Ein Beitrag von Joël Müller
Wir essen in der Schweiz mehr Fisch als der weltweite Durchschnitt, obwohl wir keinen Meeranschluss haben. Wir importieren daher viel Fisch aus dem asiatischen Raum, leider oft aus nicht nachhaltiger Produktion. Wie können wir dem entgegensteuern?
Das Angebot an Nahrungsmitteln hat sich in den letzten 50 bis 100 Jahren drastisch verändert. Früher hat sich die Bandbreite auf das lokale Angebot beschränkt. Doch heute können wir problemlos Essen aus der ganzen Welt konsumieren. Möglich macht dies die Globalisierung. Dank ihr überziehen Handelsströme beinahe den gesamten Globus.
Beim Thema Fisch wird dies besonders deutlich. So konsumieren wir hier in der Schweiz enorme Mengen aus aller Welt und das, obwohl wir gar kein traditionelles Land von Fischessern sind.
Entwicklung des Fischkonsums
Leider gibt es vor 1980 kaum verlässliche Zahlen zum Fischkonsum in der Schweiz. Vor 1950 werden die Zahlen zudem wohl noch enorme lokale Abweichungen gehabt haben. Laut Angaben des BFS (2019b) hat sich der Konsum von Fisch und Schalentieren seit 1980 aber deutlich erhöht. Von 6 auf 8 kg pro Kopf in 40 Jahren. Seit 2013 ist dabei aber wieder ein leichter Abwärtstrend festzustellen.
Im Vergleich dazu steht ein weltweiter Fischkonsum von etwa 15-16 kg pro Kopf (Wijkstrom, 2003). Dabei handelt es sich jedoch um das Lebendgewicht der Tiere. Als Vergleich: bei den 7.5 kg, welche 2017 auf jedem Schweizer Teller landeten, kann man von rund 22 kg Lebendgewicht ausgehen.
Woher kommt unser Fisch?
Wir essen also etwa einen Drittel mehr Fisch als der Durchschnitt der Erdbevölkerung. Die Fischproduktion in der Schweiz belief sich 2017 auf rund 3’000 t (ohne Hobbyfischerei). Etwas mehr als die Hälfte davon stammt aus Aquakulturen (BFS, 2019a). Seit 2016 haben sie damit das Volumen der Berufsfischerei überholt. Importiert wurden im gleichen Jahr knapp 73’000 t und exportiert rund 300 t. Gut 96% der hier konsumierten Fisch & Schalentiere kamen also aus dem Ausland. Diese Importfische bereiten der Umwelt und der Bevölkerung der Herkunftsländer jedoch oftmals grössere Probleme trotz teils entsprechender Labels wie MSC (Bush et al., 2013; Ponte, 2012) .
Potential für nachhaltigen Fischkonsum in der Schweiz
Der Verein «fair-fish» kam zum Schluss, dass ein nachhaltiger Fischkonsum bei ungefähr 2.7 kg pro Kopf liegt (Studer, 2010). Würde man nun nur noch heimischen Fisch konsumieren, ergäbe dies jedoch bloss rund 370g pro Kopf. Trotz «nachhaltigem» Konsum müssten also immer noch etwa 85% importiert werden.
Nun scheinen aber gerade Aquakulturen Potential zu haben. Man rechnet damit, dass die Erträge in den nächsten Jahren weiter wachsen werden, voraussichtlich bis zu 10% jährlich. Während die Berufsfischerei weiterhin stagniert (SFV, 2019).
Was dabei optimistisch stimmt: Weltweit gesehen findet bereits 40% der Fischproduktion in Süssgewässern statt. Dies, obwohl Süssgewässer gerade einmal 0.01% des gesamten Wasservolumens ausmachen (Lynch et al., 2016). Jetzt müsste die Fischproduktion nur noch möglichst nachhaltig geschehen.
Die Fischproduktion muss wieder lokaler werden
Als Binnenland sind wir von der marinen Produktion ausgeschlossen. Das (nachhaltige) Potential unserer Seen ist ausgeschöpft. Erreichen könnten wir dies also meines Erachtens nur, indem wir:
• den Gesamtkonsum deutlich senken.
• nachhaltige Aquakulturen fördern (im In- und Ausland).
• Importe aus nicht nachhaltigen Quellen bremsen bzw. verbieten.
Ohne Import wird es aber kaum möglich sein, eine gewissen Nachfrage abzudecken. Dass dies durchaus nachhaltige ginge, beweisen auch Studien (Little et al., 2012). Werden diese Forderungen berücksichtigt, kann ein nachhaltiger Fischkonsum in greifbare Nähe rücken.
Dieser Blog-Beitrag entstand im Rahmen des Bachelormoduls Welternährungssysteme des Studiengangs Umweltingenieurwesen am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW im Frühjahrssemester 2020.
Quellen
BFS, B. für. (2019a, April 2). Produktion und Verbrauch von Fisch—2000-2018 | Tabelle. Bundesamt für Statistik. /content/bfs/de/home/statistiken/land-forstwirtschaft/jagd-fischerei-fischzucht.assetdetail.7986018.html
BFS, B. für. (2019b, August 14). Entwicklung des Nahrungsmittelverbrauches in der Schweiz. Je Kopf und Jahr—1980-2017 | Tabelle. Bundesamt für Statistik. /content/bfs/de/home/statistiken/land-forstwirtschaft/ernaehrung.assetdetail.9448817.html
Bush, S. R., Toonen, H., Oosterveer, P., & Mol, A. P. J. (2013). The ‘devils triangle’ of MSC certification: Balancing credibility, accessibility and continuous improvement. Marine Policy, 37, 288–293. https://doi.org/10.1016/j.marpol.2012.05.011
Little, D., Bush, S., Belton, B., Nguyen, P., Young, J., & Murray, F. (2012). Whitefish wars: Pangasius, politics and consumer confusion in Europe. Marine Policy, 36, 738–745. https://doi.org/10.1016/j.marpol.2011.10.006
Lynch, A., Cooke, S., Deines, A., & Bower, S. (2016). The social, economic, and environmental importance of inland fish and fisheries—Environmental Reviews. https://www.nrcresearchpress.com/doi/full/10.1139/er-2015-0064#.XmH_nqhKjD4
Ponte, S. (2012). The Marine Stewardship Council (MSC) and the Making of a Market for ‘Sustainable Fish’. Journal of Agrarian Change, 12(2–3), 300–315. https://doi.org/10.1111/j.1471-0366.2011.00345.x
SFV. (2019). SFV-FSP Schweizerischer Fischerei-Verband: Aquakultur. https://sfv-fsp.ch/fisch-des-jahres/2019-das-egli/dossier-egli/aquakultur/
Studer, B. (2010). Fair-fish.ch. http://www.fair-fish.ch/de/blog/2010/08/25/die-schweiz-isst-zuviel-fisch/
Wijkstrom, U. N. (2003). Short and Long-term Prospects for Consumption of Fish. Veterinary Research Communications, 27(1), 461–468. https://doi.org/10.1023/B:VERC.0000014202.83258.95