Ein Beitrag von Johannes Quente
Die Landwirtschaft in den Höhenlandschaften der Erde ist der historische Ursprung heutzutage wichtiger Nahrungsmittel, wie Kartoffel und Quinoa (Jancurová et al., 2009). Produkte aus der Berg-Landwirtschaft zeichnen sich durch eine vornehmlich extensive Bewirtschaftung aus und sind daher besonders nachhaltig. Beispielsweise werden landwirtschaftliche Flächen in Valposchiavo (siehe Bild) über 90 % biologisch bewirtschaftet. Die Landwirtschaft in den Höhenregionen, wie den Alpen oder den Anden, nimmt daher eine besondere Rolle beim Thema Ernährungssicherheit ein.
Alpine Landwirtschaft während der Globalisierung
Seit jeher leben Menschen in den Höhenregionen dieser Erde und betreiben traditionell nachhaltige Landwirtschaft (Koohafkan & Cruz, 2011). Während der Globalisierung hat dieses Erbe jedoch immer mehr an Bedeutung verloren. Globale Lieferketten, synthetischer Dünger und Pflanzenschutz, sowie der hohe Einsatz von Maschinen haben, die im Verhältnis weniger produktive alpine Landwirtschaft verdrängt. Dabei tragen auch alpine Nahrungsmittelsysteme großes Potential zur Sicherung der Nahrungsmittelsicherheit bei.
Landwirtschaftliches Erbe
Über zehn Jahrtausenden waren die Menschen auf die Bewirtschaftung der Bergregionen, durch Handarbeit und der Unterstützung domestizierter Tiere angewiesen. Die Notwendigkeit nachhaltiger Landwirtschaft, also Erträge über Jahre hinweg auf einem angemessenen Niveau zu halten, war die Lebensgrundlagen der dort lebenden Menschen (Jacobsen, 2006). So prognostizierte François Pythoud (Bundesamt für Landwirtschaft in Frankreich) 2021 auf dem Forum Origin, Diversity and Territories in Valposchiavo: „Es ist realistisch, dass wir durch die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln die Bergregionen wieder stärker nutzen werden.“
Quinoa – Ein Beitrag zur Ernährungssicherheit?
Krisen, wie die globale Erderwärmung und Lieferketten-Einbrüche durch beispielsweise Pandemien erinnern uns daran, wie anfällig komplexe Systeme für äußere Einflüsse sein können. Doch genau hier können wir viel aus der Landwirtschaft der Anden lernen und uns wieder alter Traditionen bewusst werden. So ist Beispielsweise die Kulturfrucht Quinoa, eine früher eher unpopuläre Frucht, heute ein wahres Trendnahrungsmittel. Sie lässt sich auf bis zu 4000 Metern anbauen, gedeiht ohne hohen Düngeaufwand und ist reich an Protein, sowie Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium und Phosphor. Quinoa übertrifft damit den Nährwert gängiger Getreidearten und ist zudem besonders kälte-, salz- und trockenheitsresistent im Anbau und eignet sich demnach hervorragend für den Anbau in Höhenregionen (Al-Naggar et al., 2017). Federico Andreotti von der Wageningen-Universität in den Niederlanden nannte in einem Interview folgende Vorteile in einem Synergiekreis zum Anbau von Quinoa:
Ein Blick in die Anden
Auch der peruanische Agrarsektor befindet sich in einem technologischen Transformationsprozess, welcher auf hohe Ernteerträge und einer großen Nachfrage städtischer und internationaler Märkte beruht. So fördert der gesetzliche Rahmen nur die Verwendung von zertifiziertem Saatgut, welcher zum Abbau traditioneller Produktionssysteme führt. Die Studie (Sabourin E., 2014) untersuchte die historischen Veränderungen (2000 – 2020) der Erträge von teilweise weitverbreiteten einheimischen Nutzpflanzen (Peruanischer Kürbis und Pfeffer), für welche ausschließlich Saatgut aus traditionellen Produktionssystemen verwendet wurde. Analysen zeigten, dass lokales Saatgut in traditionellen Systemen ausreichend Erträge liefern kann, welche es ermöglichen die Ernährungssicherheit und Widerstandsfähigkeit (Resilienz) sicherzustellen. Daher wollen auch 75% der Landwirte in Peru weiterhin Subsistenz mit eigenem Saatgut betreiben (Escobal, 2011).
Schlussfolgerung
Laut François Pythoud gibt es auch in den Schweizer Alpen kein lokales Saatgut oder heimische Tierrassen mehr. Die Einbeziehung traditioneller Systeme und einheimischer Pflanzen, wie Tierrassen sollte demnach zukünftig in der gesamt-globalen Agrarpolitik besser berücksichtigt werden. Das bedeutet politische Hürden zu reduzieren, um damit die lokale Biodiversität zu fördern. So fördert man die Resilienz der Produktionssysteme und auch die Ernährungssicherheit.
Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen des Mastermoduls «Agroecology and Food Systems» des Studiengang Umwelt und Natürliche Ressourcen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW im Herbstsemester 2021.
Quellen
Al-Naggar, A., El-Salam, R., Badran, A., & El-Moghazi, M. (2017). Genotype and Drought Effects on Morphological, Physiological and Yield Traits of Quinoa (Chenopodium quinoa Willd.). Asian Journal of Advances in Agricultural Research, 3(1), 1–15. https://doi.org/10.9734/ajaar/2017/36655
Escobal, J. (2011). Una mirada de largo plazo a la economía campesina de los Andes. Economía y Sociedad, 78, 57–61.
Jacobsen, S.-E. (2006). The Worldwide Potential for Quinoa (Chenopodium quinoaWilld.). Http://Dx.Doi.Org/10.1081/FRI-120018883, 19(1–2), 167–177. https://doi.org/10.1081/FRI-120018883
Jancurová, M., Minarovičová, L., & Dandár, A. (2009). Quinoa-a Review. Czech J. Food Sci, 27(2), 71–79.
Koohafkan, P., & Cruz, M. J. dela. (2011). Conservation and Adaptive Management of Globally Important Agricultural Heritage Systems (GIAHS). 2(1), 22–28. https://doi.org/10.3969/J.ISSN.1674-764X.2011.01.004
Sabourin E., S. (2014). El surgimiento de politicas publicas para la agricultura familiar en America Latina: trayectorias, tendencias y perspectivas. Cadernos de Ciência e Tecnologia, 31(2), 189–225.