Die aktuelle Situation beschleunigt die Digitalisierung an der ZHAW. Dies betrifft sowohl Forschung, Lehre und Wirtschaftsdienste als auch die gesamte Verwaltung, das Management, die Zusammenarbeit und den sonstigen Arbeitsalltag. Mit neuen Ideen im Bereich der digitalen Transformation möchte auch das Institut für Wirtschaftsinformatik (IWI) seinen Beitrag dazu leisten, konkrete Herausforderungen im Zusammenhang mit der aktuellen Situation zu lösen. Neben der Studie zur Contact-Tracing-App werden drei weitere Projekte des IWI von ZHAW digital aus dem «Digital Futures Fund» gefördert:
Remote- und Hands-On Netzwerklabor
Die Vermittlung von Wissen zum Thema Netzwerksicherheit ist aufgrund der Vielschichtigkeit der Anforderungen an die Lernenden an sich schon anspruchsvoll. Ohne physische Interaktion mit einem Netzwerk stellt sie jedoch eine noch grössere Herausforderung dar: Es fehlt die Möglichkeit zum aktiven Experimentieren, das selbst mit virtualisierten Laborumgebungen, z.B. auf den privaten Computern der Studierenden, nur sehr eingeschränkt kompensiert werden kann. Im Rahmen des Projekts «Remote- und Hands-On-Netzwerklabor» soll ein «Proof-of-Concept-Prototyp» eines einfachen, aber leistungsstarken und skalierbaren physischen Netzwerklabors geschaffen werden, das sowohl aus der Ferne als auch «hands on» betrieben werden kann. Das System besteht aus mehreren vernetzten Knoten mit flexibel wählbarer Peripherie und ermöglicht unterschiedlichste Konfigurationen und damit variable Lernepisoden, die auf den Lehrplan von technischen und nicht technischen Studiengängen an der ZHAW abgestimmt werden können. Um den speziellen Anforderungen für den Einsatz des Labors in synchronen und asynchronen Lernszenarien auch bei gemischt-präsenten Lehrveranstaltungen Rechnung zu tragen, entwickeln die Projektverantwortlichen die notwendige Hardware selbst und sind damit auch in der Lage, flexibel auf alle Entwicklungen technischer und curricularer Art zu reagieren. Auf Basis des vielseitigen Raspberry-Pi-Compute-Modules entsteht eine modulare Systemlandschaft, die sowohl kabelgebundene als auch kabellose Netzwerkschnittstellen sowie Anschlussmöglichkeiten für Massenspeicher, Sensoren und vieles mehr bietet. Dadurch lässt sich eine Vielzahl von realistischen Szenarien aus unterschiedlichsten praktischen Einsatzbereichen in Unternehmen nachbilden. Zahlreiche Displays geben den Studierenden transparent den Betriebszustand wieder und ermöglichen ein leichteres Verständnis der Lerninhalte, die den Experimenten zugrunde liegen. Mit diesem Labor und seinen physischen Systemen können Studierende nicht nur «hands on» experimentieren – sei es in Übungsstunden vor Ort oder aus der Ferne über das Internet –, sondern auch eigene Experimente entwickeln und damit aktiv an der Evolution des Laborsystems teilhaben. Mittels Videoübertragung und Fernwartung können das Experiment und dessen Anzeigen jederzeit beobachtet werden.
Nach der erfolgreichen Erprobung des Proof-of-Concept-Prototyps wird das das Konzept über die Förderung hinaus langfristig weiter ausgebaut und fest in mehrere Vorlesungen integriert. Insgesamt bietet die hohe Flexibilität des Laborsystems den Studierenden einen Mehrwert sowohl im Präsenz- als auch im Distanz- und «Mixedmode»-Unterricht und schafft auch für Lehrende erweiterte Ansätze für die Inhaltsvermittlung. Ganz nebenbei ist die ZHAW auch für eventuelle zukünftige Einschränkungen des Präsenzunterrichts gewappnet.
Projektleitung: Dr. Peter Heinrich
Non-verbal Communication in immersive Virtual Reality – “Affective avatars for ZHAW employees”
Im Gegensatz zu herkömmlichen Video- oder Telefonkonferenzsystemen (z.B. MS Teams, Zoom) bieten immersive virtuelle Meetings einen digitalen Raum, in dem die Teilnehmenden mehr tun können, als nur miteinander kommunizieren. Zusätzlich können sie sich bewegen und komplexere Formen der Zusammenarbeit durchführen, z.B. gemeinsam virtuelle Objekte manipulieren. Eine Herausforderung bei virtuellen Besprechungen ist die Effektivität der Kommunikation durch die fehlende soziale Präsenz. Effektive Kommunikation beruht auch auf nonverbalen Signalen wie Gestik, Mimik und Tonfall. Die heutigen Avatare sind jedoch nicht in der Lage, ihren physischen Zwilling als Ganzes zu repräsentieren. Insbesondere wird ein angemessenes nonverbales Verhalten für ernste Anwendungsfälle – d.h. über die Anwendung in einem Gaming-Kontext hinaus – und für komplexe Kommunikationsaufgaben nicht ausreichend unterstützt. Das Ziel des Projekts «Non-verbal Communication in immersive Virtual Reality» ist daher die Bereitstellung affektiver virtueller Avatare, die in der Lage sind, nonverbale Signale für eine effektivere Kommunikation in VR-Sitzungen zu vermitteln.
Projektleitung: Dr. Thomas Keller
ZHAW Digital Culture Assessment – ZHAWDigiCult
Mit dem Lockdown in der Coronakrise war die Information & Communication Technology (ICT) der ZHAW quasi «über Nacht» gefordert, notwendige Lösungen für den kontaktlosen Unterricht bereitzustellen oder aufzustocken. Wie hat sie das bewerkstelligt? War das Management darauf vorbereitet? Wie hat sich die ICT organisiert? Und welche Rolle spielte dabei die Organisationskultur?
Solchen Fragen geht das Projekt «ZHAW Digital Culture Assessment – ZHAWDigiCult» nach. Es basiert auf der Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen der vorherrschenden Unternehmenskultur und der Leistung der ICT gibt. In der ausserordentlichen Situation von COVID-19 spielt die Kultur eine besondere Rolle. Die Organisation muss rasch handeln und Risiken eingehen. Möglicherweise noch aufgeschobene Digitalisierungsvorhaben müssen sofort umgesetzt werden, auch wenn deren Auswirkungen noch weitgehend unklar sind. Schlagartig wird auch den Mitarbeitenden und Studierenden bewusst, dass eine gut funktionierende IT nicht einfach selbstverständlich ist. Bei allen Beteiligten braucht es spätestens jetzt einen digitalen «Mindset», um die Krise gemeinsam zu bewältigen.
Das Projekt verfolgt einen qualitativen Forschungsansatz. Es nimmt ein Stimmungsbild der digitalen Kultur an der ZHAW auf und will damit für die Unternehmenskultur und ihre Wirkung sensibilisieren. Die Analyse der aktuellen Situation kann zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen, sowohl für die Belange der ICT als auch für die Bedürfnisse der Organisation. Mit der Erkenntnis, welche Rolle das IT-Management in Krisenzeiten spielt und wie sich dies auf die gesamte Organisationskultur auswirkt, kann die ZHAW die Bewältigung der Coronakrise und zukünftiger ähnlicher Ereignisse optimieren.
Projektleitung: Marcel Sieber