Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 haben viele ZHAW-Mitarbeitende intensive Erfahrungen mit virtuellem Arbeiten, Remote-Work und mit Führung auf Distanz gesammelt. Eine Befragung des ZHAW Departements Angewandte Psychologie und der ZHAW School of Management and Law zeigt, dass das auch Auswirkungen auf die Führung von Vorgesetzten und Mitarbeitenden hat. Kraftvolle Führungsformate können dabei helfen, den rasanten Entwicklungen einer digitalen Gesellschaft und damit einer zunehmend digitalen Hochschule zu begegnen.
Michael Zirkler, Nicoline Scheidegger und Alessia Bargetzi haben in einem Projekt des «Digital Futures Fund» von ZHAW digital Fragen zur Distanzführung untersucht und dafür die Erfahrungen der ZHAW-Mitarbeitenden gesammelt. Ihre Befragung zeigt, dass sich die Quellen von Führung verschieben: tendenziell nimmt die Bedeutung der hierarchischen Linienführung ab, während Führungsimpulse aus dem Team heraus weiterhin wichtig bleiben und Selbstführung wichtiger wird. Ihre Empfehlungen können in verschiedenen Unternehmen zu einem Dialog über zukunftsfähige Führungsformate anregen. Sie können Vorgesetzten und Mitarbeitenden dabei helfen, die Arbeitswelt von morgen zu gestalten.
Wichtige Aspekte, die es bei der Distanzführung nach den Erkenntnissen der Studie zu beachten gilt, sind folgende:
Diversität anerkennen und pflegen
Diversität bedeutet mit Blick auf die Führung, dass gemeinsame Rahmenvorstellungen und -verpflichtungen erarbeitet werden sollten, die jedoch ausreichende Freiheit und Flexibilität für die jeweiligen lokalen Bedürfnisse aufweisen.
Digitale Werkzeuge erlernen und elaborieren
Der sichere Umgang mit digitalen Werkzeugen muss erlernt und elaboriert werden. Solange das nicht geschehen ist, sind z. B. Hosts von Meetings mehr mit sich selbst und den Werkzeugen beschäftigt als mit dem Geschehen im Meeting. Als Nebeneffekt wird auch die Digitalisierungskompetenz in der Lehre verbessert werden.
Professionalität beim digitalen Hosting steigern
Beim Hosting geht es um die Vorbereitung und Moderation von Meetings. All das muss jetzt auch digital geleistet werden. Eine gute Vorbereitung von Meetings, Workshops usw. ist wichtig, also z. B. die sorgfältige Einrichtung der virtuellen Räume, Zuordnung von Breakout-Gruppen usw.
Zwischenmenschliche Beziehungen entwickeln und pflegen
Ein professionelles «Check-in» und «Check-out» wird beispielsweise an Bedeutung gewinnen, um die fehlende informelle Begegnung zumindest zu kompensieren. Es wird wichtig sein, das vorhandene Vertrauen zu erhalten und auszubauen, ohne die wichtige Funktion der gemeinsamen Orientierung mit Blick auf Abläufe, Terminierungen, Outputerwartungen, Qualität, Kostenbewusstsein usw. in Frage zu stellen.
Infrastruktur kontinuierlich ausbauen
Infrastruktur betrifft Internetzugänge (vor allem schnelles Internet), Computerkapazitäten, Peripherie (Kamera, Mikrophon), aber auch räumliche Möglichkeiten und Ausstattungen im Homeoffice. Für die Hochschule wird zu entscheiden sein, welche Unterstützung sie bei der Einrichtung und Sicherstellung der notwendigen Infrastruktur bietet.
Distanzführung elaborieren
Die Linienführung muss dahingehend überprüft werden, welche Erwartungen sie seitens der Organisation sowie seitens der Mitarbeitende in Zukunft sinnvoll erfüllen kann.
Für die Stärkung der Selbstführung wird es wichtig sein, die Frage der Verantwortung expliziter zu formulieren und zu beantworten: Was sind die Verantwortungsbereiche von Mitarbeitenden, was diejenigen von formalen Führungskräften und welche Verantwortung übernehmen Menschen in der Organisation im Rahmen von definierten Rollen.
Wesentliche Führungsimpulse kommen aus dem Team. Als wichtige Quelle von Führung an der Hochschule sollten die Teams entsprechend mit Blick auf ihre Führungs- und Steuerungsfähigkeiten gestärkt werden. Führungskräfte haben hier eine Rolle als Entwickler:in, Coach und Moderator:in.
Herstellen von Zukunftsfähigkeit
Die heutige und künftige Führungsarbeit ist technologisch, aber auch menschlich anspruchsvoll. Führungskräfte müssen besser auf ihre Aufgabe vorbereitet werden, aber auch das erweiterte Repertoire an Führungsrollen und -varianten muss elaboriert werden. Dazu braucht es vor allem auch Zeit für die eigene Entwicklung und passende Entwicklungsformate (wie etwa Coachings on the job). Die Führungsentwicklung sollte sozial nachhaltig angelegt sein.