Ein Anbausystem der Antike bildete die Grundlage des Azteken-Imperiums

Ein Beitrag von Lorenzo Storto

Abbildung 1 Chinampas in Xochimilco, Mexico (Quelle: Pixabay)

Das globale Ernährungssystem stösst an seine Grenzen und die Suche nach neuen Lösungen beschäftigt die Wissenschaft. Die Geschichte zeigt, dass es bereits vor hunderten von Jahren urbane und produktive Anbausysteme gab. Zu diesen gehörten die Chinampas von Mexico, die die Grundlage des Azteken-Imperiums bildeten.

Geschichtlicher Hintergrund

Die Chinampas bezeichnen eine spezielle Form der Nahrungsproduktion im Bassin von Mexico-City. Dabei wird ein Kanalsystem angelegt und einzelne Inseln ausgehoben. Diese Inseln werden als Chinampas bezeichnet. Die Chinampas sind auf mindestens drei Seiten von Wasser umgeben und an den Rändern mit Bäumen bepflanzt. Die Geschichte dieser Anbaumethode geht fast 2000 Jahre zurück und hatte ihre Blütezeit während der Herrschaft der Azteken. Nur dank der „schwimmenden“ Gärten konnten die Azteken ihr stehendes Heer unterhalten und zu ihrer grossen Macht kommen. [1][5][6]

Was macht die Chinampas so speziell?

Die Chinampas zeichnen sich vor allem durch eine hohe Produktivität auf kleinstem Raum aus. Wird eine gute Bodenbedeckung beibehalten, müssen die Pflanzen nicht gegossen werden. Als Substrat wird der Schlamm auf dem Grund der Kanäle verwendet, wodurch ein ständiger Kreislauf entsteht. Die Setzlinge werden auf frisch ausgehobenen Parzellen gezogen, indem der erhärtete Schlamm in kleine Würfel geschnitten wird, in die die Samen gepflanzt werden. Von der Aufzucht-Station werden die Setzlinge auf die älteren Teile der Chinampa verteilt. So können bis zu sieben Ernten pro Jahr erzielt werden. [2][3][5]

Urban-Farming existierte also bereits im Mittelalter und half durch eine hohe Biodiversität das Ökosystem gesund zu halten. Der wohl interessanteste Aspekt der Chinampas ist die Tatsache, dass sie bis heute bestehen und kultiviert werden. Auch wenn in kleinerem Mass, so bilden die heutigen Chinampas noch immer eine Lebensgrundlage für mehrere tausend Menschen und für ein diverses Tierreich. Dabei findet eine gerechte Verteilung von Kosten und Nutzen auf die unterschiedlichen Beteiligten statt. [2][4]

Chinamperos auf einem typischen Floss in Xochimilco, Mexico-City (Quelle: Pixabay)

Was können wir heute vom System der Chinampas lernen?

Ein grosses Problem des globalen Ernährungssystems ist die Trennung der Produzenten und Konsumenten seit der Mechanisierung der Landwirtschaft. Durch die moderne konventionelle Nahrungsmittelproduktion entfällt die Arbeit auf einige wenige Menschen. Die hohe Effizienz wird oft zu Lasten der Umwelt erzielt. Im Gegensatz dazu bestehen in den Chinampas noch immer lokale Gemeinschaften, die ihre Nahrungsmittel zu grossen Teilen selbst produzieren. Durch ihre enge Anbindung an das Anbausystem entsteht ein Bewusstsein für die Natur und die Artenvielfalt. [3][6]

Das System der Chinampas ist in alle Feuchtgebiete applizierbar. Spannend aber ist der Ansatz der kleinräumigen Landwirtschaft, der weltweit angewendet werden kann. Der Biodiversitätsverlust in Landwirtschaftsgebieten kann durch eine kleinräumigere und weniger mechanisierte Landwirtschaft verlangsamt oder sogar umgekehrt werden. Die Chinampas bilden durch ihr alternatives Anbausystem viel Potential und können zusammen mit anderen alternativen Anbausystemen wie der solidarischen Landwirtschaft, Permakultur, Agroforst-Systemen und weiteren den Wandel in der Landwirtschaft herbeiführen. [2][5]


Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen des Bachelormoduls «Welternährungssysteme» des Studiengangs Umweltingenieurwesen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW im Frühlingssemester 2023.


Literatur

[1] Michael D. Coe. (1964). The Chinampas of Mexico. Scientific American, 211, 90–99. 

[2] Merlín-Uribe, Y., González-Esquivel, C. E., Contreras-Hernández, A., Zambrano, L., Moreno-Casasola, P., & Astier, M. (2013). Environmental and socio-economic sustainability of chinampas (raised beds) in Xochimilco, Mexico City. International Journal of Agricultural Sustainability, 11(3), 216–233. https://doi.org/10.1080/14735903.2012.726128 

[3] Roland Ebel. (2017). Chinampas: An Urban Farming Model of the Aztecs and a Potential Solution for Modern Megalopolis. Department of Health and Human Development, Montana State University. https://doi.org/10.21273/HORTTECH04310-19 

[4] Patricia P´erez-Belmont, Amy M. Lerner, Marisa Mazari-Hiriart, & Elsa Valiente. (2021). The survival of agriculture on the edge: Perceptions of push and pull factors for the persistence of the ancient chinampas of Xochimilco, Mexico City. Journal of Rural Studies, 86, 452–462. 

[5] Andrew Millison (2022). Chinampas of Mexico: Most Productive Agriculture Ever? Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=86gyW0vUmVs&t=301s, abgerufen am 29.03.2023.  

[6] Food and Agriculture Organization of the United Nations (2017). Globaly Important Agricultur Heritage Systems, Chinampas Agriculture System of Mexico. URL: https://www.fao.org/giahs/giahsaroundtheworld/designated-sites/latin-america-and-the-caribbean/chinampa-system-mexico/en/, abgerufen am 10.04.2023. 


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