Endlich Zeit zum Lesen! Wer noch auf der Suche nach anregender (Fach)Lektüre für die Sommerpause ist, könnte hier fündig werden. Die drei vorgestellten Publikationen beleuchten, die Potentiale der Digitalisierung für die weitere Internationalisierung der Hochschule in der Lehr- und Lernpraxis (“The Digital Turn in Internationalization”, 2021), untersuchen am Beispiel von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Perspektiven post Covid-19 (“Entwicklungspfade für die Hochschule und Lehre nach der Corona-Pandemie”, 2021) und stellen die Fragen nach Klassikern und der Bedeutung der “Klassiker-Frage” für die Hochschuldidaktik (“Klassiker der Hochschuldidaktik? Kartografie einer Landschaft”, 2020).
The Digital Turn in Internationalization. Herausgegeben von Svenja Bedenlier & Elisa Bruhn-Zass
Reihe: Zeitschrift für Hochschulentwicklung (ZFHE), Jg. 16 / Nr. 2 (Juni 2021)
Graz: Verein Forum Neue Medien in der Lehre Austria
Die beiden Querschnittsthemen Digitalisierung und Internationalisierung verbinden sich auf unterschiedliche Weise in der hochschulischen Praxis. Welche innovativen Potentiale für Hochschulen aus der integrierten Betrachtung beider Themenfelder und der Verbindung der Diskurse erwachsen können – u.a. für die Lehre oder die Erweiterung physischer Mobilität durch ein hybrides Verständnis analoger und digitaler Räume – dieser Frage geht das vorliegende Themenheft «The digital Turn in Internationalization» nach.
Das von Svenja Bedenlier (FAU Erlangen-Nürnberg) und Elisa Bruhn-Zass (GIZ) herausgegebene Themenheft umfasst 12 Beiträge, die anhand konkreter Fall- und Projektbeispiele die Verschränkung von Digitalisierung und Internationalisierung auf curricularer Ebene verhandeln und aufzeigen, wie die Verzahnung praktisch auf Ebene des Lehrens und Lernens an der Hochschule aussehen kann. Die Themen, die in den Beiträgen behandelt werden, reichen von der hochschulübergreifenden Gestaltung und Durchführung international-digitaler Seminare, virtuellen Studienreisen, digitalen Unterstützungsformate für internationale Studienanfänger*innen bis hin zu bildungstechnologischen Fragestellungen (Videos und Plattformen).
Gemäss den Herausgeberinnen verdeutlichen die Beiträge, dass in der hochschulischen Lehr-/Lern-Praxis aus einer Bottom-up-Perspektive aktuell Entwicklungen erfolgen und zahlreiche Ansätze erprobt werden, sich diese Entwicklungen bislang jedoch nicht flächendeckend in hochschulischen Internationalisierungsstrategien widerspiegeln. Die beitragenden Autor*innen des Themenhefts erweitern mit ihren Arbeiten ein Feld und bieten Anschlussmöglichkeiten für weitere Forschung und Praxis (S.14).
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Entwicklungspfade für die Hochschule und Lehre nach der Corona-Pandemie. Von Sonja Sälzle, Linda Vogt, Jennifer Blank, André Bleicher, Ingrid Scholz, Nadja Karossa, Renate Stratmann, Thomas D’Souza
Eine qualitative Studie mit Hochschulleitungen, Lehrenden und Studierenden
Baden-Baden: Tectum-Verlag 2021
Eine Studie des Instituts für Bildungstransfer der Hochschule Biberach in Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle der Studienkommission für Hochschuldidaktik an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg
In Folge der Corona-Pandemie mussten Hochschulen 2020 von heute auf morgen auf digitalen Betrieb und rein digitale Lehr-Lernsettings umstellen. Die Studie untersucht am Beispiel von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), wie sich die Hochschullehre während und nach den Corona-Semestern entwickelt hat und fragt nach den Entwicklungspfaden, die aus den Erfahrungen der digitalen Semester für Hochschulen und Lehre abgeleitet werden können.
