Die Zukunft regionaler Kleinproduzenten

Ein Beitrag von Angelina Seiler

Abbildung 1: Landidylle, nur wie lange noch? (Bild von Ricardo Gomez Angel on Unsplash)

In der Schweiz stehen kleine Landwirtschaftsbetriebe unter Preis- und Effizienzdruck und zwischen 2000 und 2018 sind rund 50’000 Stellen im Agrarsektor verloren gegangen. Gleichzeitig sind diese kleinen und oft regional agierenden Landwirtschaftsbetriebe durch ihren Strukturreichtum wichtig fürs Ökosystem und werden von Konsument*innen geschätzt. Doch weshalb nimmt die Anzahl der Betriebe ab, wenn sie doch von so hoher Bedeutung sind?

Schweizer Bauernbetriebe wachsen

Als kleiner Landwirtschaftsbetrieb gilt ein Betrieb mit weniger als 2 Hektaren Fläche. In der Schweiz ist die Mehrheit aller landwirtschaftlicher Betriebe grösser als 5 Hektare, die Tendenz zu grösseren Betrieben ist während der letzten Jahrzehnte steigend.1 Gleichzeitig verschwanden während der letzten zwanzig Jahre rund 20’000 Landwirtschaftsbetriebe.2 Vermutlich schlossen sich viele kleinere Höfe zusammen oder wurden durch grössere Betriebe übernommen.

Alles eine Frage der Effizienz…

Dass grosse landwirtschaftliche Betriebe gegenüber ihren kleineren Pendants gewisse Vorteile besitzen, ist verständlich. Die Anschaffung grösserer Geräte und ähnlicher Investitionen ist lukrativer, je mehr Fläche damit bearbeitet werden kann.1 Um der geforderten Effizienz gerecht zu werden geht der Trend hin zu grossen, hochspezialisierten Betrieben mit direktem Anschluss an Grossverteiler. Produziert wird mit grossen Maschinen, wenigen Arten und noch weniger Arbeitskräften.3

Jedoch stellt sich immer wieder die Frage wie widerstandsfähig solche Systeme auf Krisensituationen reagieren, sei es auf Klimaveränderungen oder globale Ausnahmezustände. In der Corona-Pandemie zeigten sich die Schwachstellen stark industrialisierter Lebensmittelketten durch Versorgungsengpässe und fehlenden Erntehelfer*innen.4,5

… aber eben auch der Resilienz

Die Kleinbauern Vereinigung Schweiz zieht eine positive Bilanz: Die kleinräumige Schweizer Landwirtschaft sei resilient, besonders dann, wenn Betriebe einen guten Kontakt zu Konsument*innen pflegen, über genügend Arbeitskräfte verfügen und ihre Produkte regional verarbeiten und verkaufen.3 So verzeichneten direktvermarktende Kleinproduzent*innen während der beiden Corona-Lockdowns regen Zuwachs.6,7

Und wie weiter?

Eine Studie zum Konsumverhalten der Hochschule Luzern während der Corona-Pandemie zeigt wie beliebt Lebensmittel aus der Schweiz und besonders Regionalprodukte sind. Seit Corona sind diese sogar noch stärker gefragt als zuvor. Jedoch wurde innerhalb derselben Studie auch festgestellt, dass Konsument*innen Schwierigkeiten haben, geplantes Verhalten umzusetzen. Während der Lockdowns entdeckten viele den Einkauf im Bauernhofladen und gaben an, in Zukunft noch mehr dort kaufen zu wollen.8 Direktvermarkter*innen bemerkten jedoch eine rückläufige Nachfrage, sobald die Lockdowns beendet waren. Nach wie vor im Trend sind hingegen Gemüse-Abos und andere Lieferdienste.6 Vermutlich lassen sich Tagesabläufe ausserhalb vom Home Office nur schwer mit dem Einkauf im Hofladen verbinden.

