von Pascal Tanner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Organisationskommunikation und Öffentlichkeit
Was macht gute Unternehmenskommunikation aus? Nach der jüngsten Vergabe des Swiss Award Corporate Communications hat der Forschungsschwerpunkt „Organisationskommunikation und Öffentlichkeit“ die Preisträger nach Winterthur eingeladen. In einer Doppelstunde der Vorlesung „Organisationskommunikation 1“ präsentierten die Besten der Stunde ihre Projekteingaben und dachten anschliessend laut über den Einstieg in die Berufswelt nach. Die Studierenden erhielten damit Einblick in die Best Practice der Schweizer Kommunikationsbranche.
Preisgekrönte Kommunikation am IAM
Zum elften Mal wurde dieses Jahr der Swiss Award Corporate Communications vergeben. Die Jury arbeitete unter dem Präsidium von IAM-Professor Peter Stücheli-Herlach. In der Laudatio zur Preisverleihung wurden zwei Eingaben als herausragend gewürdigt: Ein Hauptpreis ging an das Energieunternehmen Swissgrid für die Dialog-Kampagne zum Strategischen Netz 2025. Für die Jury des Awards galt diese Eingabe „als ein Paradebeispiel in Sachen Vernetzung “. Den anderen Hauptpreis verlieh die Jury an das Agentur-Tandem von Hej Creative und nik schwab communications, welches für Swiss Tennis eine Kampagne zur Förderung des Tennisnachwuchs‘ realisiert hat – dies, wie die Jury lobend bemerkte, mit stets „kritischem Blick auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag“.
Der Swiss Award Corporate Communications wurde dieses Jahr zum ersten Mal in exklusiver Branchen-Partnerschaft mit dem Berufsverband PR Suisse verliehen. Die Vernetzung mit dem Forschungsschwerpunkt Organisationskommunikation und Öffentlichkeit führte zu einer die Einladung der Preisträgerinnen in die Vorlesung. Irene Fischbach (Leiterin Unternehmenskommunikation bei Swissgrid) und Janine Widler (Mitbegründerin und Geschäftsführerin der Agentur Hej Creative) sprachen vor rund hundert Studierenden des ersten Bachelor-Semesters. Auch zu Gast war Daniel Bieri, Co-Veranstalter des Awards.
Kommunikationstheorie auf dem Prüfstand
Das für den Forschungsschwerpunkt zentrale Konzept des Corporate Public Storytelling baut auf zwei Grundannahmen auf. Einerseits wird damit die Art und Weise bezeichnet, wie Organisationskommunikation für Menschen erlebbar, verständlich und damit anschlussfähig wird: indem sie die Struktur und Dynamik einer Geschichte aufweist. Andererseits verweist dieser Ansatz auf die Tatsache, dass Organisationskommunikation stets unter den Bedingungen des öffentlichen Kommunizierens erfolgt und damit unter Bedingungen, die sich nicht kontrollieren lassen.
Diese beiden Aspekte spiegeln sich für die Kommunikationsleiterin von Swissgrid, Irene Fischbach, beim Erstellen eines Kommunikationskonzeptes in Form von zwei Grundsatzfragen: „Es ist wichtig, sich zu Beginn zu fragen: Was will ich sagen und was will ich damit erreichen?“ Kritisch für das Gelingen einer Kampagne sei in Anschluss an diese Feststellung vor allem der Bearbeitungsspielraum, den man „von oben her“ eingeräumt bekomme. Eine funktionierende und passgenaue Strategie könne nur dann entstehen, wenn der Kommunikation in einer Organisation ein hoher Stellenwert beigemessen werde – „was weit über die reine Umsetzung von Massnahmen hinausgeht“. Janine Widler von Hej Creative teilt diese Einschätzung. Mit Blick auf ihre Erfahrung in der auftragsbasierten Strategieberatung bilanziert sie zudem, dass Mandate dann am erfolgreichsten seien, wenn sie gleichermassen „mutig konzipiert und sorgfältig umgesetzt sind und wenn die relevanten Zielgruppen als mündige, intelligente Menschen angesprochen werden“. Mit Blick auf unseren Theoriezugang lässt sich damit bilanzieren, dass ein gut austariertes Verhältnis zwischen Mut und Sorgfalt dazu beiträgt, dass eine Story ihren Weg zum Adressaten findet – trotz massenmedialer Eigendynamiken.
