Im vierten Teil der Schlussevaluation widmen wir uns der didaktischen Perspektive des papierlosen Studiums und dem Einsatz der Tablets im Unterricht und im Selbststudium.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Studierenden der Klasse BT13, da es der einzige Studienjahrgang ist, der noch den Unterschied zum papierbasierten Studium kennt. Die jüngeren Studienjahrgänge BT14 und BT15 haben bereits seit Beginn ihres Studiums an der ZHAW papierlos mit einem Tablet gearbeitet.
Tablet-Nutzung während des Unterrichts
Die Studierenden nutzen das Tablet während des Unterrichts vor allem für folgende drei Aktivitäten:
- Erfassen von Notizen mit der Tastatur
- Hervorheben von Textstellen
- Nachschlagen von Informationen im Internet
Die Notizen werden in der Regel mit der Tastatur erfasst, allerdings gaben 62% der Studierenden an, mind. gelegentlich auch handschriftliche Notizen und Skizzen auf dem Tablet zu erfassen.
Bei einer genaueren Betrachtung fällt auf, dass die Klasse BT13, die erst im 3. Semester auf papierlos umstellte, alle drei Aktivitäten seltener ausübt als die Klassen BT14 und BT15. Der Unterschied ist vor allem bei den handschriftlichen Notizen sehr ausgeprägt: Während bei BT13 nur 15% der Studierenden regelmässig (immer/oft) handschriftliche Skizzen und Notizen mit dem Tablet anfertigt, sind es bei BT14/15 fast drei Mal so viele. BT13 und BT14 haben zwar dieselben Gerätetypen erhalten, aber in der Klasse von BT13 gibt es mehr Dell-NutzerInnen. Dadurch waren bei BT13 mehr Studierende von den technischen Problemen mit der Stifterkennung und dem Touchscreen beim Dell Venue 11 Pro betroffen.
Ablenkung ist nur ein Klick entfernt
Der Grossteil der Studierenden folgt dem Unterricht gemäss eigenen Angaben aufmerksam und sucht mind. gelegentlich den Augenkontakt mit der Lehrperson. 43% der Studierenden gab jedoch an, mind. gelegentlich nebenbei auf Social Media zu surfen, wobei dies bei den Dell-NutzerInnen mit über 50% deutlich ausgeprägter ist als bei den iPad-NutzerInnen (28%).
Der Anteil der Studierenden, die sich nicht aktiv in Diskussionen einbringen und selten bis nie eine Frage stellen ist mit über 45% relativ hoch, wobei das Interaktionslevel natürlich stark vom Unterrichtsformat abhängt. Da Studierende Informationen jederzeit im Internet nachschlagen können, könnte es z.B. sein, dass sie als Folge der Lehrperson weniger Fragen stellen. Dazu können wir aber wegen fehlenden Vergleichsmöglichkeiten keine konkreten Aussagen machen.
Tablet-Nutzung während des Selbststudiums
Für 80% der Bachelorstudierenden in Biotechnologie ist das Recherchieren im Internet eine der Hauptaktivitäten im Selbststudium. Rund 60% schlagen zudem regelmässig Fachbegriffe und Fremdwörter nach und über 50% gaben an, im Selbststudium regelmässig Lernressourcen und Aktivitäten auf der Lernplattform Moodle zu nutzen.
35% der Studierenden suchen ausserdem selbständig im Internet nach zusätzlichen, externen Lernressourcen und rund 40% nutzen regelmässig Videos für das Selbststudium. Interessant ist, dass das regelmässige, selbständige Suchen nach zusätzlichen Lernressourcen bei den jüngeren Studienjahrgängen BT14/15 mit 40% deutlich ausgeprägter ist als bei BT13 (20%).
Mobiles Lernen
Die Mehrheit der Studierenden lernt während der Phase des Selbststudiums hauptsächlich von zu Hause aus. Es gibt aber je einen gleich grossen Teil (23%) von Studierenden, die regelmässig (immer/oft) unterwegs und an der Hochschule lernen. Die iPad-NutzerInnen lernen doppelt so häufig unterwegs wie ihre KollegInnen mit einem Dell Venue 11 Pro.
Unterlagen ergänzen und Zusammenfassungen schreiben
Im Selbststudium ist vor allem das Hervorheben von Textstellen in den Unterlagen weit verbreitet; rund 70% der Studierenden macht dies regelmässig (immer/oft). 56% der Studierenden gaben zudem an, dass sie im Selbststudium regelmässig ihre Notizen aus dem Unterricht ergänzen.
Rein lerntechnisch ist es allerdings effizienter, wenn die Studierenden das Gelernte in eigenen Worten z.B. in einer Zusammenfassung wiedergeben. Diese Lerntechnik nutzen 40% der Studierenden bereits regelmässig während des Semesters.