Um das komplexe System Hochschule während der Corona-Semester möglichst ganzheitlich und differenziert reflektieren zu können, wurde ein qualitativer Forschungsansatz gewählt und zwischen Januar und Mitte März 2021 in 34 Einzelinterviews und Fokusgruppen insgesamt 86 Hochschulleitungen, Lehrende und Studierende an 11 der 24 Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Baden-Württemberg interviewt. Die verschiedenen Gruppen von Akteur*innen (Hochschulleitungen, Lehrende, Studierende) wurden in drei Zugängen themenfokussiert befragt, um unterschiedliche Perspektiven miteinander in Verbindung zu bringen. Ausgehend von den Dimensionen Akteur*innen, Strukturation und Strategie wurden weitergehend aus den Daten acht Leitmotive erfasst und basierend darauf Handlungsimpulse abgeleitet.
Ausblickend wird festgehalten, dass das Neue nicht im Vorhandensein digitaler Lehre nach Corona besteht, sondern vielmehr in der Art und Weise, wie Präsenzhochschulen post Corona digitale Lehre in ihre Strategie integrieren und den Mix der Lehr-/Lernformate neu definieren. Wie sie den entstandenen Kontingenzraum gestalten und die Transformationsprozesse in eine gesteuerte Pfadentwicklung überführen (S.201/202).
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Klassiker der Hochschuldidaktik? Kartografie einer Landschaft. Herausgegeben von Peter Tremp und Balthasar Eugster
Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden 2020
Gibt es Klassiker der Hochschuldidaktik? Welche Bedeutung hat die Klassiker-Frage überhaupt für die Hochschul-didaktik? Ausgehend von Überlegungen zur Rolle von Klassikern für das Selbstverständnis einer wissenschaftlichen Disziplin und die Markierung ihres professionellen Gegenstandsbereiches, strebt der Band eine Kartografie der hochschuldidaktischen Landschaft an. Ziel des Bandes soll dabei nicht die Erstellung einer Klassiker-Liste der Hochschuldidaktik sein, sondern vielmehr der Versuch einer skizzenhaften «Vermessung» eines (Arbeits)Feldes und ein Beitrag zu dessen Klärung und zur Weiterentwicklung einer Disziplin mit «Patchworkidentität» (S.218). Hierfür versammelt die von Peter Tremp (PH Luzern) und Balthasar Eugster (Universität Zürich) herausgegebene Publikation in drei Teilen Beiträge 18 verschiedener Autor*innen und stellt verschiedene Theoriekontexte aus Disziplinen vor, denen sich die Hochschuldidaktik verbunden fühlt.
Im ersten Teil («Weshalb Klassiker?») werden in fünf Beiträgen grundsätzliche Gedanken zur Funktion von Klassikern für die disziplinäre Selbstverständigung und den (hochschuldidaktischen) Diskurs diskutiert. Im zweiten Teil («Verwandtschaftliche Anregungen») stehen Texte im Fokus, die in ihren Ursprungsdisziplinen als Klassiker gelten. Die Autor*innen der Beiträge untersuchen Denkkonzepte und praktische Handlungsmuster aus Referenzdisziplinen der Hochschuldidaktik und fragen nach der Nutzbarmachung dieser Positionen für die noch recht junge Disziplin Hochschuldidaktik und ihren Gegenstandsbereich (S.101/102). Die wissenschaftliche Verortung der Beiträge reicht dabei von der antiken Philosophie, über die Bildungstheorie bis zur Sozialpsychologie. Im dritten Teil («Wegmarken erkunden») schliesst sich der Kreis zur Leitfrage der Publikation: Exemplarisch werden Konzepte und Theorien, die in der hochschuldidaktischen Praxis und im zugehörigen Diskurs eine gewisse Bedeutung erlangt haben – von Lernzieltaxonomie bis zum Constructive Alignment, vom Forschenden Lernen bis zum Third Space – vorgestellt und die Frage angeknüpft, was die vorgestellten Ansätze zum Verständnis von Hochschuldidaktik als Disziplin beitragen (S. 218).
Danke Svenia, für die Sommerlektüre 🙂
Ich habe auch noch eine Lese-Empfehlung für alle, die sich fragen, wie es mit dem Digitalen Lernen weitergehen könnte:
Rethinking Pedagogy for a Digital Age: Principles and Practices of Design (Beetham and Sharpe, 2020). Als e-Book in der ZHAW Hochschulbibliothek verfügbar: https://doi.org/10.4324/9781351252805