Die aktuellen Entwicklungen lassen uns schneller als erwartet spüren, wohin uns die fortschreitende Digitalisierung führen wird: Nicht nur die Art und Weise wie die Menschen untereinander kommunizieren ist im Wandel begriffen, auch mit wem wir kommunizieren, verändert sich. So trifft man in Chaträumen vermehrt auf künstliche Intelligenz. Gespräche finden nicht mehr nur zwischen Menschen statt, sondern auch zwischen Mensch und Maschine. Ziel eines aktuellen von der Hasler Stiftung finanzierten Forschungsprojektes am Institut für Wirtschaftsinformatik ist es, Design-Kriterien für eine effektive avatar- und agentenbasierte Kommunikation im Kontext des immersiven virtuellen Arbeitsraums zu evaluieren.
Verschmelzung von physischen und virtuellen Welten
Die Digitalisierung hat ihren Lauf genommen. Arbeitsplätze werden immer stärker virtualisiert. Die meisten unserer Kunden, Vorgesetzten und Kollegen haben wir noch nie physisch getroffen. Stattdessen trifft man sich virtuell in Chats oder Telefonkonferenzen.
Durch den Prozess der Digitalisierung ist es vorstellbar, dass die Kommunikation in Zukunft eine Mischung aus virtueller und erweiterter Realität sein wird. Die Mixed-Reality-Technologie ermöglicht die perfekte Verschmelzung der physischen und virtuellen Welt. Die physische Präsenz kann dabei durch eine vollständig immersive Erfahrung ersetzt werden. Avatare, die echte Menschen oder künstlich intelligente Software-Agenten repräsentieren, können miteinander in virtuellen oder Mixed-Reality- Welten kommunizieren.
Forschungsprojekt für die Evaluation von Design-Kriterien
Seit der Einführung der Telekommunikation und verteilter Systeme ist die Virtualisierung ein Schlüsselfaktor für die zunehmend vernetzte und globalisierte Wirtschaft. Es wurde eine Vielzahl von Technologien entwickelt, um die asynchrone und synchrone Zusammenarbeit in gemeinsamen virtuellen Umgebungen unabhängig von Raum und Zeit zu ermöglichen.
Ziel des von der Hasler Stiftung finanzierten Forschungsprojektes ist es, Design-Kriterien für eine effektive avatar- und agentenbasierte Kommunikation im Kontext des immersiven virtuellen Arbeitsraums zu evaluieren. Diese Herausforderungen können nicht allein mit technologischen Mitteln bewältigt werden, sondern erfordern Forschungsbeiträge aus verschiedenen Disziplinen wie Kunst & Design, Business Technology, Linguistik und Psychologie.
In der Ausgestaltung der computervermittelten Kommunikation liegt die Herausforderung insbesondere in der Simulation der sozialen Präsenz. Im Gegensatz zur ursprünglichen Form der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht, können in virtuellen Umgebungen verbale und non-verbale Informationen (z.B. Tonfall, Mimik, Gestik und Körperhaltung) nur gefiltert wahrgenommen werden. Dadurch ist es schwierig eine persönliche Beziehung in einem Gespräch aufzubauen und wahrzunehmen. Wie kann beispielsweise in einem virtualisierten medizinischen Gespräch Empathie für einen Patienten vermittelt werden? Wie lässt sich in einem Verkaufsgespräch im virtuellen Raum eine Beziehung aufbauen, um zum Abschluss zu kommen?
Die zunehmend realistische und immersive Mixed-Reality (MR)-Technologie scheint eine offensichtliche Lösung zu sein, um die Einschränkungen der computervermittelten Kommunikation zu überwinden.
Virtuelle Gesprächspartner mittels Motion Capturing Technologie
Um die Design-Kriterien zu evaluieren, wurde ein virtueller Raum erstellt, welcher die Kommunikation und Kollaboration zwischen einem von Menschenhand gesteuerten Avatar und einem agentengesteuerten Avatar ermöglicht. Da die Umsetzung eines Agenten viel Zeit erfordert, wurde für das Forschungsprojekt entschieden, dass der Agent von einer Person gespielt wird. Dabei werden die Bewegungen des Körpers sowie die Mimik der Person mittels Motion Capturing Technologie auf den Avatar des Agenten übertragen. Ziel ist es herauszufinden, über welches Spektrum an Mimik und Gestik der Avatar des Agenten verfügen muss, damit der Avatar von einem menschlichen Gegenüber als glaubwürdiger und wünschenswerter Gesprächspartner empfunden wird.
Neue Wege der verbalen und non-verbalen Kommunikation?
Das experimentelle Setting mittels Motion Capturing Technologie ermöglicht die Kommunikation zwischen einem Avatar und einem gespielten Agenten in einer virtuellen Umgebung. Auch wenn es noch Verbesserungspotentiale bei der Visualisierung und Animation des Avatars gibt, zeigen erste Testversuche, dass die Probanden sich durchaus vorstellen können, mit dem Avatar eines künstlich intelligenten Agenten zu kommunizieren.
Es ist also anzunehmen, dass die Kommunikation und Kollaboration in Zukunft nicht nur zwischen den Menschen zunehmend virtualisiert wird, sondern um die Kommunikation mit Software-Agenten in Gestalt von Avataren erweitert wird. Die wesentliche Frage, die unsere Forschung motiviert, ist, ob es sich dabei zwangsläufig um die Simulation einer zwischenmenschlichen Kommunikation handeln muss oder ob ganz neue Praktiken der verbalen und non-verbalen Kommunikation mit künstlich intelligenten Wesen entstehen werden.
Ein Beitrag von Benjamin Kühnis