Neue und alte Konstanten
Diskutiert haben wir in der Vorlesung auch die – für unsere Studierenden wichtige – Frage, wie sich die Branche in naher Zukunft entwickeln könnte. Obwohl davon auszugehen ist, dass Organisationskommunikation in der Kommunikationsgesellschaft von morgen an Bedeutung gewinnen wird, heisst dies nicht, dass auch die Budgets ansteigen werden. Weder auf der Agentur- noch auf der Corporate-Seite. „Man kann mit ganz wenig Geld sehr gute Kommunikation realisieren, das wird so bleiben,“ stellt Daniel Bieri fest, der als Co-Organisator seit Jahren eine Vielzahl von Projekteingaben gesehen hat. Dennoch sei davon auszugehen, dass sich die bespielten Kanäle und Massnahmen in nächsten Jahren weiter ausdifferenzieren werden. Dies heisst für ihn vor allem, dass mehrere und sehr unterschiedliche Kanäle in die strategische Planung einbezogen werden müssen: „Bei der Vergabe des Awards spielt die Integration von Kommunikation eine immer wichtigere Rolle.“ Man habe die Bewertungskriterien des Awards in Zusammenarbeit mit der Jury und ihrem Präsidenten überarbeitet, um auch in Zukunft einen relevanten Beitrag zur Qualitätsdiskussion in der Branche leisten zu können.
Generation Praktikum?
Die aktuelle Bildungs- und Organisationssoziologie ist sich einig: Der Weg in die Berufswelt beginnt immer öfter mit einem Praktikum. Neu ist in diesem Zusammenhang die Tendenz, dass man als Praktikantin oder Praktikant für wenig Geld Arbeit leisten muss, die einem beruflich nicht unbedingt weiterbringt: „Gerade in der Welt der Grossagenturen ist diese Anstellungspraxis in Anbetracht des Kostendrucks leider bereits seit Jahren zu beobachten“, stellt Janine Widler fest. Studienabgänger würden erst als Praktikanten und dann als Trainees eingestellt, bevor sie eine Festanstellung erhielten. Irene Fischbach – die derzeit selbst einen Praktikanten beschäftigt – kann dieser Entwicklung wenig Gutes abgewinnen und gibt mit ihrer Anstellungspolitik aktiv Gegensteuer: „Wir achten darauf, dass wir angemessen fordern und fördern. Und in Phasen, in denen wir keine passenden Aufgaben anbieten können, beschäftigen wir schlicht und einfach keine Praktikanten“. Wie sich anhand der Berufsbiographie unserer Gäste jedoch aufzeigen lässt, stellt das Praktikum für den Einstieg in die Kommunikationswelt schon länger eine Grundkonstante dar. Irene Fischbach hat nach ihrem Jura-Studium über ein Traineeship in der Branche Fuss gefasst. Daniel Bieri war nach der Handelsschule zunächst als Assistent der Geschäftsleitung mit Kommunikationsfragen betraut worden. Und Janine Widler war nach dem Studium mehrfach als Praktikantin tätig: „Diese Phase des Berufseinstiegs ist eine einmalige Gelegenheit, um herauszufinden, in welcher Branche man gerne arbeiten möchte,“ sagt sie, „und um das Abenteuer mit dem Nützlichen zu verbinden. Ich habe dies getan, indem ich unter anderem in einer Agentur in Berlin und im EDA in Bern als Praktikantin tätig war,“ erklärte sie unseren Studierenden.