Die Nachfrage nach temperaturgeführten Produkten, insbesondere für Nahrungsmittel und pharmazeutische Produkte, steigt kontinuierlich an. Bis 2025 wird in diesem Markt mit einem Wachstum von bis zu 18% gerechnet. Dies ist jedoch mit einem steigenden Energiebedarf und daraus resultierenden Treibhausgasemissionen verbunden. Die zur Kühlung von Lebensmitteln benötigte Energie macht 8 % des weltweiten Stromverbrauchs und 2,5 % der Treibhausgasemissionen aus. Bisherige Versuche, die Effizienz von Kühlketten zu steigern, konzentrierten sich auf Insellösungen wie Routenoptimierung oder effiziente Gebäudekühlung. Was fehlt, ist eine holistische Dekarbonisierungsstrategie für Logistik-Kühlketten, die auf Systemebene ansetzt und alle Schritte, vom Ausgangsprodukt bis zum finalen Distributionspunkt, berücksichtigt.
Um diese Forschungslücke zu schliessen, entwickelt das Team für Nachhaltiges Supply Chain Management des Instituts für Nachhaltige Entwicklung ein Simulationsmodell als Entscheidungshilfe für die Ausgestaltung einer energieautonomen Logistik-Kühlkette unter Berücksichtigung von Transport inkl. Kühlung, Lagerung und Distribution der Produkte. Das Simulationsmodell wird eine konsistente Analyse des Energiebedarfs und der Treibhausgasemissionen von Kühlketten ermöglichen.
Das Modell kombiniert Life Cycle Assessment (LCA) mit System Dynamics. LCA wird angewendet, um die Umweltauswirkungen zu quantifizieren. System Dynamics wird als Tool zur Entscheidungsfindung eingesetzt. Es dient dazu, die Konfiguration des untersuchten Kühlkettennetzwerks darzustellen und das Zusammenspiel verschiedener Energiesparmaßnahmen zu simulieren. Darüber hinaus soll System Dynamics zur Modellierung und Optimierung verschiedener Kombinationen von Technologien eingesetzt werden. Das Modell soll generisch und für verschiedene Kontexte und Regionen skalierbar sein. Außerdem soll es aus modularen Elementen bestehen, die flexibel an den jeweiligen Untersuchungsgegenstand angepasst werden können. Zusätzlich soll eine dynamische Simulation über einen bestimmten Zeitraum ermöglicht werden. Dies ist beispielsweise bei der Einbindung von PV-Anlagen wichtig, die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen.
Mit der Umsetzung dieses Forschungsvorhaben kann aus wissenschaftlicher Perspektive ein wesentlicher Beitrag zur Schliessung der Forschungslücke einer ganzheitlichen und systemischen Betrachtung der logistischen Kühlkette und der damit verbundenen Potenziale zur Realisierung von Energie- und Emissionseinsparungen geleistet werden. Zudem wird Wissen im Bereich der Entwicklung eines Logistik-Simulationstools generiert, was die Analyse verschiedener Szenarien erlaubt.
Aus Sicht der Praxis leistet dieses Projekt einen Beitrag zur Erreichung von Energie- und CO2-Emissionsreduktionszielen und schafft die Rahmenbedingungen für die Entscheidungsfindung für die zwischen- und innerbetriebliche Ausgestaltung von Kühlketten. Darüber hinaus wird die Grundlage für Energiezertifikate für verderbliche Produkte geschaffen.
Erste Ergebnisse wurden bereits an der Sustainability EUROMA präsentiert. Im nächsten Schritt kann mit der Erhebung einer Kühlkette eines Projektpartners und mit der Umsetzung des Simulationsmodells begonnen werden.