Mit ChatGPT im Vorlesungssaal

Generative KI, wie ChatGPT, wird in Zusammenhang mit Bildung heiss diskutiert. Doch welchen Einfluss hat die Technologie auf die Lehre? Zwei Dozierende sprechen über ihre Erfahrungen und zeigen, wie generative KI die akademische Welt verändert.

Ein Beitrag von Thomas Schläpfer

Einen Artikel über den Einsatz von ChatGPT an der ZHAW kann mir die KI nicht liefern. So weit sind wir noch nicht – zum Glück für meine Autorentätigkeit. Doch seit Jahresbeginn haben sich die Entwicklungen rasant beschleunigt und wer sich regelmässig mit Texten auseinandersetzt, kommt an ChatGPT nicht vorbei. Beispielsweise ermutigt Physik-Dozent Kurt Pernstich seine Studierenden, ihre technischen Berichte gemeinsam mit ChatGPT auszuformulieren. «Mit ChatGPT können Studierende Zeit bei der Formulierung von Sätzen sparen und diese in die Optimierung ihres Inhalts investieren», erklärt der Dozent am Institute of Computational Physics. Jedoch zögern die Studierenden ChatGPT in ihren Arbeitsabläufen einzusetzen, so dass sich generative KI in Pernstichs Vorlesungssaal bislang nicht durchgesetzt hat.

DeepL als Vorbote

Von kritischem Mistrauen bis hin zu leichter Panik beschreibt Alice Delorme Benites ihre Gefühle, die sie nach dem ersten Kontakt mit dem Tool hatte. Die Co-Leiterin am Institut für Übersetzen und Dolmetschen spricht allerdings nicht von ChatGPT, sondern von DeepL, das im Jahr 2016 die Übersetzungsberufe forderte. Heute sieht sie ihre damaligen Bedenken gelassen. «Wir lernten schnell, mit der Maschine zu arbeiten. Neue Fähigkeiten ersetzen alte – das ist ein natürlicher Prozess», meint die Professorin. «Die Ängste und Erwartungen relativieren sich zudem sehr schnell, wenn man mit diesen Tools zu arbeiten beginnt und merkt, dass die schöneren und anspruchsvolleren Aufgaben mehr Platz bekommen», erklärt sie.

Futuristischer Hochschulcampus als Ölgemälde, generiert durch die künstliche Intelligenz Dall E und gepromptet von Thomas Schläpfer

Heute nimmt die Institutsleiterin reisserische Schlagzeilen über ChatGPT nicht mehr ernst. «Ich verfolge seit längerem die Entwicklung automatischer Textgenerierung und konnte dank meinen Erfahrungen mit DeepL bereits wertvolle Erkenntnisse über den Umgang mit solchen Technologien gewinnen», erklärt Benites. Als wesentlichen Erfolgsfaktoren für den Einsatz von ChatGPT in der Bildung sieht sie die Neugier der Dozierenden – sowohl in Bezug auf die Technologie, als auch im Hinblick auf die Arbeitsweisen der Studierenden mit ChatGPT.

Zögerliche Integration in den Unterricht

Neugierig machen Pernstich vor allem die Gründe für die Nichtverwendung des Tools. «Ich war schon überrascht, dass die Studierenden sich nicht sofort auf ChatGPT gestürzt haben». In seinem Projektmodul erstellen die Studierenden zuerst einen stichwortartigen Zwischenbericht und darauf aufbauend einen ausformulierten Schlussbericht. Er betont, dass ChatGPT ihnen bei der Formulierung ansprechender Sätze helfen könne, sodass sie sich vollständig auf den Inhalt konzentrieren könnten. Weil Pernstich von der Bedeutung technischer Hilfsmittel wie ChatGPT in der Bildung überzeugt ist, ermutigt er seine Studierenden zur Nutzung. Trotzdem reagieren die Studierenden zunächst zögerlich. Doch er bleibt zuversichtlich und betont, dass diejenigen, die ihr volles Potenzial ausschöpfen möchten, früher oder später mit generativer KI zusammenarbeiten werden. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit.

*Dieser Artikel wurde von ChatGPT auf Rechtschreib-, Fall- und Kommafehler überprüft und hat drei Fehler gefunden, die ich korrigieren konnte.


Neue Richtlinie
So unterschiedlich wie die Einsatzgebiete von generativer KI ist auch der Umgang mit solchen Tools. Damit an der ZHAW kein Flickenteppich entsteht, wurde die Richtlinie «Verwendung generativer KI-Systeme bei Leistungsnachweisen» erstellt. «Mit der Richtlinie möchten wir den Dozierenden und Studierenden eine klare Orientierung bieten, um den Einsatz dieser Tools verantwortungsvoll und effektiv zu gestalten», erklärt Lisa Messenzehl-Kölbl, Co-Autorin der Richtlinie und Leiterin der Fachgruppe Lehrtechnologien und Didaktik. «Gemeinsam mit den Departementen haben wir Grundsätze ausgearbeitet, wie Studierende KI-Systeme in Arbeiten verwenden können. Klar ist aber auch, dass sich nicht nur die Technologie schnell und vielfältig entwickelt, sondern sich auch international eine Handhabung etablieren wird, zum Beispiel wie KI ‘zitiert’ wird», so Messenzehl weiter. Deshalb sei die Richtlinie auch als Momentaufnahme zu verstehen, die aufgrund künftiger Erfahrungen und Erkenntnissen fortlaufend reflektiert und angepasst werden muss.


Kompetenzzentrum für Generative KI
Generative KI ist an der ZHAW kein Neuland. Das Kompetenzzentrum für Generative Künstliche Intelligenz (KI) untersucht das Potenzial von Algorithmen wie ChatGPT und Stable Diffusion, die in der Lage sind, neue Inhalte zu generieren. Durch die Arbeit an und mit diesen Modellen unterstützt das Zentrum Interessierte bei Fragen und Unsicherheiten und trägt dazu bei, ein besseres Verständnis für die gesellschaftlichen Auswirkungen solcher Technologien zu entwickeln.
Zudem bietet das Kompetenzzentrum einen Weiterbildungskurs zum Umgang mit generativen KI-Systeme in Lehre und Weiterbildung. Dabei werden disruptive Potenziale von Algorithmen wie ChatGPT oder Stable Diffusion in Lehre und Weiterbildung behandelt, einschliesslich Auswirkungen, nützlicher Anwendungen, Lernzielen, Leistungsnachweisen, rechtlichen Aspektes und zukünftiges Entwicklungen.

Titelbild: Universität der Zukunft als Ölgemälde, generiert durch die künstliche Intelligent Dall E und gepromptet von Thomas Schläpfer


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