Wie man mit «Data Products» Probleme löst und die Welt verbessert

Durch die Digitalisierung entstehen neue Geschäftsfelder für Produkte und Dienstleistungen, die aus Daten generiert werden. Aber wie entwickelt man vor diesem Hintergrund Services und Produkte, die wirklich relevante Probleme lösen? Dies und wie man ein gewinnbringendes Geschäftsmodell für sogenannte «Data Products» entwirft, erklärt uns Jürg Meierhofer im Interview. Er ist einer unserer DIZH Fellows, Dozent für unter anderem den CAS «Smart Service Engineering (Data Product Design)» sowie Studiengangleiter des MAS Industrie 4.0. Seine Absolventinnen und Absolventen haben beispielsweise im Rahmen des CAS verschiedene «Data Products» konzipiert.

Jürg, du unterrichtest den CAS «Smart Service Engineering (Data Product Design)» an der ZHAW School of Engineering. Worum geht es da?

Es geht es darum, Bedürfnisse der Kunden zu erkennen, die mit Daten bedient werden können. Dazu nutzen wir die neuesten technischen Möglichkeiten und können so diese Bedürfnisse eventuell sogar besser bedienen, als es der Kunde erwartet hätte.

«Smart» steht für datengetrieben. «Service» impliziert, dass wir daraus einen Nutzen für jemanden generieren. Und «Engineering» bedeutet, dass wir eine systematische Vorgehensweise anwenden.

Und was ist ein «Data Product»?

Beim Data Product Design geht es darum, aus der Data Science einen Nutzen zu generieren. Wir haben auf der einen Seite viele begabte Data Scientists, die mit Daten und Algorithmen «Insights» entwickeln, also Erkenntnisse gewinnen. Zu Beginn ist aber noch nicht klar, wem das überhaupt etwas nützt. Dafür gibt es die andere Seite, die beim Kunden anfängt und analysiert, welche Probleme im beruflichen oder privaten Alltag von Menschen lösenswert sind. Im «Smart Service Engineering» bringen wir diese beiden Seiten zusammen, das heisst wir lösen relevante Probleme durch die Nutzung von Daten und Analytics.

Kurz gesagt, aus Daten schafft man «Insights» und diese Erkenntnisse haben einen Wert für jemanden. Er oder sie erhält dadurch einen Benefit und bezahlt auch dafür. Und erst dann ist es ein Data Product.

Wie läuft der CAS ab? Was lernen die Teilnehmenden und wie können sie es anwenden?

Mehr als die Hälfte der Kursdauer besteht darin, dass die Teilnehmenden selbst etwas machen. Am ersten Tag formieren sie sich in Gruppen und müssen eine Problemstellung suchen, die sie in einer Fallstudie, der Case Study, lösen wollen.

Zuerst muss das Problem beschrieben werden. Wer ist der Kunde, was macht er oder sie und welche Problempunkte («Pains») stellen sich dabei? Und damit verbringen wir etwa zwei bis drei Wochen. Erst wenn wir das Problem genügend verstanden haben, gehen wir ins Lösungsdesign. Also: Welche «Insights» brauchen wir? Und welche Daten haben wir dafür?

Später im CAS geht es darum, wie man damit Geld verdienen kann, also um das Business Model Design. Zum Schluss geht es noch um Data Security, Datenschutzgesetze und Datenethik: Darf man das? Will man das?

Eine der Gruppen hat sich im CAS überlegt, wie man Spitäler besser unterstützen kann. Welche Probleme gibt es da?

Im Medizinbereich gibt es das Problem, dass in gewissen Situationen das Spitalpersonal bestimmte Waren mit manuellen Prozessen und oft kurzfristig bestellt. In der Wintersaison gibt es beispielsweise viele Beinverletzungen und dafür werden Prothesen, Implantate oder Stützelemente gebraucht. Und wenn die Spitäler plötzlich einen Mangel haben, verschicken sie kurzfristig Bestellungen per Fax und so geraten auch die Hersteller unter logistischen Druck.

Die CAS-Gruppe hat also das Personal in den Spitälern und die Lieferanten interviewt und sie nach ihren Herausforderungen gefragt. Im zweiten Schritt haben sie nach Lösungen gesucht, um das Leben dieser Menschen zu vereinfachen. Dabei sind sie auf die Idee mit dem «intelligenten Medizinschrank» gekommen.

Was kann man sich unter einem «intelligente Medizinschrank» vorstellen?

Wenn etwas aus dem Medizinschrank herausgenommen wird, wird es automatisch direkt beim Hersteller nachbestellt. Somit ist der Inhalt immer auf dem aktuellen Stand.

Ausserdem ist der Schrank digital vernetzt. Er hat Zugriff auf viele Daten im Hintergrund wie Unfallstatistiken vergangener Jahre oder Wettervorhersagen. Auch durch diese Daten können vorausschauend Bestellungen ausgelöst werden. Also beispielsweise durch ein bevorstehendes schönes Wochenende oder ein Feiertag, an dem viele Skifahren gehen. Dies könnte dann auch noch mit der Geografie verknüpft werden, da im Bündnerland die Situation vielleicht anders ist als in der Zentralschweiz.

Wollt ihr mehr erfahren über den «intelligenten Medizinschrank»? Die Absolventinnen und Absolventen des CAS haben ihre fertigen Case Studys in einem Ebook veröffentlicht. Es ist hier zum Download erhältlich.

Was machen die Teilnehmenden, wenn sie mit dem CAS fertig sind? Gibt es weitere passende Weiterbildungsangebote?

Von den Teilnehmenden absolviert ein Teil den CAS «Smart Service Engineering» als einzelnen Kurs, viele aber auch als Element eines ganzen MAS. Es gibt, zum Beispiel, den MAS Data Science. Da gibt es CAS Module in Statistical Modelling, Information Engineering, Datenanalyse und Machine Intelligence.

Seit April haben wir auch einen neuen MAS Industrie 4.0, da haben wir das CAS «Smart Service Engineering» auch als wichtiges Element integriert.

Wie geht es mit den «Data Products» aus dem CAS nun weiter? Gibt es schon erste Unternehmensgründungen?

Ich habe es schon ein paar Mal erlebt, dass Absolvierende mit dem Gedanken spielten, ihren Job zu kündigen, um ein Unternehmen zu gründen. Es freut mich natürlich, wenn sie an diesen Punkt gelangen, wo sie denken «Das wäre eine spannende Perspektive für mein Leben!»

Aber viele Absolvierende wenden die Inhalte auch in ihren Unternehmen an. Ein früherer Teilnehmer, ein Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens, möchte jetzt seine eigenen Mitarbeitenden schulen. Er sagte zu mir: «Die müssen das unbedingt lernen!»

Von daher hoffe ich, dass es etwas in der Welt bewegt und einen Nutzen stiftet bei der Lösung relevanter Herausforderungen. So, dass wir am Morgen aufstehen und wissen, wofür wir arbeiten gehen. Und bis zum Abend versuchen, die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen.

Wenn ihr direkt mit Jürg Meierhofer Kontakt aufnehmen wollt, freut er sich über eure Email!


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