An den diesjährigen Eduhub Days, der Konferenz für E-Learning, Technologie und Didaktik an Schweizer Hochschulen, drehte sich alles um das Thema Lernräume. Knapp zwanzig Studierende aus der ganzen Schweiz waren dabei eingeladen, in einem begleiteten Design Thinking Prozess ideale Learning Spaces zu gestalten. Die Ergebnisse sind zukunftsweisend und lassen sich auch auf aktuelle Lehr-Lernszenarien adaptieren.
Ein Beitrag von Lisa Messenzehl
«Inspirierend», «absolut empfehlenswert», «intensiv»: so beschrieben die Studierenden, die sich ein paar Wochen zuvor für die EduSpace Challenge als Teil der Eduhub Days beworben hatten, die Erfahrung: In Kleingruppen mit Studierenden von unterschiedlichen Hochschulen und Studiengängen zusammengewürfelt, erhielten sie die Aufgabe, während eineinhalb Tagen ideale Lernräume zu erschaffen. Mit der Unterstützung von zwei erfahrenen Design Thinking Coaches wurde gebrainstormt, für Ideen gevotet, konzipiert und wieder verworfen, und schliesslich mit Materialien wie Lego, Papier und Kleber gebastelt. Die Studierenden entwickelten unter enormen Zeitdruck und in kürzesten Iterationen bunte, originelle Modelle, welche sie am Ende der Tagung den Konferenzteilnehmenden vorstellten. Die erarbeiteten Learning Spaces können sich sehen lassen!
Die Projekte im Detail
Das Team «Dreamspace» hatte eine klare Vision: einen innovativen Campus in der Natur zu schaffen, der die Grenzen herkömmlicher Lernräume sprengt. Der Prototyp «NAMPUS» ist eine transparente Kuppel, die sich harmonisch in die natürliche Umgebung einfügt und verschiedene Lernumgebungen bietet: von klassischen Hörsälen und Gruppenarbeitsräumen über einen Ruheraum bis hin zu der Gelegenheit, sich in der Natur gemeinsam zu erholen, z.B. auf einem Boot. NAMPUS verfügt ausserdem über eine durch KI unterstützte Verwaltung, setzt komplett auf erneuerbare Energien und ist barrierefrei, sodass der Campus für alle zugänglich ist.
Das Team hinter «Disk» entwickelte einen Prototyp einer digitalen Lernplattform, die sämtlichen individuellen Lernbedürfnissen der Studierenden gerecht wird. Die intuitive, personalisierbare Oberfläche ermöglicht es nicht nur, Materialien, Aufgaben und Termine an einem Ort zu organisieren und sich mit anderen Studierenden auszutauschen, sondern auch eigene Ziele zu setzen und den Lernfortschritt zu sehen. Über einen «mood button» können Farbe, Sound und ganz allgemein Atmosphäre der Plattform an die eigene Stimmungslage angepasst werden. Das individuell gestaltbare «vision board» hält die Studierenden beim Lernen motiviert, da sie die höheren Ziele und den Zweck ihrer Anstrengungen im Blick behalten.
Der Prototyp Nεφελη («Nefele») der gleichnamigen Gruppe verlässt ebenfalls die Idee von starren – diesmal physischen – Lernräumen mit vordefinierten Layouts. Ihr Modell ist anpassungsfähig und veränderbar wie eine Wolke (griechisch «Nefele»), welche die Flexibilität des Ansatzes symbolisieren soll. Mit verschiebbaren Wänden, beweglichem Mobiliar und individuell anpassbaren Lichtquellen kann der Learning Space täglich den individuellen Bedürfnissen ihrer Protagonisten – der Lernenden – angepasst werden. Gefördert und ermöglicht wird dies durch direkte Kommunikationskanäle zwischen der Hochschule und den Lernenden. Eine digitale Plattform unterstützt die Studierenden dabei, ihre Bedürfnisse und Wünsche effektiv zu artikulieren und die Lernräume auf die dynamischen Vorlieben und Anforderungen auszurichten.
Der Prototyp «CODO» der Gruppe «E-Land» ist ein rundes Glasgebäude, der von der Form her an einen Donut erinnert. Der zentrale Innenhof ist als Park gestaltet und bietet den Lernenden Zugang zu Natur. An Regentagen wird das Parkgelände durch eine Glaskuppel geschützt und ist gleichermassen nutzbar. Der über das Gebäude hinausragende digitale «Progress Tower» fügt der Lernumgebung eine innovative Dimension hinzu: Über ein Device können Lernziele eingegeben werden, die dann am Tower erscheinen. Diese Funktion fördert nicht nur das eigene Verantwortungsgefühl und die Motivation, sondern auch eine unterstützende Gemeinschaftsdynamik, da die Lernenden die Leistungen der anderen miterleben. Ausserdem hält CODO Lernräume für unterschiedlichste Zwecke bereit.
Vielfalt als Gemeinsamkeit
Die vier Studierendengruppen haben in wenigen Stunden zukunftsweisende Lernumgebungen von Hochschulen erschaffen und dabei je eigene Akzente gesetzt: Nachhaltige Integration in die Natur, flexible Lernräume, eine personalisierbare Plattform und einen Turm der Lernfortschritte. Ihren Modellen gemeinsam ist die Anerkennung der Vielfalt von individuellen Bedürfnissen und Vorlieben in Bezug auf die Lernräume. Der Wunsch nach abwechslungsreichen, flexibilisierbaren Learning Spaces findet sich in allen Prototypen wieder. Zudem ist das emotionale und soziale Wohlbefinden der Studierenden als Voraussetzung für eine hohe Lernmovation ein zentrales Element aller Modelle.
Die Ergebnisse der Design Thinking Challenge machen deutlich, in welche Richtung Studierende das Thema Lernräume denken. Sie wurden von den Konferenzteilnehmenden begeistert aufgenommen und in der Community weiter diskutiert. Einige der Ideen müssen nicht auf den Bau eines neuen Campus warten, sondern lassen sich bereits mit den heutigen Strukturen umsetzen. Und wer weiss: Vielleicht finden wir in einigen Jahren auch irgendwo in der Schweiz einen Bildungs-Donut…
Die EduSpace Challenge konnte dank der Unterstützung von ZHAW digital und Switch durchgeführt werden.
Bilder und Video: intern