Quinoa hat’s in sich

Ein Beitrag von Aline Steinmann

Abbildung 1: Ernte von verschiedenen Quinoa-Sorten in den Anden (pxfuel.com, CC0 1.0)

Wortwörtlich, denn das Pseudogetreide enthält alle neun essenziellen Aminosäuren. Das ist für ein pflanzliches Lebensmittel äusserst ungewöhnlich. Quinoa ist so reich an Mineralien wie kaum ein anders Korn. Und es gilt als eine der besten pflanzlichen Eiweissquellen. Kein Wunder wird Quinoa als Superfood bezeichnet. Aber…

…ist das Superfood wirklich so super?

Die Inhaltsstoffe der kleinen Körnchen sprechen ganz klar für ein perfektes Grundnahrungsmittel [1]. So ist es nicht verwunderlich, dass die Nachfrage weltweit gestiegen ist. Der Trend zu einer gesunden und veganen Ernährung macht das Korn zu einem gefragten Lebensmittel. Damit Quinoa auf dem internationalen Markt in genügend grossen Mengen angeboten werden kann, muss der Anbau intensiviert werden. Darüber, wie sich die Produktionssteigerung von Quinoa auswirkt, wird kontrovers diskutiert. Je nach Betrachtungsweise werden die sozioökonomischen und ökologischen Folgen unterschiedlich wahrgenommen.

Quinoa-Konsum in den Anbauländern Südamerikas

Aufgrund des Quinoa-Booms haben sich die Preise auf den internationalen Märkten von 1999 bis 2008 fast verdreifacht. Da der hohe Verkaufspreis für Kleinbauern in Bolivien lukrativ ist, exportieren sie in westliche Länder und verzichten auf den Konsum des traditionellen Nahrungsmittels. Auch die lokale Bevölkerung konsumiert weniger Quinoa, da der Preis im Produktionsland durch die internationale Konkurrenz stark angestiegen ist [2]. Eine mögliche Lösung zur Minderung des Preisdrucks ist die Vermeidung von Zwischenhandel auf dem Markt. So erhalten die Bäuerinnen und Bauern einen grösseren Anteil am Verkaufspreis [3].

Intensivierung des Anbaus

Um die wachsende Nachfrage zu decken, wird eine Ertragsmaximierung angestrebt. Die Intensivierung der Produktion bringt eine nicht nachhaltige Landnutzung mit sich und die Fruchtbarkeit der natürlichen Ressource Boden wird beeinträchtigt. Aufgrund der Effizienzsteigerung geben die Bauern die traditionellen Anbaumethoden auf [2]. Dadurch vermindert sich die angebaute Vielfalt an Quinoa-Sorten. Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, ist es aber von grosser Bedeutung, den Anbau von verschiedenen Sorten aufrechtzuerhalten (Abbildung 1) [4].

Regionaler Anbau in der Schweiz – Die Lösung?

Es stellt sich also die Frage, wie man die Anbauländer vor den negativen Folgen der Produktionssteigerung schützen könnte. Weil Regionalität von Lebensmitteln in der heutigen Zeit grossgeschrieben wird, wäre ein logischer Schluss, Quinoa in der Schweiz anzubauen. Import nicht mehr nötig – Problem gelöst? Obwohl die Arbeitsbedingungen besser und die Saläre in der Schweizer Landwirtschaft höher sind als im Ausland, raten einige Stimmen von einer lokalen Produktion ab: Die südamerikanischen Bauernfamilien haben den internationalen Markt über Jahrzehnte aufgebaut und der Anbau in der Schweiz würde eine grosse Konkurrenz darstellen [5]. Ausserdem könnte es zu einem plötzlichen Einkommensverlust für die südamerikanische Produktion kommen [6].

Es gibt also keine eindeutige Lösung für das kontroverse Thema. Das wäre auch viel zu einfach. Deshalb sind die erwähnten Auswirkungen des Quinoa-Anbaus ein guter Diskussionsstoff – sei es vor dem Regal im Supermarkt oder beim Mittagessen zu Hause.

Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen des Bachelormoduls Welternährungssysteme des Studiengangs Umweltingenieurwesen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW im Frühjahrssemester 2020.

Quellen

[1] Rehberg, C. (2020). Quinoa – Gesundes Eiweiss in Hülle und Fülle, abgerufen am 22.3.2020 von https://www.zentrum-der-gesundheit.de/quinoa.html

[2] Jacobsen, S. E., 2011: The situation for quinoa and its production in southern Bolivia: from economic success to environmental disaster. J. Agron. Crop Sci. 197, 390–399.

[3] Ofstehage, A. (2012). The construction of an alternative quinoa economy: Balancing solidarity, household needs, and profit in San Agustín, Bolivia. Agriculture and Human Values, 29(4), 441–454.

[4] Ruiz, K. B., Biondi, S., Oses, R., Acuña-Rodríguez, I. S., Antognoni, F., Martinez-Mosqueira, E. A., Coulibaly, A., Canahua-Murillo, A., Pinto, M., Zurita-Silva, A., Bazile, D., Jacobsen, S.-E., & Molina-Montenegro, M. A. (2014). Quinoa biodiversity and sustainability for food security under climate change. A review. Agronomy for Sustainable Development, 34(2), 349–359.

[5] Winkel, T., Álvarez-Flores, R., Bertero, D., Cruz, P., del Castillo, C., Joffre, R., Peredo Parada, S., & Sáez Tonacca, L. (2014). Calling for a reappraisal of the impact of quinoa expansion on agricultural sustainability in the Andean highlands. Idesia (Arica), 32(4), 95–100.

[6] Winkel, T., Bommel, P., Chevarría-Lazo, M., Cortes, G., Del Castillo, C., Gasselin, P., Léger, F., Nina-Laura, J.-P., Rambal, S., Tichit, M., Tourrand, J.-F., Vacher, J.-J., Vassas-Toral, A., Vieira-Pak, M., & Joffre, R. (2016). Panarchy of an indigenous agroecosystem in the globalized market: The quinoa production in the Bolivian Altiplano. Global Environmental Change, 39, 195–204.


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