Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) sind Freiräume hindernisfrei zu gestalten. Dies ist nicht nur für Menschen mit Behinderungen wichtig, sondern auch für ältere und hochbetagte Menschen. Mit zunehmendem Alter nehmen körperliche Beeinträchtigungen wie z.B. die Abnahme der motorischen Fähigkeiten, des Hör- und Sehvermögens, der körperlichen Koordination und schnellere Ermüdung zu.
Barrierefreie Freiräume können für diese Menschen von grossem Nutzen sein. In der Schweiz gelten die Norm SN 521 500 (Procap, 1988) sowie kantonale Vorschriften zur Reduktion physischer Barrieren im öffentlichen Raum. Diese werden durch einschlägige Gesetze, Normen, Richtlinien und die Aktivitäten der Fachstelle für behindertengerechtes Bauen unterstützt.
Mit Enthusiasmus in die interdisiziplinäre Zusammenarbeit
Wir haben uns für dieses von AGe+ geförderte Projekt entschieden, weil es noch an Wissen mangelt, wie grüne Aussenräume von Kirchen und Friedhöfen inklusiv geplant, umgesetzt und gepflegt werden können. Dabei wollten wir besonders die gesundheitlichen Herausforderungen und Beeinträchtigungen, die oft mit chronischen Krankheiten einhergehen, berücksichtigen. Das Projekt mit seinem Schwerpunkt war daher auch ideal, um erstmals eine Kooperation zwischen den ZHAW-Departementen in Wädenswil (Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen) und Winterthur (Institut für Pflege) aufzubauen. Wie in vielen Projekten starteten wir mit viel Enthusiasmus, da vieles neu war, und wir versuchten, verschiedene Kulturen in der Zusammenarbeit zu vereinen.
Wir erarbeiteten die inhaltlichen und organisatorischen Grundlagen und konzipierten darauf aufbauend ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem Ziel, eine wissenschaftlich fundierte Planungs- und Umsetzungshilfe partizipativ von, mit und für ältere und behinderte Menschen zu entwickeln. Wir wollen damit die inklusive Entwicklung der grünen Aussenräume von Kirchen und Friedhöfen fördern, weil wir überzeugt davon sind, dass es sich um ein schlummerndes Potenzial handelt, diese besonderen Freiräume am Wohnort zu nutzen. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft leben immer mehr Menschen mit Behinderungen. Dementsprechend muss die Umwelt so gestaltet werden, dass Menschen sich barrierefrei begegnen und auch miteinander kommunizieren können.
Das Kernteam besteht aus Forschenden aus den Departementen Life Sciences and Facility Management (Forschungsgruppen Grünraumentwicklung und Grün & Gesundheit) und Gesundheit (Institut für Pflege). Zur Vorbereitung eines grösseren Projektes haben wir Literaturanalysen durchgeführt und mit Expert:innen gesprochen. Der interdisziplinäre Austausch und die interprofessionelle Zusammenarbeit haben sich als wichtige Ressource erwiesen, um Material zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu generieren.
Erholungs- und Rückzugsräume für ältere Menschen mit Behinderungen
Wir konnten voneinander lernen und uns gemeinsam auf den Weg machen. Interprofessionell zusammenzuarbeiten, bedeutet nicht grundsätzlich, dass es einfacher wird. Wir haben erkannt, dass es viel Austausch braucht, um die jeweiligen Kulturen, in denen sich die Beteiligten bewegen, überhaupt zu verstehen.
Es ist uns ein Anliegen, uns insbesondere für die älter werdenden Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft einzusetzen und dazu beizutragen, dass Erholungs- und Rückzugsräume geschaffen werden, die den gesundheitlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Barrierefreie Grünräume bieten nicht nur Erholung und Ruhe, sondern sind gerade für ältere Menschen mit körperlichen Einschränkungen eine wichtige Ressource zur Gesundheitsförderung. Der Ansatz der Inklusion ist im Bereich der Grünraumentwicklung in Forschung und Praxis neu und soll partizipativ mit (älteren) Menschen, die von Behinderung betroffen sind, erarbeitet werden.
Zur Person
Daniela Händler-Schuster ist Professorin für gemeindebasierte integrierte Versorgung am Institut Pflege, ZHAW Gesundheit.
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