Qualifikationen digital sichtbar machen: Das ZHAW-Pilotprojekt “Open Digital Badges”

Das Pilotprojekt «Open Digital Badges» spielt die Einführung von digitalen Badges im Bereich Weiterbildung durch. Im Rahmen von zwei Weiterbildungskursen der ZHAW School of Engineering (SoE) werden für die Absolvent:innen als Pilot im Februar und April 2023 Open Digital Badges vergeben. Als digitales Zertifikat unterstützt der Badge die ZHAW-Absolvent:innen dabei, ihre erworbenen Qualifikationen online sichtbar zu machen. Ziel des Pilotprojektes ist es, ein besseres Verständnis zur Funktionalität der Badge-Vergabe aus Sicht der ZHAW als auch aus Sicht der Pilot-Kohorte zu generieren. Neben der ZHAW-SoE sind das Innovation Lab des Ressort Bildung sowie ZHAW digital am Pilotprojekt beteiligt.

Ein Beitrag von Svenia Schneider-Wulf

Bereits 2021 befasste sich erstmals eine ZHAW-Arbeitsgruppe aus Vertreter:innen des ehemaligen Ressort Weiterbildung (Anm. 2022 mit Ressort Lehre zum Ressort Bildung fusioniert) sowie ZHAW digital, unterstützt von der OER Gruppe der HSB und dem Rechtsdienst mit der Thematik «Open Digital Badges». Den Stein ins Rollen gebracht hatte die ZHAW School of Engineering, die einen Bedarf seitens Weiterbildungsteilnehmenden aufgrund immer wieder eintreffenden Anfragen zu Open Digital Badges identifiziert hatte. Im Frühjahr 2022 konnte dann mit offiziellem Auftrag der Hochschulleitung das Pilotprojekt «Open Digital Badges» lanciert werden.

«Insbesondere bei Online-Weiterbildungsangeboten erwarten die Absolvent:innen, dass sie nebst einem ausgedruckten Diplom auch ein elektronisches Pendant in Form eines Digital Badge erhalten.»

— Markus Marti, Leiter Weiterbildung ZHAW School of Engineering

Was ist eigentlich ein «Open Digital Badge»

Beim Open Digital Badge handelt es sich um eine noch relativ junge Art der (wissenschaftlichen) Zertifizierung, die es erlaubt, Kompetenzen, Lernleistungen oder erworbene Qualifikationen abzubilden. Ein Badge ist dabei zunächst einmal ein rein technisches Format, das einen erworbenen Kompetenznachweis digital sichtbar macht. Die auf dem Badge hinterlegbaren Informationen erlauben es jedoch, die erworbenen Fertigkeiten sehr spezifisch zu beschreiben. Nach Erhalt kann ein Badge weitergeleitet und in einem eigenen (Social Media-)Profil wie LinkedIn, aber auch auf Websites, in E-Portfolios oder auf Jobportalen eingebunden werden.

Auch die Verifizierung durch externe Personen, wie bspw. Arbeitgeber, ist dann möglich. Wer möchte kann seine erworbenen Badges zudem in einen sogenannten «Backpack» hochladen und dort sammeln. Backpacks ermöglichen es den Nutzer:innen erworbene Badges verschiedener Institutionen abzulegen, zu verwalten und direkt mit ihren Social Media Profilen zu verknüpfen.

Screenshot Einbindung ZHAW-Badge in ein LinkedIn-Profil und abrufbare Informationen zum WBK (Nachweis anzeigen)

… und wofür kann er vergeben werden?

