Beitrag von Daniela Harlinghausen und Silla Gröbly
Das Thema Evaluation ist sowohl von den Studierenden, wie auch von den Dozierenden oft kein geliebtes Thema. Umso zentraler ist es in den Wahlmodulen Didaktik & Kommunikation und Bildungspraxis des Bachelor-Studiengangs Umweltingenieurwesen aufzuzeigen, dass es auch auf eine lustvolle und aktive Art und Weise möglich ist Rückmeldungen einzuholen. Dabei wird ein partizipativer Ansatz verfolgt, die Studierenden evaluieren von Beginn an mit. Ziel ist es aufzuzeigen was der Nutzen dieser Art von Auswertung im Gegensatz zu einer rein standardisierten Befragung sein kann.
In den erwähnten Modulen lernen die Studierenden eine Exkursion zu planen und durchzuführen. Dafür werden die wichtigsten didaktischen und kommunikativen Grundlagen und Modelle sowie Planungsgegenstände für eine Lehrveranstaltung erarbeitet. Die Studierenden werden jederzeit aktiv in den Unterricht miteinbezogen und sind aufgefordert, sich einzubringen. So wird die individuelle Auftrittskompetenz gefördert und die Studierenden fühlen sich sicherer, die von ihnen konzipierte Lehrveranstaltung am Ende des Semesters selbst durchzuführen. Das Modul Didaktik & Kommunikation schliesst mit einer 45-minütigen Lernveranstaltung ab und das Modul Bildungspraxis mit einer 3-stündigen Exkursion. Diese Veranstaltungen richten sich an Personen, die auch in der Praxis anzutreffen sind, von Schulklassen bis hin zu Senioren.
Didaktischer Doppeldecker
Beim Begriff «Doppeldecker», denkt man vermutlich an ein altes Flugzeug mit zwei Trägern. Im Zusammenhang mit der Didaktik geht es darum, das Lernen nachhaltig zu gestalten und die Inhalte auf der Basis von zwei Ebenen zu lernen, damit sie möglichst lange zum Tragen kommen. In unserem Fall lernen die Studierenden die verschiedenen Inhalte von den Dozierenden, werden dann selber zu Dozierenden und können dabei das Gelernte anwenden. Dem Bild des Doppeldeckers entsprechend sind die Inhalte des Moduls gleichzeitig das, wozu sie in den praktischen Übungen und Leistungsnachweisen aufgefordert werden. So werden erste Erfahrungen mit dem Gelernten gemacht und wenn dabei etwas nicht klappt, kann davon profitiert werden. Diesem Prinzip folgend, begründen wir die Wahl der verwendeten Auswertungs-Methoden und diskutieren mögliche Varianten oder Alternativen für andere Gegebenheiten.
Evaluation im Detail
Mit einer Erwartungsklärung zu Beginn des Semesters wird auf das Thema «Evaluation» von Anfang an fokussiert. Dadurch werden sich die Studierenden bewusst, was sie im Modul erreichen wollen und was sie erwartet. Die Modulleitung kann die studentischen Erwartungen mit den Modulinhalten abgleichen. Nach sieben Wochen wird mit einer kurzen Onlinebefragung geschaut, wo die Studierenden stehen und ob sie auf Kurs sind. Sollte das nicht der Fall sein, kann jetzt z.B. auf der Ebene der individuellen Lernbegleitung, noch reagiert werden.
