Ein Beitrag von Dominique Oberle
Viele von uns fragen sich täglich: «Wieso fällt es mir so schwer, das Handy während einer Pause auch einfach mal links liegen zu lassen? Wie komme ich zu der ersehnten Ruhe im Kopf?»
Als der damalige ZHAW Student der Wirtschaftsinformatik Dominique Oberle immer öfter an seine eigenen Stressgrenzen stiess, wollte er durch seine Bachelorarbeit selbst verstehen lernen, wie ein achtsamer digitaler Umgang gelingen kann. Insbesondere als Teilzeitstudent und -arbeitnehmer wusste er um die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zwischen Arbeits-, Studien-, und Freizeit. Ein für ihn als Business Analysten besonders interessanter Ansatz beinhaltet sogar eine App als Lösung.
Katja Kurz, als Betreuerin seiner Bachelorarbeit, begleitete Dominique beim Verfassen seiner Arbeit und bringt dessen und weitere wissenschaftliche Erkenntnisse mit Engagement in den Studienalltag der ZHAW-Studierenden und Weiterbildungsteilnehmenden ein.
Neben der immer stärker geforderten Flexibilität im Alltag sorgen die stetig verwendeten Smartphones bei vielen Studierenden und Arbeitnehmenden für vermehrt empfundenen Druck und grösseren Stress. Diess kann einen starken Abfall der Leistungsfähigkeit zur Folge haben (siehe Grafik). Ausserdem kann es zu Symptomen wie Ermüdung, Erschöpfung und schlussendlich physischen und psychischen Krankheiten kommen.
Die Beschäftigung mit dem Thema Mindfulness kann hier Lösungsansätze zur Abhilfe schaffen.
Was bedeutet Mindfulness?
Mindfulness ist ein Ansatz zur Stressbewältigung, welche durch eine verstärkte Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und dessen Bedürfnisse erreicht werden soll (Jon Kabat-Zinn 1994). Konkret geht es darum, die eigene Aufmerksamkeit mithilfe von täglichen Meditationsübungen für mehrere Minuten auf den eigenen Körper zu lenken. Da sich unsere Gedanken durch die erhöhte Erreichbarkeit ständig um irgendwelche «Aufgaben» drehen, welche wir noch zu erledigen haben, soll hier eine Art «Zeitinsel» geschaffen werden, in welcher sich unser Gehirn um nichts kümmern muss und zur Ruhe kommen kann.
Bei der digitalen Umsetzung dieses Konzepts kommen die sogenannten Mindfulness-Apps ins Spiel. Diese bieten dem Nutzer täglich vorgefertigte Mindfulness-Übungen. Aufgrund meiner eigenen Erfahrung ist es nicht einfach, neue Rituale im eigenen Alltag unterzubringen. Mindfulness-Apps bieten hierbei grosse Unterstützung, da man sich bei Bedarf auch täglich an die anstehende Übung erinnern lassen kann.
Was nützen Mindfulness-Apps?
Nun stellt sich aber die Frage, ob Mindfulness-Apps überhaupt positive Effekte auf den Stress am Arbeitsplatz hervorrufen. Da es aufgrund der erst kurzen Lebensdauer dieser Apps noch keine Langzeitstudien gibt, lässt sich diese Frage nicht mit 100 prozentiger Sicherheit beantworten. Kurzzeitstudien von Howells et al. (2016) und Bostock et al. (2019) zeigen allerdings auf, dass die Apps einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit und die Reduktion der Stresssymptome der Betroffenen haben.
Weiter relevant ist die Frage, wie oft diese Angebote überhaupt genutzt werden. Die Umfrage meiner Bachelorarbeit aus dem Jahr 2020 zeigt, dass mit 55 Prozent knapp mehr als die Hälfte der Teilnehmer mit Stresssymptomen überhaupt nichts über Mindfulness-Apps wussten. Den restlichen 45 Prozent der Teilnehmer, welche Stresssymptomen ausgesetzt sind, fehlt in 68 Prozent der Fälle schlicht die Motivation, sich mithilfe von Mindfulness selbst zu helfen.
Das Potential der Apps lässt sich also klar erkennen. Durch genügend Aufklärungsarbeit könnte vielen Arbeitnehmenden der Alltag erleichtert werden.
In meinem Fall hat die Beschäftigung mit dem Thema Mindfulness zu eben dieser Aufklärung geführt, mit dem Resultat, dass ich nun seit über zwei Jahren verschiedene Mindfulness-Apps einsetze und mich dadurch im Alltag merklich ausgeglichener und entspannter fühle.
Es empfiehlt sich also sowohl bei leichten als auch bei schwereren Stresssymptomen, Mindfulness-Apps einzusetzen. Durch die Tatsache, dass nur eine App wie Headspace oder 7Mind benötigt wird, ist die Hürde, um Mindfulness eine Chance zu geben, sehr niedrig. Es lässt sich auf einfache Art und Weise als Auszeit von etwa zehn Minuten im Alltag integrieren, welche bereits nach wenigen Wochen zu einem besseren Umgang mit Stress führen kann. Da die meisten Apps bereits in der Gratisversion über ein Grundlagenprogramm verfügen, kann man sich kostenlos mit Mindfulness vertraut machen und von den Meditationssessions profitieren.
Literatur
Litzcke, Sven Max; Schuh, Horst (2010): Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz. Mit 3 Tab. 5., aktualisierte Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
Kabat-Zinn, Jon (1994): Wherever you go, there you are. Mindfulness meditation in everyday life. First Hachette Books trade edition. New York, Boston: Hachette Books.
Howells, Annika; Ivtzan, Itai; Eiroa-Orosa, Francisco Jose (2016): Putting the ‘app’ in Happiness: A Randomised Controlled Trial of a Smartphone-Based Mindfulness Intervention to Enhance Wellbeing. In: Journal of Happiness Studies 17 (1), S. 163–185. DOI: 10.1007/s10902-014-9589-1.
Bostock, Sophie; Crosswell, Alexandra D.; Prather, Aric A.; Steptoe, Andrew (2019): Mindfulness on-the-go: Effects of a mindfulness meditation app on work stress and well-being. In: Journal of Occupational Health Psychology 24 (1), S. 127–138. DOI: 10.1037/ocp0000118.