Theoretisch kann ein Badge für einen Hochschulabschluss ebenso vergeben werden wie für einen Weiterbildungskurs. Darüber hinaus wird er von Hochschulen und Bildungsanbietern aber auch zunehmend genutzt, um Qualifikationen detaillierter auszuweisen als dies in einem klassischen Zeugnis möglich ist. Als Format kann er so insbesondere auch für die Validierung non-formaler und informell erworbener Kompetenzen zur Anwendung kommen und könnte langfristig eine «Brücke» zu den klassischen Zeugnissen und Zertifikaten bilden. Auch Sprachkenntnisse, interkulturelle oder überfachliche Qualifikationen, Kompetenzen im Bereich Teamführung, Soft Skills oder auch Engagements ausserhalb der Curricula lassen sich mit einem Badge sichtbar machen. Für welche Angebotskategorien und Leistungsbereiche Badges zukünftig an der ZHAW zum Einsatz kommen werden, wird fortführend nach der pilotierten Vergabe zu klären sein.

Wo liegen die Potentiale der Open Digital Badges für die Hochschule?

Neben der beschriebenen Möglichkeit, erworbene Kompetenzen durch den Badge detaillierter darzustellen, liegt ein Mehrwert auch in der Erhöhung der Transparenz und Sichtbarkeit: In einem zunehmend digitalisierten Bildungsbereich stösst die Idee, Qualifikationen und Fertigkeiten einfach im digitalen Raum nachweis- und auffindbar machen zu können auf grosses Interesse. Eingescannte Teilnahmezertifikate oder Zeugnisse eigneten sich bislang nur bedingt dafür in bestehende digitale Systeme eingebunden zu werden. Gleiches gilt für das Thema Eigenmarketing im Internet oder als Kommunikationsangebot zur Vernetzung. Aber auch das Hochschulmarketing selbst kann davon profitieren, wenn die eigenen Angebote durch die Badges im Internet an Sichtbarkeit gewinnen.

«Das Projekt «Open Digital Badges» zeigt gut auf, dass die digitale Transformation einerseits neue Bedürfnisse hervorruft, gleichzeitig aber auch Lösungen für das Erfüllen dieser Bedürfnisse bietet – weiss man sie denn zu nutzen»

— Julian Keuzenkamp, Wissenschaftlicher Mitarbeiter ZHAW digital

Digital Badges können darüber hinaus auch eine Möglichkeit sein, der verstärkten Individualisierung von Bildungsverläufen Rechnung zu tragen und das Lebenslange Lernen sowie die Durchlässigkeit zwischen Hochschul- und Berufswelt zu fördern, da das Format die Modularisierung von Bildungsangeboten und niedrigschwellige Anerkennungen unterstützt.

Auf dem Weg zum ZHAW-Badge: Der Pilotprozess – Step by Step…

Nachdem zu Beginn als Ziel die Badge-Vergabe in den beiden Weiterbildungskursen «WBK Hochfrequenztechnik» (10.1.-28.2.2023) und «WBK R Boot Camp» (2.3-27.4.2023) im Frühjahrssemester festgelegt worden waren, ging es darum, Schritt für Schritt die technischen und administrativen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Vergabe zu klären. Das dafür aufgestellte Projektteam bestand im Kern aus drei Personen (SoE, ZHAW digital, Innovation Lab) und wurde phasenweise um weitere Personen erweitert, bspw. um die notwendige Fachexpertise aus der Fachgruppe Lerntechnologien und Didaktik, aus ICT und Corporate Communications, einzubinden.

… und Learning by Doing: Technische Abklärungen

Das an der ZHAW eingesetzte Lernmanagement-System Moodle bietet die Möglichkeit, Badges zu vergeben. So stand schnell fest, dass für den Pilot kein externer Provider verwendet werden sollte. Gleichwohl galt es im Rahmen der technischen Abklärungen auch Fragestellung zur Übertragung von Sach- bzw. Personendaten im Badge zu berücksichtigen. Entsprechend erforderte das Pilotprojekt neben einer grundsätzlichen IT-Expertise und Moodle-Fachwissen auch die Einbindung des ICT-Sicherheitsbeauftragten und Abklärungen mit dem Rechtsdienst.

Design-Prozess, Kommunikation und Evaluation

Parallel zu den technischen Abklärungen wurde gemeinsam mit ZHAW-Corporate Communications und einem externen Grafikbüro verschiedene Badge-Designs erarbeitet und zentral diskutiert. Das Projektteam entschied sich schlussendlich für ein schlichtes, dem ZHAW CI/CD entsprechenden Design, welches online gut lesbar bleibt. Ein weiteres Arbeitspaket im Pilot bestand schliesslich im Aufsetzen der Evaluation für die beiden Pilotklassen und der Abstimmung der begleitenden Kommunikation im Pilot-Departement.

Testlauf I und II

Zwei Wochen vor dem ersten Vergabetermin konnten in zwei intensiven Testläufen alle für eine erfolgreiche Vergabe noch offenen Fragen geklärt werden. Durchgespielt wurde hierfür der gesamte Badge-Vergabeprozess: Angefangen beim Festlegen der an den Badge gebunden Informationen in Moodle, über den Versand der Badges und der Begleitinformationen durch den Studienleiter, das Abrufen und Downloaden durch einen fiktiven WBK-Teilnehmer sowie der anschliessende individuelle Upload in ein Backpack bis hin zum Einbinden des ZHAW-Badges in ein LinkedIn-Profil.

«Das Innovation Lab beteiligt sich, um einerseits den Pilot aus Sicht der Gesamthochschule zu begleiten und andererseits die stetige Rückkoppelung in die Gesamtorganisatin vorzunehmen»

— Amanda Gill, Leiterin Innovation Lab, Ressort Bildung

Zentrale Learnings und nächste Schritte…

Im Rahmen des ZHAW-Pilotprojektes konnte die Erstellung und Vergabe von Digital Badges an der ZHAW erfolgreich praktiziert werden. Es konnte gezeigt werden, dass zukünftig die Vergabe von Open Digital Badges an der ZHAW möglich ist. Erkenntnisse über die damit verbundenen Herausforderungen und noch zu klärenden Aspekte für eine ZHAW-weite Einführung konnten ebenfalls gewonnen werden. Zentrale Learnings im Pilot betreffen insbesondere die vorzunehmenden Einstellungen und Inhalte in Moodle, das Thema Metadaten auch in Hinblick auf die technische Anbindung externer Plattformen und Überlegungen zur Gültigkeit sowie Skalierbarkeit des Badge-Designs für verschiedene Angebotskategorien bzw. Leistungsbereiche.

Weitergehend gilt es nun auch die übergreifenden Fragen zu beantworten: Für welche Leistung und auch welcher Basis soll ein Badge an der ZHAW zukünftig vergeben werden? Welche Inhalte sollen darin erfasst werden? Und: Wie sehen die Anerkennungsregeln aus? Das Fokusthema «Micro-Credentials», das 2023 im Innovation Lab bearbeitet wird, bietet die Möglichkeit, diesen spezifischen Fragen im erweiterten Kontext der «Mikrozertifizierung» nachzugehen und abgestimmte Lösungen zu finden.

Die ZHAW-School of Engineering setzt als eine der führenden technischen Bildungs- und Forschungsinstitutionen der Schweiz auf zukunftsrelevante Themen. 14 Institute und Zentren garantieren qualitativ hochstehende Aus- und Weiterbildung, Forschung und Entwicklung mit Schwerpunkt in den Bereichen Energie, Mobilität, Information und Gesundheit.

ZHAW digital schafft ermutigende Rahmenbedingungen für alle an der ZHAW, die sich mit der digitalen Transformation befassen und an innovativen Projekten in Bildung, Forschung und Administration arbeiten.

Das Innovation Lab im Ressort Bildung leistet einen Beitrag zur Bildungsentwicklung im Sinne der ZHAW-Lifelong-Learning-Strategie sowie der Strategie «Bildung und digitale Transformation»: Es ermöglicht ZHAW-übergreifend neue Ansätze und innovative Ideen praktisch zu erproben und neues Wissen aus dieser Praxis abzuleiten.

Titelbild: Ekrulila / Pexels


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