Generative KI-Technologien, wie ChatGPT, sind an der ZHAW nicht nur Forschungsgegenstand, sondern gehören auch zur neuen Studien- und Berufsrealität. Die ZHAW beschäftigt sich intensiv mit der Integration von KI-Technologien in den Unterricht, um die Studierenden auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorzubereiten.
Ein Beitrag von Thomas Schläpfer
Als ChatGPT – GPT steht für Generative Pre-trained Transformer – auf den Markt kam, begann es an Schulen und Hochschulen zu rumoren. In New York sperren öffentliche Schulen die Website, die Hochschule Luzern prüft den Einsatz einer neuen Antiplagiatssoftware und teilweise wird sogar die Umkehr zu Stift und Papier in Erwägung gezogen. Auch im Unterricht an der ZHAW spüren Dozierende bald erste Auswirkungen und überlegen sich, wie man erfolgreich, sprich im Interesse der Bildung, mit diesem Tool umgeht.
ChatGPT bei Leistungsnachweisen
Um eine hochschulweit möglichst einheitliche Handhabung sicherzustellen hat die ZHAW am 1. April 2023 die Richtlinie Verwendung generativer KI-Systeme bei Leistungsnachweisen veröffentlicht. Die Richtlinie soll insbesondere Studienleitungen und Dozierenden Orientierung zu Fragen geben, die in Zusammenhang mit generativen KI-Systemen und Leistungsnachweisen aufgeworfen werden. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aller Fachbereiche und weiterer Expertinnen und Experten hat die ZHAW die Richtlinie erarbeitet. Damit möchte man die vielfältigen Chancen Künstlicher Intelligenz konstruktiv nutzen und gleichzeitig faire, gültige und zuverlässige sowie auch kompetenzorientierte Leistungsnachweise gewährleisten. Denn für die ZHAW steht fest, dass die Mensch-Maschine-Kooperation in der Bildung zukunftsweisend ist und sie als praxisorientierte Hochschule den Studierenden einen anwendungsorientierten und verantwortungsbewussten Umgang mit dieser Technologie ermöglichen möchte. So ist generative KI bei verschiedenen Studiengängen bereits Bestandteil des Unterrichts.
«Die Richtlinie soll in erster Linie zeitnah Orientierung und Sicherheit bieten. So haben wir etwa Grundsätze ausgearbeitet, wie Studierende KI-Systeme in Arbeiten verwenden können. Klar ist aber auch, dass sich nicht nur die Technologie schnell und vielfältig entwickelt, sondern sich auch international eine Handhabung etablieren wird, zum Beispiel wie KI ‘zitiert’ wird», erklärt Lisa Messenzehl-Kölbl, Co-Autorin der Richtlinie und Leiterin der Fachgruppe Lehrtechnologien und Didaktik. Deshalb sei die Richtlinie auch als Momentaufnahme zu verstehen, die aufgrund künftiger Erfahrungen und Erkenntnissen fortlaufend reflektiert und angepasst werden muss.
Von DeepL zu ChatGPT
Wie eine erfolgreiche Integration von KI-Technologie in die Lehre aussieht, zeigt das Übersetzungswerkzeug DeepL, das vor sieben Jahren öffentlich zugänglich wurde und vor allem auf das ZHAW Institut für Übersetzen und Dolmetschen Auswirkungen hatte. Alice Delorme Benites, Professorin Mensch-Maschine-Kommunikation, und Mark Cieliebak, Professor für Sprach- und Textverarbeitung, sehen viele Parallelen zwischen DeepL und KI-Chatbots wie ChatGPT. Sie betonen, dass Studierende in der Lage sein sollten, KI-Technologien kritisch zu betrachten und sie sinnvoll einzusetzen (mehr dazu im Artikel «Wie Chatbots & Co. Studium und Hochschule beeinflussen»).
Seit DeepL wurden bestimmte Prüfungen durch Portfolios, Lerntagebücher und Reflexionen ersetzt. Auch Messenzehl beobachtet, dass die Existenz von ChatGPT bereits manche Prüfungsformate verändert: «Die generativen KI-Systeme lassen den Diskurs darüber, welche Arten von Leistungsnachweisen für die Kompetenzüberprüfung geeignet sind, aktuell wieder aufflammen. Das ist eine Chance, dass Prüfungen nicht nur ein ‘assessment of learning’ sind, sondern zunehmend auch ein ‘assessment for learning’», so Messenzehl.