Lizenzierungsmodelle für Bildungsmaterialien

Beitrag von Urban Lim

Grafik: Urban Lim


Mit dem Aufkommen digitaler Online-Angebote für eine grössere Zielgruppe, z. B. MOOCs, können urheberrechtlich geschützte Materialien nicht ohne weiteres genutzt werden. Ein Augenmerk gilt der Lizenzierung. Die Weiterentwicklung von E-Learning-Angeboten im Klassenverband hin zu einer grösseren Gruppe hat Auswirkungen auf die Lizenz des Bildungsmaterials.

Bildungsmaterialien in geschlossener Lernumgebung

In der Schweiz gilt die Verwendung von Ausschnitten urheberrechtlich geschützter Bildungsmaterialien (digital oder analog) als erlaubt, wenn der Zugang dieser Bildungsmaterialien auf eine Klasse[1] beschränkt ist (Merkblatt). Die ZHAW gewährleistet die Klassenbeschränkung digitaler Bildungsmaterialien mit geschlossenen Kursen auf dem Lernmanagement Moodle. Eine Auslegeordnung zur Verwendung von Online-Angeboten an der ZHAW aus dem Jahr 2016 hat gezeigt, dass der Grossteil aller Lehr- und Lernszenarien mit geschlossenen Kursen über Moodle durchgeführt werden kann.

Weiterentwicklung von Online-Angeboten

Die Vertretung der Departemente zu E-Learning und Blended Learning hat in der Arbeitsgruppe Blended Learning ZHAW eine Diskussion bezüglich der weiteren Entwicklung verschiedener Online-Angebote geführt. Blended Learning in einer geschlossenen (Moodle-) Lernumgebung ist etabliert. Dennoch wurde deutlich, dass der klar abgrenzbare Bereich einer Klasse in zukünftigen Szenarien aufgelöst wird. Beispiele hierfür sind reine Online-Angebote vor Studienbeginn, hochschulweite und damit klassenübergreifende Online-Angebote oder MOOCs. Damit ändern sich die hochschulweiten Rahmenbedingungen. Um zukünftige Entwicklungen unterstützen zu können, ist eine klare Handhabung für jegliche Bildungsmaterialien hilfreich.

Erfahrungen sammeln

Die Fachgruppe Blended Learning hat mit weiteren Experten den Online-Kurs «Study smarter, not harder» hochschulweit für Studierende auf Moodle angeboten. Geplant ist, dieses Kursangebot zu skalieren und als MOOC hochschulübergreifend anzubieten, um Erfahrungswerte in Bezug auf die Produktion von Bildungsmaterialien und deren Lizenzierung zu sammeln. Die Infrastruktur dazu bietet der Swiss MOOC Service, welcher in einer Betaphase ab Ende 2017 für die ZHAW zur Verfügung stehen sollte.

Hilfestellungen zu Lizenzierungsmodellen

Bereits heute können interessierte Hochschulangehörige Bildungsmaterialien ausserhalb des Klassenverbands nutzen. Hochschulangehörige werden dabei mittels Kursangeboten unterstützt (Kurs: Offene Bildungsressourcen). Allgemein hilfreich bei der Suche solcher Bildungsmaterialien sind Metasuchmaschinen wie Creative Commons Search. Eine weitere Zusammenstellung von Quellen bietet auch der Medienpädagogik-Blog (Lizenzen beachten). Nebst der reinen Nutzung können Bildungsmaterialien auch produziert oder unter bestimmten Bedingungen auch verändert werden. Eine Auslegeordnung zu verschiedenen Lizenzierungsmodellen hat die Fachgruppe Blended Learning in einem Merkblatt zusammengefasst und in der folgenden Aufwandmatrix verdeutlicht.

Einholen der Erlaubnis zur Nutzung   

  • Die ZHAW (Lehrende der ZHAW) als Herausgeberin. Bildungsmaterialien werden durch Mitarbeitende während ihrer Arbeitszeit an der ZHAW produziert. Die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse liegen bei ihr.
  • Die ZHAW als Herausgeberin. Bildungsmaterialien werden durch Dritte erstellt und abgegolten/Rechte übertragen. Die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse liegen bei ihr.
  • Die ZHAW als Herausgeberin. Die Bildungsmaterialien werden sowohl durch eigene Mitarbeitende als auch durch Dritte produziert. Die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse liegen bei ihr.

Wer Bildungsmaterialien 1-3 nutzen möchte, muss vom Urheber des Werks eine Erlaubnis einholen. Im Gegensatz dazu erlauben die Bildungsmaterialien 4-6 pauschal die Nutzung unter bestimmten Auflagen (mehr dazu im OER-Whitepaper S. 19 f.).

Pauschale Erlaubnis zur Nutzung

  • Angehörige der ZHAW produzieren Bildungsmaterialien während ihrer Arbeitszeit an der ZHAW selbst, stellen die Produkte mittels Creative-Commons-Lizenz als Open Educational Resources zur Verfügung.
  • Angehörige der ZHAW nutzen bereits bestehende Open Educational Resources.
  • Angehörige der ZHAW suchen und adaptieren bestehende Open Educational Resources. Sie stellen diese Materialien mittels Creative-Commons-Lizenz wieder als Open Educational Resources zur Verfügung.

Aufwandmatrix by Urban Lim und Samuel Witzig, Creative-Commons-Lizenz (CC BY-SA 4.0)

Lizenzierungsmöglichkeiten als Diskussionsbasis

Wie die Aufwandmatrix verdeutlicht, entstehen immer Aufwände – auf Personalseite, bei den Sachkosten oder auf beiden Seiten. Eine «günstige» Lösung im Sinne eines tiefen Personalaufwands und eines Sachaufwands ist theoretisch möglich (Modell 5). In der Praxis besteht jedoch das Risiko, dass keine adäquaten Materialien vorhanden sind. Zudem müssten die vorhandenen OER-Materialien mit kompatiblen Lizenzen (siehe Kreutzer S. 62) vorliegen, um darauf aufbauen zu können. Letzteres gilt auch für das Modell 6. Das «teuerste» Modell 3 ist unattraktiv – wie die Auslegeordnung zeigt. Im Endeffekt verbleiben die Lizenzierungsmodelle 1, 2 und 4. Besonders hervorzuheben ist das Modell 4. Dieses Lizenzmodell erlaubt, Bildungsmaterialien pauschal zu nutzen. Gerade in Bezug auf die eingangs erwähnten Entwicklungen bei Online-Angeboten kommen solche pauschal nutzbaren Bildungsmaterialien den Anbietern und damit auch den Hochschulen entgegen. Denn der Aufwand für die Einholung der Erlaubnis bei Modellen wie 1 oder 2 entfällt.

[1] An der ZHAW sind damit Gruppen von Kurs- oder Modulteilnehmenden gemeint.

Beitrag von Urban Lim


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