Fernunterricht: Neues Normal oder Corona-Nebeneffekt?

Ein Beitrag von Thomas Schläpfer

Seit Beginn der Pandemie hat sich die Digitalisierung an der ZHAW stark beschleunigt – so auch in der Lehre. Aufgrund der plötzlichen Umstellung mussten sich Dozierende sowie Studierende im Eiltempo auf das neue Umfeld einstellen. Heute findet der Unterricht grundsätzlich wieder vor Ort statt. Doch viele wünschen sich kein Zurück mehr in die Zeit vor der Pandemie.

Selbstbestimmung durch digitales Setting

Manuela Käppeli, Dozentin und Leiterin der Fachstelle Qualitätsentwicklung und Digital Campus am ZHAW Departement Soziale Arbeit, sieht im Fernunterricht unterschiedliche Chancen. Für sie sollen Studierende vor allem dank dem digitalen Setting im selbstregulierten Lernen gefördert werden. So können Studierende online den Zeitpunkt und das Tempo der Lerninhalte selbst bestimmen. «Durch die orts- und zeitunabhängigen Lehr- und Lernsettings kann ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Freizeit und Ausbildung oder Weiterbildung geleistet werden», so Käppeli. «Zudem zeigen interne Umfragen vom Departement Soziale Arbeit, dass Studierende insbesondere bei Wissensvermittlungen im digitalen Raum positive Lernerfahrungen machen», führt Käppeli weiter aus.

«Durch die orts- und zeitunabhängigen Lehr- und Lernsettings kann ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Freizeit und Ausbildung oder Weiterbildung geleistet werden»

Manuela Käppeli

Jedoch eignen sich auch nicht alle Inhalte für das Online-Format. So gestaltet sich grundsätzlich die Interaktion und Kommunikation im digitalen Setting schwieriger. Studierende müssen aktiv und direkt mit einbezogen werden. «Die internen Umfragen weisen zudem darauf hin, dass sich die Studierenden im digitalen Setting oft nicht motiviert fühlen», erklärt Käppeli und warnt davor, die Bedeutung der Hochschule als Sozialisationsort zu unterschätzen: «Nebst den inhaltlichen Kompetenzen ist der Begegnungsort Hochschule für die Studierenden im Rahmen des Studiums zentral!»

Kompetenzen einer neuen Arbeitswelt

Der Meinung, dass flexible Lernformen die Zukunft sind, ist auch Miriam Fischer, Verantwortliche E-Didaktik am ZHAW Departement Soziale Arbeit. Sie sieht vor allem in den zu erlernenden Kompetenzen und Fähigkeiten eine Herausforderung, aber auch eine grosse Chance. Sich diese anzueignen, bedeute für viele Dozierende einen anfänglichen Initialaufwand, der sich aber langfristig auszahlt. Dozierende lernen auf organisatorische, technische oder motivationale Aspekte zu achten. So werden Gestalten, Initiieren und Begleiten zunehmend wichtiger. «Man kann nicht das Bisherige 1:1 ins Digitale übertragen. Es werden vielmehr neue Formen des Lehrens und Lernens wichtig und nötig werden», so Fischer.

«Diese Fähigkeiten und Kompetenzen sind klar eine Anforderung der neuen Arbeitswelt»

Miriam Fischer

Dies benötige viel Zeit und den Mut, eine neue Entwicklung anzugehen. So haben sich die Dozierenden im Fernunterricht gezwungenermassen mit neuen digitalen und didaktischen Kompetenzen auseinandergesetzt. «Diese Fähigkeiten und Kompetenzen sind klar eine Anforderung der neuen Arbeitswelt», erklärt Fischer. Damit Dozierende diese neue Entwicklung angehen können, ist die Unterstützung seitens Studiengangleitungen oder Weiterbildungsverantwortlichen in Form von Rahmenbedingungen und Supportleistungen wichtig. Deswegen ermutigt Fischer Dozierende sich diese Zeit zu nehmen: «Seid mutig. Es gibt andere Methoden und neue Kompetenzen, die es ermöglichen, sich geschickt im digitalen Raum zu bewegen».

5 Tipps für erfolgreichen Fernunterricht von Manuela Käppeli, Dozentin und Leiterin der Fachstelle Qualitätsentwicklung und Digital Campus am Departement Soziale Arbeit

  • Planen Sie eine gute Mischung aus synchronen und asynchronen Elementen in digitalen Settings ein, um Abwechslung zu gewährleisten. So kann die Aufmerksamkeitsspanne der Studierenden positiv beeinflusst werden.
  • Passen Sie Ihre Inhalte an das digitale Setting an. Überlegen Sie dabei, welche Inhalte sich für welche Settings am besten eignen. Positive Lernerfahrungen machen Studierende insbesondere bei Wissensvermittlungen im digitalen Setting. Eine 1:1 Übertragung des Onsite-Unterrichts ins digitale Setting ist nicht zu empfehlen.
  • Planen Sie genügend zeitliche Ressourcen ein für die Umstellung auf digitale Settings. Es ist in den meisten Fällen ein Initialaufwand notwendig, um die digitalen Settings optimal zu gestalten.
  • Wählen Sie Settings, die Studierende im digitalen Raum konkret einbeziehen. Übergeben Sie den Studierenden konkrete Rollen in digitalen Settings (Bedienen des Chats, um Fragen zu sammeln etc.). Dies fördert die Motivation der Studierenden und animiert sie, aktiv am Unterricht teilzunehmen.
  • Haben Sie den Mut mit neuen Formaten zu experimentieren. Dabei können es einfache Elemente sein. Meist sind extravagante, digital komplexe Formate für die Studierenden eher schwierig. Die Settings müssen nicht von Anfang an perfekt laufen. Experimentieren erlauben – ohne zu hohe Erwartungen an Perfektion zu haben.

Weitere Informationen zu Best-Practice-Erfahrungen und Hintergrundwissen in der digitalen Lehre sowie Tipps und Tricks für die didaktische und technische Gestaltung von Lehr- und Lerninhalten gibt es auf «digital & sozial», dem Blog des Departements Soziale Arbeit.

Foto: Philippe Bout/unsplash


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