Die Evaluation am letzten Modultag bezieht sich auf die vorher definierten Kompetenzen und die thematischen Inputs. Einerseits findet die Erhebung mittels kurzem Fragebogen statt. Hauptsächlich jedoch kommen vielfältige und aktivierende Auswertungsmethoden zum Einsatz. Zu Beginn des letzten Unterrichtstages haben die Studierenden ca. 10 Minuten Zeit eine Umfrage auszufüllen. Die ausgewerteten Ergebnisse werden gegen Ende des Unterrichts gemeinsam besprochen. Dabei geht es darum, die Ergebnisse in der gebräuchlichen Form der Balken- und Kuchendiagramme zu betrachten: ihr Einsatz macht bei grösseren Lerngruppen Sinn. Bei kleineren Teilnehmendenzahlen ist die Aussagekraft meist begrenzt. Während den folgenden zwei Lektionen wählen die Studierenden eine Evaluationsmethode aus einer Sammlung aus und führen sie zu einem bestimmten Thema mit ihren Mitstudierenden durch. Ziel ist, dass sie verschiedene Evaluationsmethoden kennenlernen und zum einen feststellen, welche sich für ein solches Setting eignen. Zum anderen erfahren sie, wie aussagekräftige und für die Weiterentwicklung verwertbare Ergebnisse entstehen. Während diesen Durchführungen werden die Resultate festgehalten und später in einem Evaluationsbericht verarbeitet. Beispiel einer Evaluationsmethode: Kerze, Korb und Stein (Quelle: Jeder Schritt ein Auftritt; Peier, Felder, Slamanig, hep Bern, 2019) Studierende und die Modulleitung setzen sich in einen Stuhlkreis. Jede*r erhält drei Moderationskarten und einen Stift, die Leitung zündet eine Kerze an und fragt in die Runde «Wo ist euch (jedem einzelnen) im Modul ein Licht aufgegangen?» Anschliessend kommt ein Korb in die Mitte mit der Frage «Was nehmt ihr mit?» und zum Schluss wird ein Stein ausgepackt «Was hat euch Mühe bereitet?» Nachdem jede*r etwas notiert hat, werden die Karten nacheinander in die Mitte zum jeweiligen Gegenstand gelegt und kurz erklärt. Durch diese Methode werden sich die Studierenden bewusst, was im Modul alles gelernt wurde und wie es ihren Mitstudierenden dabei gegangen ist. Ausserdem erhält die Modulleitung wertvolle Rückmeldungen und kann bei Unklarheiten nachfragen.
Ergebnisse und deren Auswertung
Diese Art der Modulevaluation ist etwas aufwändiger, hat sich aber aus mehreren Perspektiven bewährt. Die Studierenden verstehen, warum die Evaluation wichtig ist und können sie auf ihre Lerninhalte anwenden. Die Modulleitung erhält vielfältige Rückmeldungen, da sich die Studierenden anonym an der Umfrage beteiligen können, ausserdem finden Gespräche über die gesammelten Erfahrungen statt. Dies fördert nicht zuletzt die Individualität des Lernprozesses und jede Person kann für sich daraus mitnehmen was für sie relevant ist. Bei der Auswertung sind verschiedene Fragen leitend, wie z.B.«Welche Bedingungen waren zielführend?», «Welche Inhalte aus den Modulen wurden auf welche Art angewendet und somit als Handlungskompetenz weiterentwickelt»? Aussagen dazu beinhalten für die Modulleitung wiederum hilfreiche Feedbacks für die Weiterentwicklung des Moduls. Zusammenfassend wird aus den Auswertungen mit unterschiedlichen Methoden ein Bericht erstellt, aus welchem die wichtigsten Aspekte hervorgehoben werden. Dieser Bericht wird an die externen Dozierenden aus dem Modul versendet und je nach Bedarf mit ihnen besprochen. Ausserdem können die Rückmeldungen der Studierenden dazu führen, dass Anpassungen im Modulprogramm für die nächste Durchführung vorgenommen werden. Beispielsweise haben die Studierenden im Modul Bildungspraxis die Aufgabe eine 3-stündige Exkursion zu planen und durchzuführen. Aufgrund des Praxisfokus nehmen sie beobachtend an Umweltbildungsexkursionen teil. Im Rahmen der Schlussevaluation stellte sich heraus, dass sie den inhaltlichen Transfer von der Beobachtung als Teilnehmende zur Durchführung der eigenen Exkursion teilweise nicht vollständig herstellen konnten. Als Konsequenz daraus wurde ein thematischer Input mit Fallbeispielen und Übungen im Modulprogramm eingeführt. Der grössere Gesamtaufwand bringt automatisch einen höheren Umfang der Auswertungsergebnisse mit sich. Anhand der Details kommen jedoch die Ansatzpunkte für Anpassungen und die Weiterentwicklung klarer zum Ausdruck, als zum Beispiel bei einer ausschliesslichen Quantifizierung der Rückmeldungen. Der partizipative Ansatz unterstützt bei den Studierenden nicht zuletzt das Verständnis für die eigentlich unbeliebte Modulevaluation, auch sie gewinnen für sich dabei neue Erkenntnisse.