Von Weiden zu Wäldern: Wie Agroforstsysteme Palmöl nachhaltig machen

Verfasst von Marion Seger

Abbildung 1: Ölpalmen in einer Mischkultur ([8], CC BY 4.0)

Es gibt kaum eine Pflanze mit einem schlechteren Image als die Ölpalme. Für sie wurden sogar neue Labels erfunden, um den Verzicht auf Palmöl auszuzeichnen. Doch ist der schlechte Ruf gerechtfertigt, und können wir auf Palmöl verzichten? Kann Palmöl überhaupt nachhaltig angebaut werden?

Produktivität

Die Ölpalme ist die produktivste Ölpflanze der Welt. Sie deckt 36% des weltweiten Pflanzenfettbedarfs und benötigt dafür nur 8.6% der Ölproduktionsfläche [1]. Mit durchschnittlich 3t Öl pro Hektar und Jahr stellt sie alle anderen in den Schatten. Raps schafft nur 0.7t, Sonnenblumen 0.6t, Soja 0.5t und Kokospalmen 0.2t [1]. Ein Palmöl-Boykott würde somit den Flächenbedarf steigern und noch mehr Ökosysteme zerstören.

Einmalig und unersetzbar

Die einzigartigen Eigenschaften von Palmöl machen es in der Lebensmittelindustrie unersetzbar. Es ist billig, lange haltbar, geschmacksneutral, fest bei Raumtemperatur, schmilzt jedoch bei Körpertemperatur [2]. Kein anderes Pflanzenfett kann das. Kokosnussöl hat zu viel Eigengeschmack, andere Öle müssen gehärtet werden und bilden dabei ungesunde Transfettsäuren und verderben schneller [3]. Palmöl zu ersetzen ist daher schwierig und bedeutet nicht automatisch eine bessere Umweltbilanz [4]. Viele der Alternativen führen zu einem hohen Pflanzenschutzmitteleinsatz und Bodenerosion.

Das Problem

Doch warum versuchen alle, dieses “perfekte” Fett zu umgehen? Weil es nur in den Tropen wächst. Das hat dazu geführt, dass der grösste Teil des Regenwaldes in Borneo abgeholzt wurde. Umweltorganisationen haben dies aufgedeckt und konnten tatsächlich einen kleinen Wandel in der Branche erreichen [5]. Doch die weltweite Abholzung geht weiter, grösstenteils für Kuhweiden [6]. Nicht die Ölpalme ist für die Umweltzerstörung verantwortlich, sondern die verantwortungslose Ausdehnung der Landwirtschaftsflächen.

Der Weg

Um die Biodiversitätskrise aufzuhalten, muss die Landwirtschaft ihren Flächenbedarf reduzieren. Die Produktion muss effizienter werden, und die Ernährung sollte sich auf produktivere Lebensmittel konzentrieren. Also mehr Palmöl und weniger Kühe. Weideland bedeckt 67% der weltweiten Landwirtschaftsflächen, Ackerland für Tierfutterproduktion weitere 12.5%, Ölpalmen nur 0.6% [7] (vgl. Abb. 2). Ein Palmölboykott rettet also nicht die Regenwälder. Es bedarf einer Transformation der gesamten Lebensmittelproduktion und Ernährung.

Abbildung 2: Globale Nutzung von Landwirtschaftsland ([1] & [7])

Die Lösung

Die Lösung ist bekannt: weniger Fleischproduktion. Dann wird 80% der weltweiten Landwirtschaftsfläche frei [3] für Renaturierung und nachhaltigere Anbausysteme. Und genau das ist auch die Lösung für nachhaltiges Palmöl. Man transformiert eine Weide in ein Agroforstsystem. Eine Ölpalme in Mischkultur ist produktiver als in Monokultur, die Biodiversität steigt [8], und die Gesamterträge sind höher [9] [10].

Entscheidend für die Nachhaltigkeit ist also die Frage was vorher war. Jede Regenwaldrodung ist eine ökologische Katastrophe. Das Aufforsten einer Weide in den Tropen, ist jedoch ein Gewinn für die Natur, sogar wenn man nur eine Monokultur pflanzt. Doch wenn durch die Aufforstung ein diverses Agroforstsystem mit einheimischen Arten entsteht, dann kann Palmöl sogar regenerativ produziert werden.


[1] Ritchie, H. (2021). Palm Oil. https://ourworldindata.org/palm-oil

[2] Mba, O. I., Dumont, M. J., & Ngadi, M. (2015). Palm oil: Processing, characterization and utilization in the food industry–A review. Food bioscience, 10, 26-41.

[3] Elsner (2018). Speisefette: Forscher betonen die Bedeutung hoher Qualität. https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=39135

[4] Petersen, I. (2016). Kein Palmöl ist auch keine Lösung. https://blog.wwf.de/palmoel-studie/

[5] WWF (2020). Nachhaltigkeitsprobleme im Palmölsektor. https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel/nachhaltigkeitsprobleme-beim-palmoelanbau

[6] Ritchie, H. (2021). Cutting down forests: what are the drivers of deforestation? https://ourworldindata.org/what-are-drivers-deforestation

[7] Ritchie, H. & Roser, M. (2019). Land Use. https://ourworldindata.org/land-use

[8] Zemp, D. C., Guerrero-Ramirez, N., Brambach, F., Darras, K., Grass, I., Potapov, A., … & Kreft, H. (2023). Tree islands enhance biodiversity and functioning in oil palm landscapes. Nature, 1-6.

[9] WWF (2023). Artenvielfalt bringt höhere Erträge. https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel/artenvielfalt-bringt-hoehere-ertraege

[10] Khasanah, N., van Noordwijk, M., Slingerland, M., Sofiyudin, M., Stomph, D., Migeon, A. F., & Hairiah, K. (2020). Oil palm agroforestry can achieve economic and environmental gains as indicated by multifunctional land equivalentratios. Frontiers in Sustainable Food Systems, 3, 122.


Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen des Bachelormoduls «Welternährungssysteme» des Studiengangs Umweltingenieurwesen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW im Frühlingssemester 2024.



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