Können Spezialkulturen helfen die Klimaziele des Kantons Luzern zu erfüllen?

Ein Beitrag von Maurice Koll

Die 12 untersuchten Kulturen bezüglich Anbauintensität mittels der abgefragten Paramater Maschinenüberfahrten, Dieselverbrauch, Düngemitteleinsatz, Pestizideinsatz und Bewässerung sowie Weiterverarbeitung (Eigene Grafik, Bilder von COLOURBOX: Nr. 11465463, 12888762, 14525627, 22063999, 25996979, 26076916, 31211607, 34554682, 39477244, 47857079, 52257351, 52883480, 54300985)

Um die Klimaziele von netto null bis im Jahr 2050 zu erreichen, sollen die Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft des Kantons Luzern um 50 % reduziert werden[1]. Im Projekt «Offensive Spezialkulturen» werden 12 ausgewählte Kulturen geprüft, als Alternative für die Tierhaltung mit ihren hohen Treibhausgasemissionen[2]. Mittels Interviews mit bereits produzierenden Betrieben wurden die Umweltauswirkungen der 12 Kulturen qualitativ abgeschätzt.

Das Projekt «Offensive Spezialkulturen» als doppelte Chance

Die Landwirtschaft und insbesondere die Tierhaltung in der Landwirtschaft hat hohe Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima[1]. Als Kanton mit der höchsten Tierdichte der Schweiz initiierte der Kanton Luzern deshalb das Projekt «Offensive Spezialkulturen»[2,3]. Dieses Projekt soll Spezialkulturen und Spezialitäten im Ackerbau fördern, um so zur nötigen Treibhausgasreduktion von 50 % in der Landwirtschaft beizutragen[1,2]. Aufgrund einer Marktanalyse hat der Kanton Luzern die 12 Kulturen Braugerste, Himbeeren, Hopfen, Kichererbsen, Lein, Mandeln, Ölkürbis, Pfefferminze, Soja, Sonnenblumen, Süsskartoffeln und Topinambur für eine Standortanalyse und Abschätzung derer Umweltauswirkungen ausgewählt[1].

Da Spezialkulturen auf kleiner Fläche eine hohe Wertschöpfung haben, hat das Projekt «Offensive Spezialkulturen» neben tieferen Umweltauswirkungen auch ein hohes finanzielles Potenzial für die Luzerner Landwirtschaft[2].

Erfahrungen aus der Praxis

Durch Interviews mit bestehenden Produzierenden konnten praktische Anbauerfahrungen gesammelt werden. Es wurden die Parameter Maschinenstunden, Düngemitteleinsatz, Pflanzenschutzmitteleinsatz, Bewässerung und Energieintensität durch Weiterverarbeitung der untersuchten Kulturen abgefragt und nach Intensität eingestuft. Die Erfahrungen wurden mit Daten aus der Literatur ergänzt und so die Umweltauswirkungen der ausgewählten Kulturen für den Kanton Luzern abgeschätzt.

Das Vorgehen für die Abschätzung der Umweltauswirkungen mit den berücksichtigten Kategorien schematisch dargestellt. Die Maschinenstunden und der Dieselverbrauch davon konnten mit dem Dokument Maschinenkosten 2021[4] respektive einer Studie der Agroscope[5] berechnet werden. Der Düngebedarf wurde als Total der Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium in kg/ha gemäss der Düngungsnorm kalkuliert[6]. Pflanzenschutzmitteleinsatz, Bewässerung und Energieintensität der Weiterverarbeitung wurden mittels einer Skala 1-5 (1=tiefe; 5=hohe Intensität) eingeschätzt. 

