Mob Grazing – Mit Hufgetrampel den Boden verbessern?

Ein Beitrag von Patricia Durán Amrein

Abbildung 1: “grazing is not just about grass” (Plougman, 2018 CC BY-SA 2.0)

Holistisches Weidemanagement, ganzheitliches Weidemanagement, Mob Grazing, regenerative Weidewirtschaft: alle Begriffe haben denselben Grundgedanken. Es beschreibt eine Weideform, bei der die Aspekte Klimaschutz, Bodenfruchtbarkeit und Tiergerechtigkeit vereint und zugleich die organische Bodensubstanz erhöht beziehungsweise  verbessert werden sollen. Doch ist dem auch wirklich so? Mob Grazing wird nämlich von vielen Stimmen kritisiert.

Das Prinzip von Mob Grazing

Mob Grazing imitiert das Weideverhalten riesiger Herden von Grossherbivoren, wie man sie zum Beispiel aus Amerika oder der afrikanischen Savanne kennt.1 Das Hauptmerkmal ist die hohe Besatzdichte von Vieh, welches alle 1 bis 5 Tage  von Koppel zu Koppel bewegt wird und dabei Pflanzenmaterial und Exkremente in den Boden trampelt.2 Die ungefressenen Pflanzenstängel werden vom Vieh in die Bodenoberfläche eingearbeitet, welche als Mulch und Nahrungsquelle für Bodenmikroorganismen dienen und den Eintrag von organischer Substanz in den Boden fördert.1 Um eine gleichmässige Verteilung von Weidedruck und Exkrementen zu erreichen, werden die Tiere auf kleinen Koppeln gehalten. Der Grossteil der Vegetation bleibt unbeweidet, was wiederum Pflanzenarten sowie deren Wurzelsystem fördert. Die lange Erholungszeit (40-60 Tage) zwischen den Koppeln führt zu einer hohen Menge an oberirdischem Futter. Weiter wird von einer Steigerung der Vegetationsproduktion sowie einer verbesserten Pflanzenvielfalt, Bodenfunktion und -fruchtbarkeit ausgegangen.1

Mob Grazing zur Abfederung des Klimawandels

Weltweit macht Grasland etwa 70% der landwirtschaftlichen Fläche aus. Es enthält 10% der terrestrischen Biomasse und leistet einen Beitrag von etwa 20-30% zum globalen Pool an organischem Kohlenstoff im Boden. Deshalb birgt Grasland das Potenzial, atmosphärisches CO2 im Boden zu binden und könnte zur Minderung des Klimawandels beitragen. Verbesserte Bodenbedingungen, die mit holistischen Beweidungsmethoden einhergehen, können ein effektiver Ansatz zur Abschwächung des Klimawandels sein.3 Die Kohlenstoffsequestrierung, das bedeutet die Aufnahme und Speicherung atmosphärischen Kohlenstoffs durch Pflanzen, im Boden wird aber von verschiedenen Faktoren beeinflusst.4

Ursprung und Kritik am System

In Nordamerika wird Mob Grazing und die damit einhergehende hohe Beweidungsintensität verbreitet angewendet. Als Begründer des holistischen Managements, darunter fällt auch Mob Grazing, gilt Allan Savory. Das Allan Savory Institute erforscht Mob Grazing im Zusammenhang mit einer regenerativen Wirtschaftsweise,5 stösst dabei aber auch auf zahlreiche Kritik.4,6,1 Die Mehrheit der experimentellen Beweise deuten darauf hin, dass die Beweidungsstrategie einen minimalen Effekt auf die Kohlenstoffbindung hat und dass der Niederschlag als ein wichtigerer Faktor für die Kohlenstoffsequestrierung gilt.6 Je nach Klima und Standort kann eine hohe Beweidungsintensität sogar zu einer Verringerung des Kohlenstoffspeichers im Boden führen.4 Dem widersprechen hingegen viele Vorher-Nachher-Bilder, die die Vorteile von Mob Grazing zeigen, die jedoch nicht auf wissenschaftlichen, peer-reviewten Studien basieren.3

Mob Grazing im Zwiespalt

In Anbetracht der unterschiedlichen Sichtweisen von Wissenschaft und praktischer Anwendung stellt sich die Frage, ob man Wiederkäuer überhaupt nachhaltig weiden lassen kann, da sie durch ihre Methan- (CH4) und Lachgasemissionen (N2O) zum Klimawandel beitragen. Unter einer angemessenen standortangepassten Bewirtschaftung bietet Grasland zahlreiche Ökosystemleistungen. Dabei sollte das Augenmerk aber nicht nur auf die Kohlenstoffsequestrierung fallen, sondern auch auf die Reduktion der Emissionen von Wiederkäuern. Denn eine niedrige bis mässige Weideintensität von Wiederkäuern kann die CH4-Emissionen stark senken.7 Auch wenn die ökologischen Vorteile von Mob Grazing umstritten sind, trägt die Diskussion rund um Mob Grazing wesentlich dazu bei, die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft in Richtung einer nachhaltigen Bewirtschaftung voranzutreiben.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Bachelorstudiums Umweltingenieurwesen im Modul Welternährungssysteme.

Literatur

1 Zaralis, K., & Padel, S. (2019). Effects of High Stocking Grazing Density of Diverse Swards on Forage Production, Animal Performance and Soil Organic Matter: A Case Study. In A. Theodoridis, A. Ragkos, & M. Salampasis (Hrsg.), Innovative Approaches and Applications for Sustainable Rural Development (S. 131–146). Cham: Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-030-02312-6_8

2 Sherren, K., & Kent, C. (2019). Who’s afraid of Allan Savory? Scientometric polarization on Holistic Management as competing understandings. Renewable Agriculture and Food Systems, 34(1), 77–92. https://doi.org/10.1017/S1742170517000308

3 Gosnell, H., Grimm, K., & Goldstein, B. E. (2020). A half century of Holistic Management: What does the evidence reveal? Agriculture and Human Values, 37(3), 849–867. https://doi.org/10.1007/s10460-020-10016-w

4 Abdalla, M., Hastings, A., Chadwick, D. R., Jones, D. L., Evans, C. D., Jones, M. B., … Smith, P. (2018). Critical review of the impacts of grazing intensity on soil organic carbon storage and other soil quality indicators in extensively managed grasslands. Agriculture, Ecosystems & Environment, 253, 62–81. https://doi.org/10.1016/j.agee.2017.10.023

5 Savory, A. (2021). Holistic Management & Regenerative Agriculture. Abgerufen 14. März 2021, von Savory Institute website: https://savory.global/

6 Briske, D. D., Ash, A. J., Derner, J. D., & Huntsinger, L. (2014). Commentary: A critical assessment of the policy endorsement for holistic management. Agricultural Systems, 125, 50–53. https://doi.org/10.1016/j.agsy.2013.12.001

7 Zubieta, A. S., Savian, J. V., de Souza Filho, W., Wallau, M. O., Gomez, A. M., Bindelle, J., … de Faccio Carvalho, P. C. (2021). Does grazing management provide opportunities to mitigate methane emissions by ruminants in pastoral ecosystems? Science of the Total Environment, 754, 142029. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2020.142029

Peterson, D. (2014). Soil Health and Production Benefits of Mob Grazing. Webinar gehalten auf der Missouri. Missouri. Abgerufen von http://www.conservationwebinars.net/webinars/soil-health-and-production-benefits-of-mob-grazing

Savory, A., & Butterfield, J. (1998). Holistic Management: A New Framework for Decision Making. Washington DC: Island Press.


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