Neue Wege gehen

Viele Konsument*innen wären bereit direkt beim Produzenten einzukaufen und für ein qualitativ hochwertiges und authentisches Produkt auch einen Mehrpreis zu bezahlen. Regionale Produzent*innen werden zudem als glaubwürdig wahrgenommen, dabei ist Transparenz seitens des Produzierenden jedoch essenziell.9

Dieser Vertrauensbonus muss nun kommuniziert und genutzt werden, da Kundenkommunikation viel Zeit in Anspruch nimmt und kleine Betriebe oft mit einer hohen Arbeitsbelastung zu kämpfen haben, lohnt sich eine Kooperation mit anderen regionalen Kleinproduzenten.10

Solche Kooperationen ermöglichen einen gemeinsamen Auftritt gegenüber Konsument*innen, Ware kann miteinander verkauft und Interessen zusammen vertreten werden. In einer solchen Kooperation können zudem auf die Region zugeschnittene Absatzstrategien erarbeitet werden.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Bachelorstudiums «Umweltingenieurwesen».


Literatur

1 Kolly, M. (17. Februar 2020). Bauern in der Schweiz: Abschied von der Idylle. Republik. Abgerufen von https://cdn.repub.ch/pdf/2020/02/17/bauern-in-der-schweiz-abschied-von-der-idylle.pdf

2 Schultz, E. (02. Juni 2021). Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der Schweiz in den Jahren 2000 bis 2020. Statista. Abgerufen von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/305367/umfrage/landwirtschaftliche-betriebe-in-der-schweiz/

3 Kleinbauern-Vereinigung. (29. Juni 2020). Mediendossier: Eine vielfältige Landwirtschaft ist krisenresistenter. Kleinbauern-Vereinigung. Abgerufen von https://www.kleinbauern.ch/wp-content/uploads/2020/06/Dossier_Vielfalt_Krisenresistenz.pdf

4 Liburkina, R. & Otto L. (2021). Lebensmittel, Landwirtschaft, Lieferketten in der Krise: Verantwortung situieren. In: A. Brink, B. Hollenstein, M.C. Hübscher & C. Neuhäuser (Hrsg.), Lehren aus Corona (zfwu Sonderband). Baden-Baden, DE: Nomos Verlagsgesellschaft. https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748909460/lehren-aus-corona

5 iPES Food. (April 2020). COVID-19 and the crisis in food systems: Symptoms, causes, and potential solutions. Communiqué by IPES-Food. Abgerufen von http://www.ipes-food.org/_img/upload/files/COVID-19_CommuniqueEN%283%29.pdf

6 Sarbach, N. (02. Februar 2021). Die Pandemie beflügelt Hofläden. Berner Oberländer.Abgerufen von https://www.berneroberlaender.ch/die-pandemie-befluegelt-hoflaeden-887924584320

7 Schärer, A. (14. November 2020). Die zweite Corona-Welle ist da – auch in den Hofläden. Bauern Zeitung. Abgerufen von https://www.bauernzeitung.ch/artikel/die-zweite-corona-welle-ist-da-auch-in-den-hoflaeden

8 Zbinden, M., Georgi, D., Boenigk, M., Dahinden, L., Baars, J.E. & Bründler, S. (2021) Wie „nachhaltig“ ist der Corona-Effekt auf das nachhaltige Konsumentenverhalten? Hochschule Luzern (HSLU), Institut für Kommunikation und Marketing (IKM). Luzern: Stiftung Mercator.

9 Feige, S., Annen, R., Hirsbrunner, R. & Scharfenberger, P. (2017). Regionalprodukte: Was ist Herkunft wert?. St. Gallen: htp St. Gallen.10 Böhm, M. & Krämer, C. (2020) Neue und innovative Formen der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte – Analyse und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen. ECOZEPT GbR & Projektbüro mareg (markt + region). Abgerufen von https://orgprints.org/id/eprint/37311/1/37311-15NA192-ecozept-boehm-2020-innodirekt.pdf


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