Unterschiedliche Anbauintensität

Die Abschätzung der Umweltauswirkungen ergab eine hohe Anbauintensität der Kulturen Mandeln und Hopfen. Verglichen mit den anderen Kulturen haben diese einen hohen Nährstoffbedarf und eine hohe Anfälligkeit auf Krankheiten und Schädlinge und somit hohen Pflanzenschutzmitteleinsatzes und überdurchschnittlich hohen Maschinenstunden. Süsskartoffeln, Himbeeren, Ölkürbis, Braugerste und Minze sind mittelintensiv mit jeweils einem einzelnen Parameter, der intensiv ist. Kichererbsen, Lein, Sonnenblumen, Soja und Topinambur sind eher extensiv eingeschätzt, da kein Parameter intensiv war. Der Vergleich hat gezeigt, dass Ackerbaukulturen durch eine effizientere Bewirtschaftung wenig Maschinenstunden benötigen. Der biologische Anbau hat oft mehr Maschinenstunden wegen der mechanischen Unkrautbekämpfung oder mehr Anzahl Pflanzenschutzinterventionen bei gleichzeitig tieferen Erträgen. Je nach Anbauform gibt es jedoch grosse Unterschiede bei Kulturen wie z.B. Hopfen oder Himbeeren.

In der Abbildung können die unterschiedlichen Kategorien zwischen den Kulturen und nach Anbauform verglichen werden. Die Kulturen sind sortiert von intensiv nach extensiv. Die Kategorien Pestizide, Bewässerung und Weiterverarbeitung sind mittels einer Skala nach der Einsatz- resp. Energieintensität von 1=tief bis 5=hoch und mittels Heatmap hervorgehoben.

Wie können die Ergebnisse verwendet werden?

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind eine erste Abschätzung und können helfen die Umweltauswirkungen der einzelnen Kulturen durch die aufgezeigten Hotspots in den einzelnen Kategorien zu optimieren und zu senken. Die Ergebnisse können für individuelle Beratungen oder als erste Vergleiche zwischen den Kulturen bezüglich Umweltauswirkungen verwendet werden. Für eine genaue Analyse der potenziellen Emissionen ist die Durchführung einer Ökobilanz jedoch unumgänglich. Zudem müssen für einen grossflächigen Anbau der 12 Kulturen weitere Fragen wie politische Rahmenbedingungen, Absatzmarkt, Infrastruktur und gesetzliche Anforderungen geklärt werden.

Ausblick in die Zukunft

Spezialkulturen & Ackerbau haben je nach Quelle 58-80 % tiefere Treibhausgasemissionen als Betriebe mit Tierhaltung[5,7]. Eine Förderung und ein vermehrter Anbau kann somit helfen die Klimaziele des Kantons Luzern zu erreichen. Durch den Klimawandel kann es in Zukunft unter anderem zudem höhere Temperaturen, längere Vegetationsperioden und mehr Trockenheit geben. An diese Bedingungen angepasste Spezialkulturen können eine Chance und Absicherung für die Landwirtschaft sein.  


Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen der Bachelorarbeit «Standortanalyse und Umweltbeurteilung von Spezialkulturen und Spezialitäten im Ackerbau für das Projekt «Offensive Spezialkulturen» des Kantons Luzern» (Koll, 2022) im Studiengang Umweltingenieurswesen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW.


Literatur

  1. Kanton Luzern. (2021). Planungsbericht des Regierungsrates an den Kantonsrat. Klima- und Energiepolitik 2021 des Kantons Luzern. Planungsbericht Nr. B 87. Luzern: Kanton Luzern.
  2. Peter, F. (2021). Beschluss: Offensive Spezialkulturen; Projektauftrag. Luzern: Kanton Luzern, Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement.
  3. buwd. (2018). Strategie Agrarpolitik Kanton Luzern. Luzern: Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement (buwd) Kanton Luzern.
  4. Gazzarin, C. (2021). Maschinenkosten 2021. Gültig bis September 2022. Nr. Nr. 408 / 2021. (S. 52). Agroscope.
  5. Hersener, J.-L., Baumgartner, D. U., Dux, D., Aeschbacher, U., Alig, M., Blaser, S. et al. (2011). Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirtschaftlicher Betriebe (ZA-ÖB). Schlussbericht. Zürich/Ettenhausen.
  6. Richner, W. & Sinaj, S. (2017). Grundlagen für die Düngung landwirtschaftlicher Kulturen in der Schweiz (GRUD 2017). (S. 276).
  7. Agroscope. (2021). Agrarumweltindikatoren (AUI) – Datenreihe. Agrarumweltindikatoren (AUI) – Datenreihe. Abgerufen von: https://apps.agroscope.info/sp/za-aui/2/app/datenreihe?lang=D


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