E-Portfolios in der Sozialen Arbeit: ein Reflexionsbogen über das gesamte Studium

Beitrag von Eberhard Zartmann

Bild: Pixabay CC0 Creative Commons

Im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit wird seit 2011 die E-Portfolio-Plattform Mahara eingesetzt. Seither haben rund 1’300 Studierende mit diesem Tool ihre Lernfortschritte in Texten, Bildern und Videos dokumentiert und reflektiert. Im Interview erklärt Eberhard Zartmann, Dozent am Zentrum Lehre des Departements Soziale Arbeit, wie die Arbeit mit E-Portfolios gelingt, wie sie sich in den letzten Jahren verändert hat und wohin die Reise allenfalls noch gehen könnte. Fragen: Lisa Messenzehl

Wie können wir uns die Arbeit mit E-Portfolios im Studiengang Soziale Arbeit vorstellen?

Die Studierenden im Studiengang Soziale Arbeit beginnen ihre Portfolioarbeit im ersten Semester im Rahmen des ersten Portfoliomoduls. Die Portfolioarbeit wird hier – wie auch im zweiten Portfoliomodul – durch die Arbeit in der Studiengruppe und die individuelle Studienbegleitung inhaltlich gefördert. Auf der E-Portfolioplattform «Mahara» gestalten die Studierenden ihre Portfolios anhand von Portfolioaufträgen, womit sie einen wesentlichen Teil ihrer Leistungsnachweise für die Portfoliomodule erbringen. Im Hauptstudium arbeiten sie im Rahmen zwei weiterer Portfoliomodule an ihren Portfolios in Verbindung mit spezifischen Seminaren. Das letzte Portfoliomodul belegen sie im letzten Semester, sodass das Portfolio einen Bogen über den gesamten Lernprozess schlägt. Die vier Portfolioaufträge sind so aufgebaut, dass die Studierenden angeregt werden ihre Wissensgeschichte zu dokumentieren, zu reflektieren und die zunächst fragmentierten Wissensbestände aus den einzelnen Modulen zu integrieren. Die Portfolios haben damit einen prozessorientierten, reflexiven Charakter, womit sie sich von Präsentationsportfolios abgrenzen, die insbesondere der Darstellung nach aussen dienen. Selbstverständlich können die Studierenden das gesammelte Material in einem gesonderten Portfolio zu Präsentationszwecken – z. B. als Bewerbungsdossier – auswählen, kombinieren und gestalten.

Die Portfolioarbeit verlangt von den Studierenden eine kontinuierliche Selbstreflexion. Wie zugänglich sind die Studierenden für diese Lern- und Arbeitsweise?

Die Reaktionen der Studierenden auf die Herausforderungen der Selbstreflexion sind unterschiedlich und hängen meines Erachtens von individuellen Persönlichkeitsfaktoren ab. Einige Studierende finden die in den Portfoliomodulen zu erbringende Dokumentation und Reflexion aufwändig und in seltenen Fällen auch unnötig. Viele Studierende – das zeigen unserer Erhebungen immer wieder – schätzen die Zeit und die Impulse, welche sie mit den Portfoliomodulen erhalten, sehr. Oft erkennen sie im Laufe des Studiums dessen Bedeutung und schätzen es, von Beginn an, zur Reflexion angehalten worden zu sein. Wie aktuelle Forschungen zu erfolgreichen Lernprozessen zeigen, spielen Rückmeldungen von Peers und Lehrenden eine grosse Rolle. So haben auch die schriftlichen Rückmeldungen von LernpartnerInnen und Studienbegleitenden zu den vier Portfoliophasen für die Studierenden eine grosse Bedeutung. Sie schätzen die Wertschätzung ihrer Arbeit und Impulse zur weiteren Entwicklung. Wir haben die Portfolioarbeit auf der Basis von Forschungsergebnissen als verbindliche Module gestaltet, da sich der Sinn und Nutzen für die Studierenden oft erst im Laufe der Pflichterfüllung erschliesst und nicht von Anfang an mit einer intrinsischen Motivation gerechnet werden kann. Lernerfolge sind immer abhängig von vielen personalen, sozialen und strukturellen Faktoren. Der Erfolg der Portfolioarbeit kann also nur zu einem gewissen Teil vonseiten des Studiengangs gesteuert werden. Portfolioarbeit ist trotz aller Verbindlichkeit ein Angebot, das von den Einen als sinnvoll erkannt und genutzt wird, während es von den Anderen zwar erfüllt aber in seinem Nutzen nicht erkannt wird.

Stichwort Digital Natives: Wie leicht fällt es den Studierenden, ein digitales Portfolio mit Mahara zu erstellen?

Bei der Einführung der Portfolioarbeit und damit auch des elektronischen Portfolios auf Mahara im Herbst 2011 waren noch viele Studierende mit den technischen Anforderungen sehr beschäftigt und hatten einen teilweise hohen Unterstützungsbedarf. Von Jahr zu Jahr stellen wir fest, dass die Studierenden gelassener und selbständiger mit dem Tool umgehen und ihre Fragen weitaus spezifischer sind als zu Beginn. Seit zwei Semestern bieten wir zur technischen Einführung ein Webinar an und stellen fest, dass dies in den meisten Fällen ausreichende Grundlagen zur individuellen Arbeit vermittelt.

Viele Dozierende streben heute Online-Prüfungen an und hoffen, durch die automatische Auswertung von Tests Korrekturzeit einzusparen. Sind E-Portfolios die besseren digitalen Leistungsnachweise – und wie sieht es mit dem Betreuungsaufwand auf Seite der Dozierenden aus?

Unsere Portfoliokonzeption ist mit Online-Assessments nicht vergleichbar. Wir wenden pro schriftlichem Portfolio-Review zwei Lektionen auf, um die Wirkung der Arbeiten zu spiegeln, die Kompetenzentwicklung zu wertschätzen und Lernimpulse zu geben.

Im Kontext von Lehren und Lernen mit digitalen Medien ist Kollaboration ein wichtiges Schlagwort. Welche Relevanz hat diese für die Arbeit mit E-Portfolios?

Strukturell haben wir in den Portfolios das Element des schriftlichen Peer-Reviews verankert, in welchem sich die Studierenden gegenseitig Feedback zum Portfolio geben. Darüber hinaus spielt Kollaboration in der Portfolioarbeit aktuell keine Rolle. Jedoch nutzen manche Studierende Mahara selbstgesteuert zur Kollaboration mit anderen Studierenden im Kontext unterschiedlicher Gruppenarbeiten, für private Themen und zur Organisation von Intervisionsgruppen.

Welchen Weg wird die Portfoliokonzeption im Studiengang Soziale Arbeit zukünftig noch einschlagen?

Die Portfolioarbeit im Studiengang wird in Zukunft eine Entwicklung nehmen, mit welcher wir die Kompetenzentwicklung der Studierenden in Bezug auf die Professionskompetenzen der Sozialen Arbeit noch klarer und vollumfänglicher als bisher berücksichtigen. Wir verfolgen das Ziel, dass das Portfolio am Ende des Studiums zeigt, inwieweit und auf welchen Wegen die Professionskompetenzen im Laufe der vielfältigen Lernprozesse erreicht wurden. Das Portfolio soll damit – wie die Mappe des Künstlers – vollständig Auskunft über den Weg zur Meisterschaft und dem individuellen aber professionellen Kompetenzprofil geben. Dies bedeutet, dass der Aspekt der Kompetenzperformanz durch Portfolioarbeit und die Präsentation von Portfolios an Bedeutung gewinnen wird.

Beitrag von Eberhard Zartmann
 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert