Die Energiestrategie 2050 und das Netto-Null-Treibhausgasemissionsziel bis 2050 weisen der Schweizer Energie- und Klimapolitik die Richtung. In der föderalistischen Schweiz spielen neben dem Bund auch die Kantone eine wichtige Rolle, um diesbezüglich auf Kurs zu bleiben. Eine an der ZHAW entwickelte Web-Plattform zeigt auf, wo die Kantone mit Blick auf erneuerbare Energien stehen.
Ein Gastbeitrag von Nina Boogen und Stephan Rösli
Der Cantonal Clean Energy Index (CEIS) ist eine intuitiv nutzbare Web-Plattform. Auf ihr lassen sich relevante Daten für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 einsehen und zwischen den Kantonen vergleichen. So verschafft der CEIS auch Transparenz in schwer überblickbaren Feldern und zeigt kantonale Fortschritte. Ein interdisziplinäres Team bestehend aus ZHAW-Forschenden des Zentrums für Umwelt und Energie, des Instituts für Angewandte Medienwissenschaften sowie der Fachstelle für Information Systems and Technologies hat die Plattform entwickelt. Miteinbezogen wurden zudem Tester:innen aus der Praxis.
Förderung der erneuerbaren Energien
Was mit dem CEIS möglich ist, das lässt sich am Beispiel der Förderung erneuerbarer Energien in den Kantonen illustrieren: Im Jahr 2009 wurde die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) eingeführt. Sie ist ein Förderinstrument für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Produzent:innen von neuen Wind-, Kleinwasserkraft-, Biomasse-, Photovoltaik- oder Geothermie-Anlagen werden mit einem Vergütungstarif für den ins Netz eingespeisten Strom entschädigt. Der Tarif gleicht die Differenz zwischen den Produktionskosten und dem Marktpreis für Strom aus und variiert nach Technologie, Leistungsklasse und Baujahr. Da die Erzeugung von erneuerbarer Energie dank des Technologiefortschritts tendenziell immer günstiger wird, kann der Bund die Vergütungstarife für Neuanlagen stetig senken.
Im CEIS können wir uns nun genauer anschauen, in welchem Kanton im Jahr 2021 am meisten durch die KEV geförderter Strom (pro Kopf, die Bevölkerungsgrösse wird entsprechend mitberücksichtigt) produziert wurde. Wie in Abbildung 1 – die direkt im CEIS-Webtool erstellt werden kann – ersichtlich, ist der Kanton Uri Spitzenreiter. Wie der zeitliche Verlauf zeigt, war das nicht immer so. Schauen wir uns jedoch die Auszahlungen pro Kopf an, ist der Kanton Glarus Spitzenreiter.
Das neue Fördersystem – die Einmalvergütung
Die kostendeckende Einspeisevergütung läuft jedoch dieses Jahr aus. Für die Förderung der Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) gibt es seit 2014 ein anderes Instrument: Mit der Einmalvergütung (EIV) wird abhängig von der Leistung und der Anlagenkategorie ein einmaliger Beitrag an die Anlagenbetreiber:innen ausbezahlt. Seit kurzem hat der Bund dazu auch Daten veröffentlicht. Im Jahr 2021 wurden schweizweit über 26’000 PV-Anlagen mit einer Einmalvergütung unterstützt. Dabei wurden CHF 216 Mio. ausbezahlt. Die meisten PV-Anlagen pro Kopf baute der Kanton Jura mit 6,3 Anlagen pro tausend Einwohner:innen. Am meisten Geld zahlte jedoch der Kanton Appenzell Innerhoden aus, gut CHF 57 pro Person.
«Wettbewerb» zwischen den Kantonen?
Unser ursprünglicher Gedanke am Zentrum für Umwelt und Energie zur Entwicklung des CEIS war, dass über das Ermöglichen von kantonalen Vergleichen auch ein «Wettbewerb» und gegenseitiges Lernen zwischen den Kantonen angestossen werden kann. Ob das in Zukunft so kommen wird, bleibt abzuwarten. Eine Anekdote stimmt uns aber positiv: An einer Tagung im Herbst 2020 wurde ich von einer Person aus dem Kanton Uri gefragt, wieso sein Kanton noch nicht ganz vorne mit dabei sei, sie hätten doch gerade so viel gemacht im Bereich erneuerbare Energien.
Cantonal Clean Energy Index ist online
Der CEIS wurde vom Energy Research Board der ZHAW (ZERB) gefördert und ist seit kurzem als Beta-Version online verfügbar: www.clean-energy-index.ch
Über die Autor:innen:
Nina Boogen ist promovierte Umweltökonomin und arbeitet zu Themen wie Energieeffizienz in Haushalten, Evaluation von Politikmassnahmen im Energiebereich und verhaltensökonomischen Themen im Energie- und Klimabereich. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Energie und Umwelt der ZHAW.
Stephan Rösli ist promovierter Kommunikationswissenschaftler. In seiner Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Angewandte Medienwissenschaften der ZHAW fokussiert er in Forschung und Lehre auf Themen der Politischen Kommunikation und leitete den gleichnamigen CAS-Studiengang.