Autor: Marcel Stöckli, Student der ZHAW School of Management and Law
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem ZHAW-Ambassadoren-Programm entstanden. @zhaw_sml
Ich war vor einigen Wochen an der Langen Nacht der Karriere (LNDK). Genauer gesagt durfte ich zusammen mit meinen Kollegen Christoph und Ariane an der Masterbar bedienen. Christoph kannte ich schon, weil wir zusammen den BSc Wirtschaftsrecht abgeschlossen haben, Ariane als sympathisches Werbegesicht der ZHAW School of Management and Law, war mir davor nur von Plakaten bekannt.
Zum Netzwerken sollen solche Career Events gut sein. Es heisst, man komme ganz locker mit echten Arbeitgebern ins Gespräch, könne Kontakte knüpfen und sich in vergnüglichem Rahmen in Sachen Bewerbungen fit machen. Aber mal ganz offen gefragt: Ist das wirklich so?
Hier meine (zugegeben) ziemlich subjektiven Beobachtungen von hinter dem Tresen aus:
− Am Anfang sind die meisten Teilnehmenden ziemlich scheu.
− Die künstlich geschaffene Umgebung, in der echte Situationen mit echten Teilnehmenden simuliert werden, verunsichert. Man sieht den Studierenden die Unsicherheit förmlich an. Manche fragen sich wohl: „Zählt das jetzt oder doch nicht?“
− Die angeblich so lockere Atmosphäre fühlt sich tatsächlich ganz schön angespannt an.
− Es sind vor allem Gruppen von Teilnehmenden unterwegs, die einander schon kennen. Diese Gruppen unterhalten sich vor allem untereinander.
Ich stelle mir vor, wie eine Begegnung mit einem Recruiter tatsächlich abläuft. Nach einer Aufwärmphase nimmt man den ganzen Mut zusammen, um ein maximal fünfminütiges, ziemlich oberflächliches Gespräch zu führen. Wie viele haben an diesem Abend dasselbe gemacht? Kann man überhaupt positiv auffallen? Kann man wirklich einen realen Vorteil aus so einem kurzen Moment ziehen?
Ich wage es jetzt einfach mal, das zu bezweifeln. Von herzerwärmenden Einzelfällen abgesehen wird das für die allermeisten wohl nicht unmittelbar so funktionieren. Heisst das nun aber, man solle gar nicht erst an solche Anlässe gehen, weil es nichts bringt und das Ziel verfehlt wird? Das meine ich damit ganz bestimmt nicht!
Wie funktioniert denn „professionelles“ Netzwerken? Meiner Meinung nach ist das weitestgehend gleich wie bei allen anderen menschlichen Beziehungen. Egal ob Freundschaft, Liebe, Familie oder eben berufliche Kontakte – eine zwischenmenschliche Beziehung entwickelt sich ständig. Insbesondere wird sie enger, je mehr sie gepflegt wird. Eine enge Beziehung bietet für die Beteiligten definitiv Vorteile. Wenn man einander besser kennenlernt, verringern sich, wirtschaftlich gesprochen, die Transaktionskosten. Einfach ausgedrückt: Vertrauen entsteht. Es ist angenehmer und einfacher, mit jemandem zu interagieren, den man versteht, weil man ihn kennt.
Genau das ist vermutlich auch der Grund, warum bei den Besuchern des Anlasses viel leichter und natürlicher ein Gespräch zwischen denjenigen Teilnehmenden entstand, die sich bereits kannten. Das ist aber nicht schlecht, im Gegenteil! Bestehende Beziehungen werden gepflegt und festigen sich. Besonders interessant wird es, wenn in einer Gruppe jeder mindestens einen anderen kennt, sich aber (noch) nicht alle untereinander kennen. Gemeinsame Bekannte fungieren dabei als Knotenpunkte im Netzwerk. Ein Bekannter eines Bekannten ist sozusagen ein Bekannter zweiten Grades. Durch Anlässe wie die LNDK kann es nun sein, dass aus Bekannten zweiten Grades direkt Bekannte oder eben Bekannte ersten Grades werden. Die Bekannten dieser neuen Bekannten sind nun wiederum vom dritten Grad in den zweiten gewechselt und das Netzwerk wird enger. Klingt ziemlich theoretisch? Ja, aber tatsächlich habe ich schon wunderbare Ferien mit Freunden von Freunden verbracht und zähle sie seither definitiv zu den direkten Freunden.
Ich war aber viel mehr als nur ein Beobachter an diesem Abend. Auch ich habe, ohne es direkt gemerkt zu haben, genetzwerkt und das sogar, ohne einen einzigen Stand besucht zu haben.
Ich habe zumindest eine bereits bestehende Beziehung gepflegt, indem ich den halben Abend (einiges mehr als fünf Minuten) mit Christoph über alles Mögliche diskutiert habe. Zusätzlich habe ich Ariane kennengelernt und so einen neuen Knoten in mein ganz persönliches Netz geknüpft. Mit Christoph habe ich übrigens schon am Tag darauf ein Datum fixiert, an welchem wir uns mit ehemaligen BSc-Kollegen auf einen gemütlichen Abend treffen wollen.
@Ariane: Falls du das liest, bist du selbstverständlich auch herzlich willkommen.
@Alle anderen: Nutzt gebotene Anlässe zur Netzwerkpflege. Sucht dabei aber nicht verbissen möglichst viele neue (oberflächliche) Kontakte, sondern vergesst nicht, die bestehenden Verbindungen zu pflegen, und freut euch, wenn euer Netz allmählich und ganz natürlich wächst.