rahmen von Schulreformen sollte daher eine generelle Reduktion oder Erhöhung der Klassengrössen stets mit Investitionen und Massnahmen auf der Unterrichtsebene begleitet werden. Dabei muss bedacht werden, dass sowohl der Aufwand der Dozierenden für die Umsetzung lernwirksamen Unterrichts wie auch die Motivation der Lernenden, deren Engagement und aktive Beteiligung am Unterricht durch die Klassengrösse beeinflusst werden.»
Erfahrungsaustausch
In vier Panels wurden Vertiefungsthemen in Gruppen besprochen und Erfahrungen dazu ausgetauscht: Thematisiert wurde die «Qualitätssicherung in Grossklassen» (Prof. Markus Kunz, SoE, ZHAW), wobei hier, eventuell der Zusammensetzung der Gruppe aus ausschliesslich Lehrenden geschuldet, spezifisch der gesteigerte Aufwand und damit Ressourcenbedarf für Dozierende hervorgehoben wurde. Qualität wurde hier weniger im Sinne des bei QM-Systemen üblichen Reportings von Nachweisgrössen verstanden, sondern eher als Anforderung an den Lehralltag. Dass Grossklassen hier oft Mehraufwand bedeuten, erstaunt nicht. In einem weiteren Panel wurde das Thema «Prüfen in Grossklassen» (Benjamin Eugster, Ressort Lehre, ZHAW) sowie Möglichkeiten und Herausforderungen von digitalen Prüfungsformen diskutiert. Neben dem Austausch über die eigene Prüfungspraxis war es für die Tagungsteilnehmenden interessant zu erfahren, wie der Stand der technischen und organisatorischen Arbeiten in Bezug auf E-Assessment an der ZHAW ist.
Eine dritte Gruppe widmete sich dem «Unterricht jenseits von Grossvorlesungen. Weitere Lehrformen in Grossklassen» (Elisabeth Dumont, SoE, ZHAW). Speziell das Format Studiounterricht, für das an der SoE langjährige Erfahrungen bestehen, wurde vorgestellt, und diverse Formen von Peer-Feedbacks besprochen. Es ist, wie auch beim Prüfungsthema, darauf hinzuweisen, dass die räumliche und technische Infrastruktur vorhanden sein muss, wenn solche Konzepte reüssieren sollen. Schliesslich ging es im Panel 4 um das Thema «Digitale Lehrformen in Grossklassen». Der Leiter des Bereichs «Faculty Development» der Abteilung Lehrentwicklung und -technologie (LET) der ETH, Dr. Benno Volk, vermittelte hier eine Übersicht über den Einsatz von aktivierenden Lehrformen an der ETH. Ein wichtiges Fazit war, dass die analoge Welt (z. B. die Klassenräume und Labore) und die digitalen Lehrformen gut aufeinander abgestimmt sein müssen.
Ressourcen sind wichtig
Ein kleines Podium zum Tagungsschluss fasste die Erkenntnisse zusammen. Es mag zwar sein, dass die reine Klassen- oder Lerngruppengrösse nur einer von zahlreichen Einflussfaktoren beim Lernerfolg ist, aber indirekt beeinflusst dieser Faktor die Motivation von Dozierenden und Studierenden und damit das Lernklima und die Gestaltung des Lehralltags ganz direkt. Gegensteuer ist auf zahlreichen Ebenen möglich, vom Support (und Fortbildung) der Dozierenden, über die (auch digitalisierte) Steigerung des Anteils an begleitetem Selbststudium, über die temporäre Auflösung der Grossklassen mittels Übungsgruppen, Tutorien oder Lerngruppen bis zur Sicherstellung von zeitlichen, technischen und räumlichen Ressourcen. Das aufgegleiste «Studienmodell 2025» der SoE sowie der in Planung befindliche Neubau des Campus T werden die nötigen Rahmenbedingungen bieten können, um hier einen guten Schritt weiterzukommen. Und nicht zuletzt: Der Tagungserfolg wird die Organisatoren der Abteilung Lehre der SoE bestimmt dazu bewegen, dem ersten Fortbildungstag weitere folgen zu lassen.
Beitrag von Markus Kunz
Weiterführende Literatur zum Wirkungsmodell der von Prof. Dr. Christoph Gut vorgestellten Metastudie finden Sie hier: