Patrizia Rudoni, Bachelorstudentin, berichtet von ihrem Praktikum in Ecuador.
Weihnachten stand vor der Tür, doch irgendwie kam hier in Ecuador keine richtige Weihnachtsstimmung auf. Fern von Familie und Freunden, ohne Kälte und Schnee. Und obwohl mir dieses Fest normalerweise nicht sehr wichtig ist, schenkte ihm ein unvergesslicher Tag mit den Kindern des Barrios neue Bedeutung.
Eine Woche vor dem geplanten Weihnachtsfest für die Kinder der Fundación «Minadores de Sueños», erfuhren wir, dass der alljährliche Spender für die Geschenke der Kinder abgesprungen ist. Da die finanziellen Mittel der Stiftung Ende Jahr ausgeschöpft waren, sah es ganz so aus, als ob die Kinder dieses Jahr keine Geschenke zu Weihnachten bekommen würden.
Dies stimmte meine Mitbewohnerin Nina, welche Soziale Arbeit in Bern studiert, und mich sehr traurig. Wir wussten, dass die Geschenke der Fundación die einzigen sind, welche die Kinder des Barrios jeweils bekommen. So entstand die Idee, Leute aus der Schweiz zu mobilisieren, um die nötigen 630$ an Spenden für die Geschenke aller 70 Kinder zu sammeln. Durch die unglaubliche Unterstützung von Angehörigen, Freunden und Mitstudierenden aus der Schweiz hatten wir bereits nach wenigen Stunden den benötigten Betrag beisammen, nach einigen Tagen sogar das Doppelte. Diese grosse Solidarität zeigte mir wieder, dass es an Weihnachten ums Geben, Teilen und Beisammensein geht, und nicht nur um den Konsum, welcher mich zu einer Weihnachts-Pessimistin gemacht hat.
Das Fest war etwas ganz Besonderes. Den ganzen Morgen verbrachten wir damit, typisch ecuadorianische Weihnachtslieder zu singen, zu tanzen, mit den Kindern die Bedeutung von Weihnachten zu reflektieren, Piñatas zu zerschlagen, strahlende Kindergesichter zu bemalen und die verschiedensten Spiele zu spielen. Nach dem Mittagessen wurden dann die Geschenke verteilt.
In Ecuador ist es üblich, dass die Wohlhabenden der Städte zu Weihnachten in die Armenviertel gehen, und den Kindern Tüten voller Süssigkeiten schenken. Diese falsch verstandene Wohltätigkeit führt dazu, dass die Kinder des Barrios zwar viel zu Naschen haben, es ihnen aber nach wie vor an Grundnahrungsmittel und ausgewogenem Essen fehlt. Deshalb schenkt die Fundación den Kindern jeweils einen Früchtekorb zu Weihnachten. Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass Kinder solche Freude an einem Früchtekorb zeigen.
Die Geschenke sorgten ebenfalls für riesige Freude. Die Dankbarkeit eines zehnjährigen Mädchens berührte mich besonders. «Schau! Sie haben mir ein Tagebuch geschenkt! Da ist sogar ein Schloss dran!» Mit Tränen in den Augen sagte sie dann: «Das habe ich mir schon mein Leben lang gewünscht. Nichts mehr als das. Doch meine Mama hatte nie Geld, um mir eins zu kaufen. Danke tausend Mal!»
Dieser wunderbare Tag hat mir einmal mehr gezeigt, dass kleine Gesten so viel auslösen können. Dass es nicht viel braucht, um jemanden glücklich zu machen. Dass ich so viel von den Kindern des Barrios lernen kann. Sie haben mir beigebracht, die kleinen Dinge zu schätzen. Und sie haben Weihnachten wieder diese Magie verliehen, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne, aber lange nicht mehr gespürt habe.
Freude pur! Vale la pena:-)