Anfangs 2018 flogen Peter Qvist-Sørensen und Grégoire Meylan (School of Management and Law, Center for Business in the Americas) im Rahmen eines swissnex-Mini-Sabbatical nach Amerika. Ziel des Aufenthaltes war, den Stand der Digitalisierung in der amerikanischen Maschinen-, Elektro- und Metallbranche (MEM-Branche) mit Fokus auf die Ostküste und den Midwest und aus Sicht unterschiedlicher Akteure aus Industrie, Regierung und Wissenschaft zu verstehen. Der Besuch erlaubte auch, den Stand der Digitalisierung in der Schweizer MEM-Branche und deren Herausforderungen vorzustellen, neue Kontakte zu knüpfen und mögliche Kooperationspfade zu skizzieren. Die Anstrengungen führten schon zu einer Round-Table-Diskussion über Smart Cities, Smart Grids, Cyper-Physical Systems und Auswirkungen auf das industrielle Internet der Dinge am 2. Mai 2018 mit Dr. Chris Greer (Leiter des US National Institute of Standards and Technology, NIST) am Bundesamt für Energie sowie eine Podiumsdiskussion über die gleichen Themen am 3. Mai mit Dr. Greer an der ZHAW. Unten werden die Haupterkenntnisse des Besuchs kurz vorgestellt.
Das Fehlen von Definitionen und Standards in Industrie 4.0 erschwert den Einsatz digitaler Technologien in der MEM-Branche, z.B. frei zugänglicher Daten und Plattformen. In diesem Zusammenhang ist das Besitzen von Daten und Algorithmen ein grosses Thema. In den USA versucht das NIST in einer Koordinationsrolle diese Lücke zu schliessen. Gemäss dem NIST könnte eine internationale Standardisierung durch eine gemeinsame Identifizierung der neu auftretenden Probleme im Bereich Industrie 4.0, Smart Grids, usw. erfolgen.
Eine holistische Herangehensweise ist zur nachhaltigen Einführung von Industrie 4.0-Konzepten notwendig. Technologien müssen gemeinsam und konsistent mit Geschäftsmodellen und Unternehmensorganisation entwickelt werden. Damit aber dies tatsächlich passiert, muss mehr Interdisziplinarität und praxisnahes Lernen in die Hochschulen einfliessen. In diesem Zusammenhang wurde das Schweizer duales Bildungssystem gelobt.
Eine der grössten Herausforderungen für die Industrie 4.0 in den USA ist der Mangel an talentierten Fachkräften, insbesondere an Ingenieuren. Grund dafür war die Auslagerung der Produktion nach Asien. Unternehmen brauchen jetzt sowohl Datenwissenschaftler mit einem starken Hintergrund im Bereich maschinelles Lernen als auch Brancheninsider, die gemeinsam arbeiten. Eine digital vorangetriebene Reindustrialisierung könnte aber zu sogennanten «lights-out Factories» führen und somit nur wenig neue Arbeitsstellen mit sich bringen.
Letztendlich sehen die Befragten eine spannende Schnittstelle zwischen Industrie 4.0 und den Cleantech-Industrien. Umweltinformationen (z.B. CO2-Emissionen) können z.B. mittels RFID entlang einer Lieferkette geteilt werden, damit Massnahmen zur Verbesserung des Umweltfussabdrucks von Produkten möglichst effizient wirken. Weitere, disruptivere Anwendungen sind in den USA schon Alltag. Apps werden gebraucht, um Abfälle oder potentiell wertvolle Gegenstände, welche auf der Strasse liegen, bei der Gemeinde zu melden (Boston 311, https://www.boston.gov/departments/bos311).
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