KI und Sprache: Bemühungen um eine Symbiose

KI verändert unseren Umgang mit Sprache. Doch der menschliche Aspekt bleibt unersetzlich. Während die Technologie avanciert, debattieren Lehrende über ihre Rolle und Grenzen.

Ein Beitrag von Thomas Schläpfer

Ist eine Symbiose zwischen KI und dem Erlernen von Sprache überhaupt möglich? Die meisten der 160 Teilnehmenden aus den rund 60 Ländern sind positiv gestimmt. Doch wie eine solche Symbiose aussehen soll, darüber sind sich nicht alle Teilnehmenden der Internationalen Delegiertenkonferenz der Deutschlehrerinnen und -lehrern (IDK) einig.

Fremdsprachenunterricht mit KI

Doch zuerst die Gemeinsamkeiten: das brennende Interesse an KI. Dies zeigte sich in zahlreichen gut besuchten Panels, Vorträgen und Workshops – was bei der ersten Konferenz seit der Einführung von ChatGPT wenig erstaunlich ist.

Dennoch wurde der menschliche Aspekt bei fast jeder Diskussion hervorgehoben. Ein Aspekt, der für die Teilnehmenden trotz KI unerlässlich ist. Eine Auffassung, die zusätzlich durch Studien untermauert wird. Zwar fördern Chatbots wie ChatGPT den Erwerb von Fremdsprachen positiv, doch die Mensch-zu-Mensch-Interaktion bleibt in ihrer Qualität unübertroffen. Ein Punkt, der immer wieder gerne von den Teilnehmenden betont wird.

Denn das grösste Bedenken der Teilnehmenden ist, dass der menschliche Aspekt gänzlich vernachlässigt werden könnte. Schliesslich mache KI das Erlernen einer Sprache nicht überflüssig, so der Tenor der Lehrenden. Doch genau gegen diese Wahrnehmung wehren sich die Lehrenden. Ergänzen statt ersetzen, lautet ihr Credo.

Best Practice ZHAW

Wie eine erfolgreiche Integration in die Lehre aussehen kann, zeigte Alice Delorme Benites in ihrem Vortrag an der IDK. Mit der Einführung von DeepL im Jahr 2016 war die Leiterin des Instituts für Übersetzen und Dolmetschen mit ähnlichen Problemen konfrontiert. «Die Ängste und Erwartungen relativieren sich sehr schnell, wenn man mit diesen Tools zu arbeiten beginnt und merkt, dass die schöneren und anspruchsvolleren Aufgaben mehr Platz bekommen», so Benites. Dank ihren Erfahrungen mit DeepL und ihrer Forschung im Bereich Mensch-Maschine-Kommunikation war sie bestmöglich auf die Einführung von ChatGPT vorbereitet.

Heute blickt sie gelassen in die Zukunft. DeepL hat weder die Ausbildung noch den Beruf ersetzt und ChatGPT werde das auch nicht. Auch bei ihr heisst es ergänzen statt ersetzen. «Im Studium und in der Lehre braucht es Raum für das Neue und Unbekannte. Man muss ständig reflektieren, was den Menschen von der Maschine unterscheidet und wo sie sich ergänzen. Es geht also vielmehr darum, im Curriculum einen Raum für Diskussionen zu schaffen, statt Lösungen zu präsentieren», erklärt Benites.

Zukunftsorientierte Curricula: KI im Fokus

Auch Guido Keel, Leiter Lehre am Departement Angewandte Linguistik, sieht in den KI-Tools die Zukunft und prognostiziert, dass ChatGPT oder Midjourney zu alltägliche Arbeitshilfen in den Sprachberufen avancieren werden. Dementsprechend sei eine intensive Schulung in KI-Kompetenzen bei den Sprachprofis notwendig. Ein praxisorientierter Ansatz hierfür ist beispielsweise das Vergleichen von Schreibaufgaben der Studierenden mit Ergebnissen von ChatGPT. «Ziel ist es, ein Verständnis für die Fähigkeiten und Grenzen von KI zu entwickeln», sagt Keel. Er weist zudem darauf hin, dass Kompetenzen wie Prompt-Formulierungen oder Media Literacy – der reflektierte und sinnvolle Umgang mit Medien – zunehmend Teil des Berufsbild werden.

Um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden, hat das Departement Angewandte Linguistik die Curricula seiner Bachelorstudiengänge überarbeitet. «Wir möchten sicherstellen, dass unsere Studierenden reflektiert, kritisch und kompetent mit KI umgehen können», erläutert der Leiter Lehre. Jenseits des Curriculums sieht Keel auch Veränderungen in der Leistungsmessung durch KI. «Aktuell diskutieren wir zum Beispiel, inwiefern die Bachelorarbeit als finaler Leistungsnachweis neu gedacht werden kann», erklärt Keel. Während sich die Technologie entwickelt, müssen wir uns als Hochschule immer wieder die Frage stellen, wie eine Symbiose zwischen KI und Lehre zu finden ist.

KI und Sprache: Bemühungen um eine Symbiose

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Beitrag zur Internationalen Delegiertenkonferenz IDK vom 14. bis 17. August 2023 an der ZHAW

Titelbild: Daniela Baumann


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