Durch Humusaufbau den Boden unter den Füssen nicht verlieren

Ein Beitrag von Julian Kronbach

Abbildung 1: Humoser Oberboden in Benken SG nach über 20 Jahren Humusaufbau durch Kompostwirtschaft. Quelle: Julian Kronbach, 2019

Die Förderung von Humusaufbau und der Schutz der Landwirtschaftsböden ist eine wichtige Massnahme zur Minderung der Klimaerwärmung und zur Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion an den Klimawandel. In den letzten hundert Jahren ist uns wahrlich der Boden unter den Füssen verloren gegangen. Denn die Erhaltung und Erhöhung des Humusgehaltes ist herausfordernd. Es braucht ein Umdenken in der landwirtschaftlichen Produktion und eine staatliche, wirtschaftliche Förderung wie auch gesellschaftliche Akzeptanz.

Bedeutung von Bodenkohlenstoff

Durch die Assimilation der Pflanzen wird Kohlenstoff der Atmosphäre (CO2) entzogen und nach Ableben der Pflanze durch die Umwandlung in den Boden eingebracht. Gelangen tote organische Materialien wie Erntereste, Dünger, Wurzelreste und Wurzelexsudate auf und in den Boden, wird es durch die Mikro- und Makrofauna zersetzt, abgebaut und umgewandelt (Amelung et al., 2018). Das tote organische Material im Boden wird als Humus bezeichnet. Dieser macht in Schweizer Ackerböden nur rund 1 – 5 % aus  (Gubler et al., 2015), leistet aber einen essentiellen Beitrag zu den Bodenfunktionen wie Trinkwasseraufbereitung, Naturkatastrophenschutz, Bereitstellung von Wasser und Nährstoffen, sowie die Kohlenstoffspeicherung. Ein humoser Boden kann zudem mehr Wasser speichern und ist weniger anfällig auf Erosion und Verdichtung.

Das Humusaufbau 1×1

Die Dynamik von Bodenkohlenstoff in der organischen Bodensubstanz ist komplex und erlebt zurzeit einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel. Dabei stellt sich die Frage, wie lange dieser im Boden stabilisiert wird, bevor er durch die Mineralisierung durch Mikroorganismen wieder der Atmosphäre als CO2 beitritt (Schmidt et al., 2011). Soll organischer Kohlenstoff möglichst in einem Landwirtschaftsboden verbleiben, muss stetig organisches Material zugeführt, der Boden bedeckt und die Fruchtfolge vielfältig gestaltet werden. Zwischen humuszehrenden Kulturen wie Hackfrüchten wird dem Boden durch Zwischensaaten oder Gründüngungen eine regenerierende Pause verschafft (Agroscope, o. J.). Untersaaten und das Direktsaat- sowie das Mulchsaatverfahren halten den Boden bedeckt, sodass der Boden feucht bleibt, vor Erosion geschützt und das Bodenleben mit Wurzelexsudaten versorgt wird.

Abbildung 2: Zusammenhang von Bodeneigenschaften, Bodenfunktionen und Ökosystemleistungen eingeteilt in Angebot und Nachfrage. Quelle: Nationales Forschungsprojekt 68, Teilsynthese 2 Boden und Umwelt, 2018

Situation organische Bodensubstanz Schweiz

Durch die Trockenlegung von Moorböden und eine intensive Bewirtschaftung der Landwirtschaftsflächen verloren die Landwirtschaftsböden über den Verlauf der letzten hundert Jahre und bis heute an organischer Bodensubstanz (BAFU & Klaus, 2017). Neuartige, innovative Ansätze beschäftigen sich nun mit dem Aufbau der organischen Bodensubstanz. Darunter die regenerative Landwirtschaft, konservierende Landwirtschaft, die Permakultur und beispielsweise Projekte wie AgroCO2ncept (ZH), Klimaschutz durch Humusaufbau (BL) oder das Ressourcenprogramm Humus (SO).

Was macht eigentlich die Politik?

In der Schweiz finden sich bis jetzt kaum politische Massnahmen, die den Verlust von organischer Bodensubstanz von landwirtschaftlich genutzten Böden aufhalten, geschweige denn, deren Aufbau fördert. Wie in Abbildung 1 illustriert, benötigt es zwischen Angebot und Nachfrage eine politische Regulierung um die nachhaltige Nutzung des Boden zu gewährleisten. Während einige Landwirt*innen sich schon seit Jahren innovativ mit Humusaufbau beschäftigen, fehlt es an einem gesamtgesellschaftlichen Verantwortungsgefühl und der dazugehörigen politischen wie auch wirtschaftlichen Umsetzung.

Von Direktzahlungen, CO2-Zertifikaten und Bodenpatenschaften

Da der Boden wertvolle Dienstleistungen für die Schweizer Bevölkerung erbringt, wäre es eine denkbare Strategie Bodenfruchtbarkeit und Humusaufbau im Sinne der Direktzahlung zu fördern. Landwirt*innen würden für den Mehraufwand und allfällige Ernteausfälle von Massnahmen wie Untersaaten, Mulchen, Zwischensaaten und Gründüngungen entschädigt. Der Verkauf von CO2-Zertifikaten durch Speicherung von Kohlenstoff im Boden, ist ein immer populäreres Modell. Die Zertifizierung von Bodenkohlenstoff in der Landwirtschaft birgt jedoch grosse Herausforderungen wie die Quantifizierbarkeit und Langfristigkeit der Senkenleistung (Leifeld et al., 2019). Eine andere Strategie fährt der Bodenfruchtbarkeitsfonds, der durch Spenden und Bodenpatenschaften, Landwirt*innen den wirtschaftlichen Nachteil kompensiert, welchen sie durch eine nachhaltige Bodennutzung erhalten.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Bachelorstudiums «Umweltingenieurwesen».

Literatur

Agroscope. (o. J.). Humusbilanz-Rechner. Abgerufen 14. Dezember 2020, von https://www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/publikationen/apps/humusbilanz-rechner.html

Amelung, W., Blume, H.-P., Fleige, H., Horn, R., Kandeler, E., Kögel-Knabner, I., Kretzschmar, R., Stahr, K., & Wilke, B.-M. (2018). Scheffer/Schachtschabel Lehrbuch der Bodenkunde. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55871-3

BAFU, & Klaus, G. (2017). Boden in der Schweiz. Zustand und Entwicklung. Stand 2017 (Bundesamt für Umwelt, Hrsg.).

Gubler, A., Schwab, P., Wächter, D., Meuli, R. G., & Keller, A. (2015). Ergebnisse der Nationalen Bodenbeobachtung (NABO) 1985-2009. Zustand und Veränderungen der anorganischen Schadstoffe und Bodenbegleitparameter. BAFU.

Leifeld, J., Müller, A., & Steffens, M. (2019). Kriterien für die Zertifizierung von Kohlenstoffsenken in Landwirtschaftsböden. 346–349.

Schmidt, M. W. I., Torn, M. S., Abiven, S., Dittmar, T., Guggenberger, G., Janssens, I. A., Kleber, M., Kögel-Knabner, I., Lehmann, J., Manning, D. A. C., Nannipieri, P., Rasse, D. P., Weiner, S., & Trumbore, S. E. (2011). Persistence of soil organic matter as an ecosystem property. Nature, 478(7367), 49–56. https://doi.org/10.1038/nature10386


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