E-Assessment im Fokus: ein Besuch des E-Prüfungs-Symposiums 2016 in Aachen

Beitrag von Lisa Messenzehl

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Fotos: Martin Lux und Johannes Maas

„Aber meinen Sie nicht, dass die E-Prüfung angefochten werden wird?…

…Das ist doch rechtlich unsicher!“ meldet sich ein Teilnehmer in der Fragenrunde zu Wort. In einem grossen Auditorium der RWTH Aachen haben soeben die rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der gemeinsam stattfindenden Tagungen E-Prüfungs-Symposium sowie Teaching is Touching the Future die Keynote von Jürgen Handke verfolgt. Der mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Anglistik-Professor ist seit vielen Jahren Pionier und gefragter Experte für digitales Lehren und Lernen.

Flexible Lernwege und Open Book Prüfungen

In seinem Vortrag fordert er „konstruktive Disruption anstatt Evolution“ für die Digitalisierung der Hochschuldidaktik, und meint damit zum Beispiel den Einsatz von OER (Open Educational Resources), MOOCs (Massive Open Online Courses) und BYOD (Bring Your Own Device). Vor kurzem hat er die Prüfungen eines Blended-Learning-Moduls flexibilisiert: seine Studierenden haben die Wahl zwischen drei Lernwegen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Dementsprechend legen sie die Prüfung zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Semester ab – elektronisch natürlich. Handke plant auch ein „kompetenzorientiertes E-Assessment“, in dem die Studierenden auf alle möglichen digitalen und analogen Hilfsmittel zugreifen können – und zieht in Erwägung, dass sie zu dieser Open Book Prüfung zukünftig auch ihre eigenen Geräte mitbringen könnten. „Wir machen’s einfach“, antwortet der Professor dem skeptischen Teilnehmer, und erhält Unterstützung von einem Prorektor Lehre, der dazu ermutigt, trotz rechtlicher Unsicherheiten innovative Wege in der Lehre einzuschlagen. Der Vortrag hat provoziert, das Ziel ist erreicht: Ab sofort steht die digitale Lehre im Zentrum des zweitägigen Symposiums, die Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen von elektronischen Prüfungen ist eröffnet.

Von BYOD bis VDI

Spannend bleibt es im gesamten Verlauf der Tagung. Auf dem Programm stehen weitere Keynotes und die Vortragsforen des E-Prüfungs-Symposiums: Circa 150 Fachleute für elektronische Prüfungen diskutieren in kleineren Gruppen über entstehende überregionale Verbundprojekte im E-Assessment, Bewertungsmöglichkeiten von Multiple Choice Fragen, Erfahrungsberichte zu BYOD-Ansätzen, Entwicklung von Qualitätskriterien für videobasierte E-Assessments, Serious Games als Prüfungsform, räumlich flexible Prüfungsformate für berufsbegleitend Studierende, Täuschungsmöglichkeiten und entsprechende Gegenmassnahmen, sowie technische Lösungen mit VDI (Virtual Desktop Infrastructure) und Mobile Zero Clients.

Grosse Unterschiede zwischen den Bildungsinstitutionen

Die Situation der Hochschulen ist äusserst verschieden in Hinblick auf E-Assessment: Manche betreiben mobile Testzentren und prüfen Kohorten von bis zu 1000 Studierenden. Viele haben eine begrenzte Anzahl von Räumen mit fixen Computerstationen. Andere wiederum beauftragen einen externen Dienstleister, welcher in der Prüfungszeit Räume mit mobilen Geräten ausstattet und den kompletten Prüfungsprozess managt. Vielerorts – auch an sehr grossen Universitäten – ist E-Assessment gar kein Thema, und das Symposium somit auch nicht. Grosse Unterschiede zeigen sich auch bei der Handhabung von rechtlichen Fragen zu z. B. Datenschutz: Während die Datenschützer mancher deutschen Hochschulen Screenrecordings erlauben, widersprechen andere dem BYOD-Ansatz aus Gleichheitsgründen.
Das Thema zentrale Hochschul-Prüfungs-Infrastruktur versus BYOD wird während des gesamten Symposiums immer wieder kontrovers diskutiert. Im informellen Austausch berichten Hochschulen von früheren, nicht sehr erfolgreichen Tests auf Studierenden-Laptops und winken ab: „zu unsicher“, „nicht skalierbar“, „rechtlich problematisch“.

E-Assessment @ZHAW

An der ZHAW werden seit einiger Zeit Moodle-Prüfungen mit BYOD durchgeführt. Teilweise wurde auch der Einsatz des SEB (Safe Exam Browser) auf Studierenden-Laptops erprobt. Insbesondere die papierlosen Studiengänge bieten gute Voraussetzungen dafür, studentische Geräte nicht nur für den Unterricht, sondern auch für Prüfungen einzusetzen. Am E-Prüfungs-Symposium zeigt sich im grossen Stil, was auch an der ZHAW der Fall ist: E-Assessment ist work in progress. Noch gibt es viele offene Fragen und ungelöste Bedürfnisse. Nicht nur in Ermangelung einer zentralen Prüfungsinfrastruktur lautet auch unsere Devise für BYOD aktuell „wir machen’s einfach“ und sammeln dabei Erfahrungen.

Beitrag von Lisa Messenzehl

Hier geht’s zum Abstractband des E-Prüfungs-Symposiums 2016


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