Ein Beitrag von Jasmin Hufschmid
Trockenheit, Starkniederschläge, Verluste, Unsicherheit. Der Klimawandel ist sichtbar und spürbar geworden. Wie wird die nächste Generation Landwirt:innen auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet? Diese Frage wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit untersucht und lieferte interessante Einblicke in die landwirtschaftliche Berufsbildung.
Ein schwieriges Klima für den Agrarsektor im 21. Jahrhundert
Für die Schweizer Landwirtschaft sind die Auswirkungen der globalen Erwärmung keine in der Zukunft liegenden Phänomene (Köllner et al., 2017). Verschiedene Studien (u.a. Eisenring et al., 2021; Rogger et al., 2021; Tschurr et al., 2020) warnen vor einem steigenden Risiko von Ertragsausfällen aufgrund zunehmender Witterungsextremen, wie Trockenheit und Hitze. Gleichzeitig hat die Häufigkeit von Starkniederschlägen zugenommen, was zur Bodenerosion und somit zum Verlust der obersten Bodenschicht führen kann (CH2018, 2018; Borelli et a., 2020). Durch die zunehmend milden Winter kann ausserdem mit einem erhöhten Schädlingsdruck gerechnet werden (Grünig et al., 2020). Dabei wird die Variabilität der Wetterereignisse und die damit verbundenen Unsicherheiten die Landwirtschaft am meisten fordern (Köllner et al., 2017).
Es besteht Ausbaupotential
Um die Nahrungsmittelproduktion sicherzustellen, muss sich die Landwirtschaft an die Veränderung der klimatischen Bedingungen anpassen. Im Rahmen der Bachelorarbeit wurden Handlungskompetenzen formuliert, die angehende Landwirt:innen befähigen, eine klimaangepasste Landwirtschaft zu betreiben. Diese wurden anhand einer Einzelfallstudie an einem landwirtschaftlichen Berufsbildungszentrum dem aktuellen Bildungsangebot (Bildungsplan, Lehrmittel und individueller Unterricht der Lehrpersonen) gegenübergestellt. Es wurden grosse Unterschiede bei der Abdeckung der einzelnen Themenbereiche festgestellt. Ausbaupotential besteht bei Massnahmen rund um das ressourcenschonende Wassermanagement, Produktionsverluste aufgrund neuer Schadorganismen (in der Pflanzen- und Tierproduktion) sowie beim eigenen Schutz vor Hitze.
Viel hängt von den Lehrpersonen ab
Wie umfangreich die Klimaanpassung in den Unterricht einfliesst, scheint stark vom Interesse der Lehrpersonen abzuhängen. Dies zeigen die Ergebnisse aus der qualitativen Umfrage mit den Lehrpersonen. Als limitierender Faktor für den Einbezug im Unterricht wurde von allen Befragten die limitierte Unterrichtszeit genannt. Viele Themen werden bereits heute aus zeitlichen Gründen weggelassen.
«Die Zeit ist ein begrenzender Faktor. Es gibt so viele wichtige Themen, die zeitlich zu kurz kommen. Ich fände es toll, wenn wir mehr Zeit hätten», Lehrperson 3
Ein weiterer limitierender Faktor sei das mangelnde Interesse der Lernenden. Dies ist interessant, da die Umfrage mit den 24 Lernenden im Abschlussjahr auf etwas anderes schliessen lässt…
…zukünftige Landwirt:innen interessieren sich für die Klimaanpassung
Die Mehrheit der Lernenden erachtet das Vermitteln von Wissen zur Klimaanpassung während der Grundbildung als wichtig:
Fast 80% der Befragten tauschen sich bereits darüber aus und wünschen sich einen verstärkten Austausch zur Klimaanpassung. Ihnen gegenüber stehen 21%, die sich nicht austauschen und gemäss Umfrage auch keinen verstärkten Austausch wünschen. Bei ihnen handelte es sich um Lernende, bei denen das Thema extremen Widerstand auszulösen schien. Unter Berücksichtigung der Aussagen der Lehrpersonen, scheint ihre Haltung im Unterricht viel Raum einzunehmen. Die Ergebnisse verdeutlichen jedoch, dass ihre Meinung nicht der Mehrheit der Klasse entspricht.
Totalrevision unter dem Motto «für die Zukunft gerüstet»
Aktuell wird die Landwirtschaftliche Grundbildung einer Totalrevision unter dem Motto «für die Zukunft gerüstet» unterzogen. Die Revision schafft neue Rahmenbedingungen, in denen sich die Berufsbildungszentren bewegen. Diese müssen es Lehrpersonen ermöglichen, die Lernenden umfangreich auf die Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten. Eine Übersicht über die Kompetenzen die zur Klimaanpassung vermittelt werden sollten, ermöglicht die Bachelorarbeit. Ab dem Lehrjahr 2024 werden die ersten Lernenden in eine neue landwirtschaftliche Ausbildung starten (Bardet, 2021), die ihnen hoffentlich das Rüstzeug vermittelt, um den vor uns liegenden klimatischen Herausforderungen zu begegnen.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Bachelorarbeit von Jasmin Hufschmid im Studium «Umweltingenieurwesen» an der ZHAW.
Literatur
Bardet, L. (2021). Agrarbericht 2021 – Berufsbildung. Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
Borrelli, P., Robinson, D. A., Panagos, P., Lugato, E., Yang, J. E., Alewell, C., Wuepper, D., Montanarella, L., & Ballabio, C. (2020). Land use and climate change impacts on global soil erosion by water (2015-2070). Proceedings of the National Academy of Sciences, 117(36), 21994–22001. https://doi.org/10.1073/pnas.2001403117
CH2018. (2018). CH2018 – Climate Scenarios for Switzerland, Technical Report. National Centre for Climate Services. https://www.nccs.admin.ch/nccs/de/home/klimawandel-und-auswirkungen/schweizer-klimaszenarien/technical-report.html
Eisenring, S., Holzkämper, A., & Calanca, P. (2021). Berechnung der Bewässerungsbedürfnisse unter aktuellen und zukünftigen Bedingungen in der Schweiz. Agroscope Science, 107, 55. https://doi.org/10.34776/as107g
Grünig, M., Mazzi, D., Calanca, P., Karger, D. N., & Pellissier, L. (2020). Crop and forest pest metawebs shift towards increased linkage and suitability overlap under climate change. Communications Biology, 3(1), 1–10. https://doi.org/10.1038/s42003-020-0962-9
Köllner, P., Gross, C., Schäppi, B., Füssler, J., Lerch, J., & Nauser, M. (2017). Klimabedingte Risiken und Chancen. Eine schweizweite Synthese. Umwelt-Wissen, 1706, 148. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/publikationen-studien/publikationen/klimabedingte-risiken-und-chancen.html
Rogger, J., Hund, A., Fossati, D., & Holzkämper, A. (2021). Can Swiss wheat varieties escape future heat stress? European Journal of Agronomy, 131, 126394. https://doi.org/10.1016/j.eja.2021.126394
Tschurr, F., Feigenwinter, I., Fischer, A., & Kotlarski, S. (2020). Climate Scenarios and Agricultural Indices: A Case Study for Switzerland. Atmosphere, 11, 535. https://doi.org/10.3390/atmos11050535