Die Arbeit mit digitalen Unterlagen vereinfacht das Teilen von Lernressourcen, da die persönlichen Zusammenfassungen und Notizen einfach per Mail oder über einen Cloud-Dienst mit Mitstudierenden geteilt werden können. Das Austauschen und Abgleichen von Notizen und Zusammenfassungen bietet den Studierenden die Möglichkeit, ihr Wissen zu ergänzen und durch die Perspektiven der Mitstudenten allenfalls auf weitere, wichtige Punkte im Stoff aufmerksam zu werden. Von dieser Möglichkeit machen aber bisher nur wenige Studierende gebraucht. Gerade mal 18% der Studierenden teilen ihre Zusammenfassungen regelmässig mit ihren Mitstudierenden.
Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die Studierenden mit dem Dell Venue 11 Pro fast 3-Mal häufiger regelmässig Zusammenfassungen teilen und häufiger gemeinsam an Dokumenten arbeiten (+22.8%) als ihre Studienkolleginnen mit einem iPad. Die Zusammenarbeit scheint mit einem Windows-Tablet besser zu funktionieren als mit dem iPad. Es zeigt sich auch, dass die Hälfte der Studierenden der Klasse BT13 regelmässig gemeinsam an Dokumenten arbeitet, während dies bei den jüngeren Studienjahrgängen (BT14/15) nur bei 19% der Fall ist.
Literatur verwalten und teilen
Bei den Applikationen (Teil 3 der Evaluation) war uns aufgefallen, dass die Studierenden keine Literaturverwaltungssoftware erwähnt haben. Nun zeigt sich, dass doch rund 30% der Studierenden mind. gelegentlich Literatur mit einem Literaturverwaltungssystem verwalten. Rund 50% lesen zudem mind. gelegentlich wissenschaftliche Publikationen und 28% lesen zwischendurch auch mal ein e-Book. Das Teilen von Literaturressourcen ist für die meisten Studierenden kein Thema.
Die roten und orangen Bereiche (nie/selten) sind hier überdurchschnittlich gut vertreten. Die Inhalte, welche die Studierenden während des Selbststudiums im Internet recherchieren, scheinen grösstenteils nicht in die Kategorien der wissenschaftlichen Publikationen und Literatur zu fallen.
Immerhin zeigt sich, dass die Studierenden der Klasse BT13, die an der Bachelorarbeit arbeiten, öfters wissenschaftliche Publikationen lesen (+21.4%) und auch häufiger ein Literaturverwaltungssystem nutzen (+24.8%) als die Studierenden den Klassen BT14/BT15. Ausserdem sieht man auch ganz klar, dass die Literaturverwaltung auf dem Dell Venue 11 Pro besser funktioniert als auf dem iPad, da rund 30% der Dell-NutzerInnen regelmässig ein Literaturverwaltungssystem auf dem Tablet nutzen, während es bei den iPad-NutzerInnen nur gerade rund 5% sind. Das könnte auch daran liegen, dass sich das Literaturverwaltungssystem der ZHAW (RefWorks) nur bedingt für das iPad eignet, da es eine Web-Applikation ist. Studierenden, die auf dem iPad Literatur verwalten möchten empfehlen wir Mendeley.
Unterlagen werden selten ausgedruckt
Rund 20% der Studierenden drucken regelmässig Unterlagen für das Selbststudium aus. In der Zeit der Prüfungsvorbereitung steigt dieser Wert bis auf 30%. Die Mehrheit der Studierenden (49%) druckt aber selten bis nie Unterlagen aus.
Verändert das papierlose Studium das Lernen?
Wir haben die Studierenden der Klasse BT13 in einer Zusatzfrage gefragt, wo sie durch die Umstellung auf das papierlose Studium selber Veränderungen an ihrem Lernverhalten festgestellt haben.
Die Antworten sind z.T. kontrovers ausgefallen, was die einen als Nachteil sehen, sehen andere als Vorteil. Hier eine Zusammenstellung der eingegangenen Kommentare:
- Ich habe eine bessere Übersicht über den Lernstoff und kann diesen einfacher einteilen.
- Mir fällt es schwerer den Überblick zu bewahren.
- Bessere Zusammenfassungen.
- Anfangs habe ich weniger eigene Notizen geschrieben (z.B. Lernkarten). Mittlerweile habe ich mich aber an die Umstellung gewöhnt und nutze wieder verschiedene Lernstrategien.
- Nehme Unterricht teilweise auf (Audio), so dass ich, wenn es zu schnell ging, Teile der Vorlesung nochmals anhören kann.
- Lerne vermehrt mit YouTube Videos.
- Brauche ausgedruckte Unterlagen um richtig lernen zu können.
- Kein Ausdrucken mehr.
- Man ist mehr abgelenkt sowohl beim Lernen als auch im Unterricht.
- häufigere Pausen: sowohl dadurch, dass es weniger angenehm ist auf dem Display zu lesen als auf Papier aber auch durch Ablenkung des Internets.
Im nächsten Teil schauen wir uns noch an, wie sich die Studierenden auf die Prüfungen vorbereiten und was sie davon halten, elektronische Hilfsmittel an den Prüfungen zuzulassen.